Filmfestival

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Was sonst noch geschah: Notizen aus Cannes

Familiengeschichten

Im Jahr 1978 wird in Afghanistan ein Film über die Revolution im Jahr 1978 gedreht. Man könnte von einer ergebnisoffenen Erzählung sprechen: Kommunisten übernehmen in einem Staatsstreich die Macht, danach zerstreiten sich die Kommunisten, einer von ihnen, Hafizullah Amin, setzt sich (in einem „Coup im Coup“) durch, und beginnt dann gleich, sich in die Produktion von „The April Revolution“ einzumischen. Der Film soll nun seine Version erzählen, worauf das Team einen naheliegenden Vorschlag macht: dann soll er eben selbst mitspielen, der neue Präsident. So kam es, dass von Hafizullah Amin ein paar denkwürdige Meter Filmgeschichte überliefert sind. Er starb wenig später kurz vor Jahresende 1979, im Zuge des Einmarsches sowjetischer Truppen in Afghanistan.

“What We Left Unfinished” von Mariam Ghani

„The April Revolution“ ist Fragment geblieben, ein Zeugnis für die vielen Unterbrechungen und Umbrüche in der Geschichte des Landes. Die Künstlerin Mariam Ghani beschäftigt sich seit längerer Zeit mit den Überresten der Filmproduktion aus dem Jahrzehnt, in dem Afghanistan unter kommunistischer Herrschaft war, während die USA muslimische Fundamentalisten dafür bezahlten, diese Herrschaft anzugreifen. Daraus wurde ein langer Bürgerkrieg. 1996 übernahmen die Taliban die Macht in Kabul, und vernichteten nebenbei auch einen Großteil der Filmbestände der Behörde Afghan Films. Was davon verschont blieb (unter anderem deswegen, weil eine geheimnisvolle Figur aus den Reihen der Taliban sich, gegen die strenge Ideologie seiner Gruppe, für das Kino interessierte), bildet nun die Grundlage für „What We Left Unfinished“ (Forum).

Mariam Ghani

Am Mittwoch saß ich Mariam Ghani in einer Interview-Lounge im Berlinale-Palast gegenüber. Für unser Gespräch war eine halbe Stunde reserviert. Ich hatte mich vorbereitet, natürlich den Film gesehen, ihre Webseite studiert, und über sie gelesen. Dabei entging mir ein wichtiges Detail, das mir erst während des Gesprächs dämmerte: als sie von ihrer Familie erzählte, von ihrer Kindheit in Amerika, von ihrem Vater, da erinnerte ich mich an eine große, enorm spannende Geschichte, die ich 2016 im New Yorker über den Präsidenten von Afghanistan gelesen hatte. Der heißt doch …

Die Sache war mir zu heikel, um sie während des Interviews direkt anzusprechen, denn ich hatte ja ein Band mitlaufen, und ich hoffte, die Aufzeichnung auch als Audio-Dokument verwenden zu können.

Nachdem ich das Telefon ausgeschaltet hatte, fragte ich Mariam Ghani: „Der Präsident von Afghanistan heißt, wenn ich mich nicht täusche, Aschraf Ghani. Besteht eine Verwandtschaft?“ „Er ist mein Vater“, sagte sie.

Das Gespräch mit Mariam Ghani als Audio (in Englisch)