Food Affair

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Wie wir intelligenter essen

Rotes Fleisch erhöht das Krebsrisiko

| 18 Lesermeinungen

###Und dieses herrliche Stück Fleisch soll ungesund sein?                         Foto dpa

 

Herr Kleinridders, Sie sind Molekularbiologe und forschen in Potsdam zum Thema Ernährung für ein gesundes Altern. Welche wissenschaftliche Erkenntnis hat Sie in den vergangenen Jahren am meisten überrascht?

Wie sehr eine Reduktion der Nahrungsmenge und eine erhöhte Langlebigkeit miteinander zu tun haben. So kommt es laut neueren Studien nicht nur auf die Nahrungsmenge, sondern auch auf die Zusammensetzung an.

Aber was genau heißt weniger essen?

In Studien konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass Intermittent Fasting, also periodisches Fasten, vorteilhaft für die Hirnfunktion ist. Früher war es ja purer Luxus, Fett für Zeiten sparen zu können, in denen keine Nahrung vorhanden war. Wir waren Jäger und Sammler. Heute sind wir schlicht Konsumenten. Essen ist immer verfügbar und wir nehmen mehr zu uns, als nötig wäre. Dies ist eine Ursache des erhöhten Auftretens von Fettleibigkeit in unserer heutigen Gesellschaft.

Heißt das, Sie plädieren für Intermittent fasting?

Nein, dafür plädiere ich nicht. Ich plädiere dafür, dass wir aufgeklärt und vernünftig essen.

Vegan, Rohkost, Paleo: ständig wird ein neuer Ernährungstrend ausgerufen. Es kursiert atemberaubend viel Halbwissen – die Vernunft bleibt dabei gerne auf der Strecke.

Ja. Nehmen wir die Trennkost. Menschen, die der Trennkost nachgehen, glauben dass der Körper nicht gemeinsam Proteinen und Kohlenhydraten aufnehmen kann und es bei einer Mischkost zu einer Übersäuerung des Körpers kommt. Da Hülsenfrüchte Eiweiß und Kohlenhydrate enthalten, sollen diese für die Trennkost  als Lebensmittel ungeeignet sein. Allerdings bestehen viele Nahrungsmittel aus Kohlenhydraten und Proteinen und sind dennoch in der Trennkost zugelassen. Unser Magen-Darm-System ist problemlos in der Lage Proteine und Kohlenhydrate  gleichzeitig zu verdauen, so dass diese Behauptung wissenschaftlich nicht tragbar ist. Ein anderes Beispiel ist die Verteufelung von Fett, dabei gibt es gute und schlechte Fette, aber Fett an sich ist nicht schlecht. Es kommt auf die Details an: auf die Menge und die Fettzusammensetzung. Es sollte eine Reduktion von gesättigten Fettsäuren angestrebt werden. Andererseits sind einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die beispielsweise vermehrt in Nüssen und Avocados vorkommen, extrem wichtig, für die Hirnfunktion, für den Metabolismus.

Dennoch ist es oft so, dass Lebensmittel, die einst als problematisch galten – Stichwort  Flüssigkeitsräuber Kaffee – plötzlich problemlos konsumiert werden können. Beim Spinat wurde schlicht die Kommastelle beim Eisengehalt falsch gesetzt, was ihn auf dem Papier gesünder machte, als er in Wahrheit ist.

Wir gewinnen immer neue Erkenntnisse in der Wissenschaft  und diese haben natürlich auch einen Einfluss auf Ernährungsempfehlungen, wie z.B. beim Kaffee. Ein anderes Problem ist die Nahrungsmittelindustrie, die dem Verbraucher beispielsweise suggeriert: diese Süßigkeiten sind fettarm. Das stimmt zwar, aber gleichzeitig enthalten diese Lebensmittel sehr viel Zucker. Es muss insgesamt eine sehr viel bessere Aufklärung stattfinden. Ernährung müsste in der Schule eine noch viel größere Rolle spielen. Wichtig ist auch, das Essen als wirkliche Mahlzeit zu verstehen, sprich, dass man konzentriert isst, langsam, dass man am Tisch sitzen bleibt. Wir sehen und riechen das Essen, unser Gehirn ist in diesem Kontext enorm wichtig. Der Prozess des Sättigungsgefühls wird im zentralen Nervensystem verarbeitet. In gewissen Maßen kann man Geschmack, besonders im Kindesalter, steuern. Die Kinder sehen, was ihre Eltern essen und häufiges Anbieten von anfangs abgelehntem Essen  „Stichwort Brokkoli“ kann zur Akzeptanz führen. Mit einer guten Ernährung von Kindesalter an können wir extrem viel präventiv tun und sehr wahrscheinlich Folgeerkrankungen vermindern – und dadurch auch das Gesundheitssystem entlasten. Wir alle wollen ja gesund altern, geistig und körperlich fit. Aber dazu gehört auch ein bewusstes Leben – nicht nur, was das Essen, sondern auch, was den Sport betrifft.

