
Herr Jürgens, Sie sind 2013 mit dem dritten Michelin-Stern ausgezeichnet worden. Was bedeuten diese drei Sterne für Sie im Alltag?
Es ist wie Champions League spielen. Es ist tägliche Perfektion. An einem Abend mit 12 vollbesetzten Tischen muss man permanent den Ball hochhalten.
Und was, wenn er runter fällt?
Dafür bin ich da, das ist mein Job. Ich muss dahinter stehen, ich muss ihn auffangen, ich muss motivieren. Deswegen kann ich mich auch nicht einfach rausziehen und sagen ich mach jetzt in London ein neues Restaurant auf. Alles was ich verlange, kann ich auch vormachen. Und wenn ich es nicht kann, muss ich es lernen. Diese Leidenschaft und dieser Wissenshunger wohnen immer noch in mir.
Wie hält man diese Spannung zur Höchstleistung aufrecht?
Wenn Sie von sich behaupten, ein guter Chef zu sein, müssen Sie die an die Mitarbeiter gestellten Anforderungen zuerst an sich selbst stellen. Ich möchte abends ins Bett gehen und das Gefühl haben, ich habe das Beste gegeben was in mir drin war, ohne Wenn und Aber.
Wie wirkt sich Stress bei Ihnen aus?
Extrem auf den Geschmackssinn, leider. Wenn ich unter Strom stehe, schmecke ich schlechter. Am besten schmecke ich, wenn ich entspannt bin.
Wofür kochen Sie, für die Gäste oder für Ihr Leben?
Ich koche um mein Leben. Das ist mein Leben. Kochen ist das, was ich am besten kann!
Koch sind Sie geworden, weil…
Durch Zufall bin ich Koch geworden. Im Restaurant meiner Schwester ist ein Spüler ausgefallen und ich bin eingesprungen. Damals habe ich gesehen, dass Kochen mehr bedeutet, als ich bis dahin darunter verstanden habe. Das war die Zeit als Bocuse im Fernsehen war und Entenbrust rosa gebraten hat, als Kartoffelgratin und Cassissauce gemacht wurde. Ich hab immer versucht, schneller zu arbeiten, damit ich in der Küche noch Handreichungen machen durfte. Der Küchenchef sagte, dass ich mich nicht ungeschickt anstelle und fragte, ob ich nicht Koch werden wolle. Und da ich aus einer Metzgersfamilie komme und das Schlachten nicht unbedingt mein Ding war, habe ich lieber Koch gelernt.
Wie ist ihr Verhältnis heute zum Schwein?
Ich esse sehr gerne Fleisch, aber nicht so viel wie früher. Mittlerweile esse ich mehr Gemüse. Doch es geht nichts über ein gutes Wiener Schnitzel.
Woher beziehen Sie ihr Fleisch?
Ich kaufe Rindfleisch überwiegend beim Waginger Metzger, ich kaufe aber auch weltweit. Ich kann nicht immer regional kaufen, achte aber immer sehr genau darauf, wo mein Fleisch herkommt. Genauso das Gemüse. Die ganz kleinen Karotten kommen im Moment aus Südtirol. Die anderen Gemüse kommen aus der Großmarkthalle, die dann einer meiner vier Gemüsehändler für mich aussucht, nach meinen Kriterien. Ich kann ja nicht jeden Tag selber in die Großmarkthalle fahren.
Und Ihr Gemüse kommt täglich frisch?
Täglich.
Und wird auch immer direkt verarbeitet?
In der Regel schon.
Und wenn etwas nicht gleich verarbeitet wird?
Dann verarbeite ich es eben morgen. Meine Mannschaft und ich achten sehr darauf, dass wir nichts wegwerfen.
Wie geht kochen?
Viel Intuition, aber auch viel Handwerk. Dass man ein Gemüse blanchiert, indem man nur so viel Gemüse in das kochende Wasser gibt, dass es nicht aufhört zu sprudeln, und dass man daneben keinen Topf mit kaltem Wasser hat, sondern Eis, ist für mich Handwerk, dafür brauche ich keine Checkliste. Das muss ich wissen. Was ich tue, ist andererseits auch sehr intuitiv. Selten lässt mich meine Intuition im Stich. Wenn ich koche, dann koche ich. Man muss sich fokussieren und trotzdem schauen, dass der Spaß und die Freude „mitkocht“.
Kommen Ihre Inspirationen eher vom Kochbuch oder vom Produkt?
Schon eher vom Produkt, ich schau aber auch gerne schöne Kochbücher an. Oder gehe essen. Es gibt viele gute Köche, die andere Ansätze gewählt haben. Und dann denkst du dir, Mensch das ist aber eine tolle Idee.
Was war Ihr letztes kulinarisches Aha-Erlebnis?
Wo ich zuletzt sensationell gegessen habe, war beim Sergio Hermann im Oud Slois. Eines der besten Essen, das ich überhaupt je gegessen habe, war beim Atelier Robuchon in Hongkong. Das war eine Sensation.