Wie groß ist der Einfluss der Ernährung auf die geistige Leistungsfähigkeit?

Er ist extrem groß. Es ist gezeigt worden, dass Unterernährung einen enormen Einfluss auf die geistige Entwicklung von Kindern hat. Unterernährung führt zu einer schlechteren Konzentration, die Kinder konnten sogar weniger gut hören. Es ist wirklich sehr wichtig, dass Kinder gut ernährt werden, was mit der Muttermilch für ein optimales Wachstum und die Gesundheit des Kindes in den ersten sechs Monaten beginnt.

Was ist die optimale Ernährung für Kinder?

Eine ausgewogene Ernährung ist sehr wichtig für die Entwicklung von Kindern.  Da Kinder sehr aktiv sind, empfiehlt sich eine abwechslungsreiche Mischkost mit hoher Energiedichte, welche an ihr Alter und  körperliche Aktivität angepasst ist  und ausreichend Flüssigkeitszufuhr in Form von Wasser oder ungesüßten Tees.

Wie sieht es mit Fleisch aus?

Gegen Fleisch ist nichts einzuwenden, nur nicht jeden Tag. Ein, zwei Mal die Woche Fleisch ist okay. Aber man sollte es nicht übertreiben. Studien zeigen, dass eine Überversorgung mit rotem Fleisch das Krebsrisiko im Darm erhöht. Hier sollte Geflügelfleisch und Fisch bevorzugt werden.

Ist es dann nicht gesünder, ganz auf Fleisch zu verzichten?

Fleisch enthält viele wichtige Nährstoffe, die für den Körper einfach aufzunehmen sind. Als Vegetarier müssen Sie die Nährstoffe auf andere Weise aufnehmen, zum Beispiel über Gemüse und Vollkorn. Vollkorn ist sehr wichtig. Der Aufschluss von komplexen Zuckern geschieht langsamer als von Einfach- oder Zweifachzuckern, wodurch keine großen Blutzuckerspitzen entstehen. Ein langes Kauern ballaststoffreicher Lebensmittel  fördert das Sättigungsgefühl. Ein Weißbrot kaut man dreimal, und schluckt es dann runter. Allerdings setzen sich viele Vegetarier vermehrt mit der Nahrung auseinander und ernähren sich dadurch bewusster. Bei Veganern wird eine optimale Versorgung schon deutlich schwieriger.

Zumal wir alle ständig, ob nun tatsächlich oder nur gefühlt, unter Zeitdruck stehen. Fast Food kommt einem da sehr gelegen!

Und wir werden auch immer übergewichtiger. In Amerika umfasst diese to-go-Kultur ja nicht nur den Kaffee, sondern auch das Frühstück, etc.  Doch wer während des Gehens isst, der bekommt gar nicht mit, was er zu sich nimmt und verarbeitet auch das Hungergefühl nicht wirklich. Es gibt aber auch gesundes Fast Food und dieses gesunde Fast Food kommt mehr und mehr, denken Sie beispielsweise an die Biomarkt-Imbisse. Gesundes Essen bedeutet nicht, dass es immer lange zubereitet werden muss, im Gegenteil, es kann auch schnell gehen. Wichtig ist, dass gesundes Essen finanzierbar bleibt, und zwar für alle.

Muss es immer Bio sein?

Nein, muss es nicht! Ich habe noch keine wegweisende Studie gesehen, die gezeigt hat, das Biogemüse förderlicher für die Gesundheit ist als herkömmliches Gemüse.  Allerdings ernähren sich viele Bio-Käufer gesundheitsbewusster. Bioprodukte besitzen vielleicht mehr Antioxidantien, aber es gibt zur Zeit keine klaren wissenschaftlichen Daten, die zeigen, dass Biogemüse besser für unsere Gesundheit ist. Ein Vorteil bei Bio liegt darin, dass der Bioanbau umweltschonender ist und wenn man regionale Produkte vom Biobauern kauft, kann man zudem die regionale Wirtschaft fördern. Dies gilt allerdings für jeden regionalen Produkteinkauf.

Aber es spielt doch eine Rolle, ob und wie das Gemüse gespritzt wurde.

Richtig. Da gibt es wenig Zweifel, dass hier die Bioprodukte klar besser sind und eine geringere Belastung an Pestiziden aufweisen.  Eine Reduktion der Pestizidexposition ist natürlich wünschenswert, aber eine potentielle Gesundheitsförderung durch  vermehrten Verzehr von Bioprodukten und einer daraus resultierenden Minderbelastung von Pestiziden ist sehr schwer einzuschätzen.

 

 

 

 


18 Lesermeinungen

  1. torstenscherf sagt:

    Allergien
    Mag ja alles sein, aber ich habe eine ausgeprägte Broccoli- und Salatallergie (führt zu Wuergereiz) – Steaks vertrage ich sehr gut. Und meine Oma sagte, dass das Leben ab 80 wirklich keinen Spaß mehr macht (sie wurde fast 98) …
    Demnach bin ich wohl schon tot ;)

  2. fach sagt:

    Wieder nix gelernt.
    Nur ein weiterer unübersichtlicher Artikel ohne jegliche vernünftige Aussage und dazu noch von einem Molekularbiologen.
    Auch hier wäre weniger mehr gewesen.

  3. Fabulator sagt:

    Rohkost als Mode?
    So ca. 3 Millionen Jahre hatten die Hominiden kein Feuer. Gibt es also ein logisches Argument das widerlegen könnte, daß unsere Gene auf rohe Kost angewiesen sind? Wir wissen heute, daß Gene sich nicht in 30 000 Jahren ändern können , und erst so kurz beherrscht der Mensch das Feuer. Weil mir das logisch war, habe ich mich auf Rohkost umgestellt, ökologisch. In einem Jahr verlor ich alle Krankheiten: Sodbrennen, Psoriasis, Heuschnupfen, Prostata, Hämorrhoiden, Gicht und andere Gelenkschmerzen waren vorbei. Heute bin ich 67, kerngesund und fit wie mit 20. Ich finde es dumm, anders zu essen. Der Genuss roher Nahrung aus Öko-Anbau ist größer als in jedem 3 Sterne Restaurant. Was nämlich beim Kochen so gut riecht ist das verfliegende Aroma, welches mir den vollen Genuss bereitet!

  4. 7Bernstein1 sagt:

    Pesticide? Antibiotika?
    Leicht und flüssig lässt sich über Pesticide und Antibiotika im Nativzustand des Lebensmittels, des Salats oder des Chickens berichten. Aber was geschieht denn nun eigentlich aus diesen Substanzen im Verlauf des küchentechnischen Prozesses, dem Kochen, Braten, letztlich der Verdauung? Werden diese vielleicht für den Menschen gefährlichen Substanzen zerstört oder gar in ganz andere noch gefährlichere Verbindungen umgewandelt?
    Mir ist noch nie eine Studie oder ein Erfahrungsbericht untergekommen, der sich mit dieser Frage befasst hätte.

    Mit fielen Grüssen,

    Bernard del Monaco

  5. rautenbergmanfred sagt:

    Plakative Überschrift, um Interesse an der Lektüre zu erwecken,
    die leider keine neuen Erkenntnisse aufzeigt. Nicht “Rotes Fleisch erhöht das Krebsrisiko”, sondern eine Überversorgung mit rotem Fleisch. Zuviel von irgendetwas ist immer ungesund. Gilt in gleichem Maß Fisch und Geflügel: Zu viel Eiweiß … ! Jetzt müßte man nur noch wissen: Wieviel ist zu viel?

    • equitus sagt:

      Titel eingeben
      Es ist doch wohl sogar so, dass in den Studien, wo nach der Menge rotem Fleisch gefragt wurde, die Personen, die viel davon aßen, fast alle INSGESAMT viel zu viel Nahrung aufnahmen! Und zwar ungesundes Zeugs wie Zucker, Kartoffelchips, Soßen, usw. Außerdem Reis, Nudeln, Kartoffeln, usw. Sie waren fast alle übergewichtig oder stark übergewichtig. Es wurden KEINE Personen untersucht, die sich z.B. nur von 700 Gramm rotem Fleisch ernähren, sonst nichts!