Gibt es einen Kollegen, den sie unbedingt kennen lernen wollen?
Nein.
Interessiert man sich weniger für den anderen in der Branche?
Ich freue mich immer, wenn ich Kollegen treffe, aber dass ich jetzt sage, ich möchte mich unbedingt mal mit diesem oder jenem zusammensetzen und dieses oder jenes zu kochen, kommt eher nicht vor.
Aus der Molekularküche habe Sie ja viele Ideen aufgegriffen.
Ich würde das nicht als Molekularküche bezeichnen wollen, sondern ich würde sagen, da hat die Küche ein paar mehr Sachen bekommen – wie das Auto ABS. Das benutzen wir. Aber wir benutzen das nicht für Gimmicks, sondern wir benutzen es, weil es Sinn macht. Wenn ich ein Auberginenpüree mache, überlege ich mir wie ich es den Gästen nahebringe, ohne dass es nur ein brauner Haufen ist, der da liegt. Sondern ich baue eine Hülle, die der Auberginenschale nachempfunden ist. Dazu benutze ich diese Mittel. Aber nur, solange sie den Geschmack des Produktes nicht kaputt machen. Der Geschmack muss erhalten bleiben.
Essen wird mehr und mehr industrialisiert. Zu kochen, darunter verstehen manche, eine Tiefkühl-Pizza in den Ofen zu schieben. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Nichts gegen Tiefkühlpizza, habe ich auch schon gegessen oder McDonalds, aber überlegen Sie doch mal, wie häufig man in die Verlegenheit kommt. Das ist einfach zu oft.
Gibt es in Ihrer kulinarischen Sozialisation ein typisches Convenience Produkt?
Ein Convenience Produkt was mich seit meiner Kindheit verfolgt, ist Maggi fix für Rouladen. Weil meine Großmutter immer die Rouladen damit gekocht hat. Noch heute ist der Geruch von Maggi fix für mich gleichbedeutend mit dem Duft von Rinderrouladen. Und wenn ich selber welche zubereite, riecht das für mich nicht nach Rinderroulade, auch wenn es hervorragend schmeckt. Das ist mein Trauma, dass ich diesen Duft noch immer mit mir herumschleppe.
Wo sehen Sie sich in der Zukunft?
Momentan entwickle ich ein Konzept, wonach sich Menschen mit wenig Zeit sehr gut ernähren können. Das ist nicht die große Küche am Wochenende, wo man gerne mehrere Stunden zusammen kocht und Spaß hat, sondern die Alltagsversion. Das finde ich wahnsinnig spannend, Rezepte und Möglichkeiten für Menschen zu entwickeln, die neben ihrem Beruf auch noch andere Interessen haben, die sie gerne wahrnehmen möchten und die dennoch nicht auf gutes Essen verzichten möchten. Und die nicht auf Convenience Essen zurückgreifen möchten, sondern sagen wollen, ich habe das selbst gekocht, ich weiß, was ich da zu mir nehme. Das finde ich cool, darüber nachzudenken und eine Lösung zu erarbeiten.

[…] Vom Spüler zum Sternekoch: Der Zufall hat Christian Jürgens zum Kochen gebracht. Weil im Restaurant seiner Schwester ein Spüler fehlte, sprang er einst ein — heute ist der 47-Jährige ein hoch dekorierter Drei-Sterne-Koch. Im Interview beim FAZ-Blog verrät Jürgens sein letztes kulinarisches Aha-Erlebnis, und warum ihn Maggi fix für Rouladen seit der Kindheit verfolgt. FAZ-Blog […]
Den "Championsleague-Ball" cool hoch halten...oder den Ball flach halten?...
der Gabe”L”(iebe=Vernunft=Balance Intelligenz/Emotion) zuliebe?
Wikipedia:
“Ball”aststoffe sind weitgehend unverdauliche Nahrungsbestandteile.
Koch, komm raus!
Von JÖRG ZIMMERMANN
06.07.2016 · Outdoor-Küchen sind in Mode, und im Garten herrschen zunehmend häusliche Verhältnisse. Dabei mischt sich Glamour mit Lagerfeuerromantik.
Die Ball(ast)-“Bal”ance…zwischen (Hunger-)Not wendenden
Küchen-Köchen-Künsten und (Nahrung-)Not bringenden Küchen-Köchen-Künsten?…
eine “Balance-Ballast-Kunst” für (den) human(es Vernunft-Augen-Maß)? kochenden Geist im Garten Eden, Eiden…Eyeden, (Augenmaß-)Ideen?
Inselbegabungen?, Speise-Synästhetik…Speise-Kompositionen?
Meistens sind diese Art von Begabungen mit eklatanten
Wahrnehmung-Schwächen in anderen Bereichen verbunden?
Body-Building…phys./geistig…Ganzheittraining, kann zum humanen
Vernunft-Maß führen…Championsleague Human-Sein…
Balance-Wahrnehmung extern/intern?
…Strebe behutsam danach glücklich…satt…zu sein…dem
(Gleich-)Gewicht-(Ball…) zuliebe?