  6. uwebus sagt:

    Also die Dicken in Deutschland verdanken ihr Übergewicht
    nicht nur falschem und zu vielem Essen, sondern auch ihrer persönlichen Trägheitspflege. Nur nicht unnötig bewegen, nicht laufen, radfahren oder schwimmen, auch nur ein Stockwerk mit dem Aufzug fahren, von Fitness-Bemühungen nichts zu sehen. Ich sehe sie täglich, die wehrunfähige, Hamburger mit Fritten und Majo verzehrende und dabei literweise Cola trinkende deutsche Jugend, wie sie wabernd und wabbelnd bei der augenblicklichen Hitze ihre Kilos durch die Fußgängerzonen schaukelt, ihre übergewichtige Elterngeneration imitierend. Komischerweise sind junge Türken überwiegend schlank, die findet man übrigens auch vermehrt in Fitness-Studios, woran mag das liegen?

  7. Candide2 sagt:

    Unklarheiten
    Ein guter Beitrag! Aufgefallen ist mir allerdings, dass Gemüse und Getreide als sehr wichtige Bausteine einer gesunden vegetarischen Ernährung genannt werden, im gleichen Absatz jedoch festgestellt wird, dass eine vollwertige Ernährung für Veganer schwierig sei… und damit wird man eben stehen gelassen. Ich würde auch nicht unbedingt vegane Ernährung nur als einen Trend etikettieren. Es lässt sich darüber schon noch ein klein wenig mehr sagen…

  8. microplan2002 sagt:

    Intuituív plausibel und ganz meine Meinung!
    Wären da nicht die Schwiegereltern: Er wurde 100, sie 94 Jahre alt. Beide kugelrund, immer sehr gut, sehr viel und vor allem jede Menge Fleisch gegessen! Und ich denke nicht, dass es sich bloß um statistisch irrelevante Einzelfälle handelt …

  9. Waldi44 sagt:

    Lieber verhungern als an Altersschwäche sterben!
    Ok, meine Überschrift sagt ja alles!

  10. RESONANZEN sagt:

    Leben erhöht das Sterberisiko :=)
    Das Human-Gesundheitmaß finden bedeutet gezielt “potente” humane Vernunftbildungssystemweg(e) finden und realisieren
    Je vernunftgebildet, desto gesund:=)
    Hört sich auf molekulargebildeter Basis natürlich intellektuell überzeugender an als profanes fdH posaunen; weil es eben auf
    wissenschaftlicher Wissenbasis fdH bestätigen kann.
    Wie auch immer, eins geht auch klar aus dem Interview hervor;
    der humane Vernunftreifegrad spielt letztendlich die entscheidende Rolle…Selbsterkenntnis und Einsicht und entsprechend einsichtig gesundes Vernunfthandeln.
    Ich persönlich bin auch der Meinung das Fleischverzehr
    den humanen Geistreifeprozess behindert. Das noch unreife
    Evolution-Tierische in uns dadurch verstärkt bewirkt.
    Eine “Gegen-Human-Reifeakt-Energie” sozusagen.
    Ist nicht beweisbar von mir…schade.
    Aber ich habe die nicht beantwortete “Frage” von Experten gelesen,
    …noch gültig?…die ab einem bestimmten Alter von Kindern
    einen unerklärlich starken “Geistreifenachlaß/Zeitraum” wahrnehmen.
    Das ist so in etwa die Fleischverzehr Startzeit der Kinder.
    Außerdem deutet Fastenzeitenerleben und Fastenwegeerleben
    der Beteiligten auch auf diesen Zusammenhang hin.
    Ich bin jedoch kein Profi…mehr “Wahrnehmer” und “Selbsttester”.
    Fühle mich geistig und körperlich gesund…mit Profibestätigung:=)
    Humane Vernunftprozessbildungen bilden humane Vernunftbildungsprozesse…und umgekehrt?
    Ich wünsche allen Gesundheit.

    • cmcm sagt:

      "Ich persönlich bin auch der Meinung das Fleischverzehr den humanen Geistreifeprozess
      Hätten unsere Altvorderen nicht begonnen, einige Stöcker anzuspitzen und Fleisch als Nahrungsquelle zu erschließen, könnten wir uns wahrscheinlich nicht in diesem Medium austauschen. Erst Fleisch als Nahrungsquelle, tierische Proteine und Fette haben die Energie für das Wachsen des Gehirns geliefert.

    • MacCloud sagt:

      Das Ende der Unvernunft ist inhuman
      Ist mir ein bisschen viel Vernunft. Essen hat auch mit Genuß zu tun. Und daß wir am Fleischkonsum verblöden ist schon eine sehr steile These. Stammesgeschichtlich hat uns der gelegentliche Fleischverzehr jedenfalls doch recht weit entwickeln lassen…

    • RESONANZEN sagt:

      Das habe ich tatsächlich übersehen, Hr. Meyer.
      Evolution-stop. Keine fleischernährungstechnischen Alternierungen
      mehr möglich…auch schade.

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