Food Affair

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Wie wir intelligenter essen

Machen Fette wirklich schlank?

| 18 Lesermeinungen

Gesund und köstlich: FischbrötchenGesund und köstlich: Fischbrötchen                                                                         Foto privat

Die Low Fat Welle, die sich in den späten neunziger Jahren aus Amerika kommend vor uns aufbaute, ist längst abgesurft. Fettfreie Leberwurst? Das war einmal. Fettfreier Joghurt? Ist aus sämtlichen Supermarkt-Regalen verbannt. Stattdessen greifen wir mit größter Selbstverständlichkeit zum Sahnequark oder essen griechischen Joghurt mit einem soliden Fettanteil von mindestens 10 Prozent. Für alle die es noch nicht wussten: es gibt eine neue Ernährungsformel und die lautet Fett essen! In dieser Woche erschien im Buchhandel eine Anleitung zum Festessen, pardon, zum Fettessen. Verfasser ist David Ludwig, das Time Magazin bezeichnete ihn einst als „den Krieger gegen das Übergewicht“. Der Titel: „Nimmersatt- warum wir Fett brauchen um schlank zu werden“. Richtig, es heißt um schlank zu werden.

Wie die Formel für einen Menschen mit prall gefüllten Fett-Depots aufgehen soll? Jedenfalls nicht mit dem Löffel im Nutellaglas. Auch nicht mit einer Butter-, Käse-, Wurst-Diät. Denn Fett ist nicht gleich Fett. Es gibt wie überall die guten und die bösen. Und es gibt die richtig fiesen: die Transfette, die entstehen, wenn Pflanzenöle unter hohen Temperaturen gehärtet werden. Transfette haben nur einen einzigen Vorteil: sie sind scheinbar ewig haltbar, leider auch in unserem Körper. Sie lassen sich nicht einfach wegschmelzen, denn sie brauchen 70 Grad Celsius um sich zu verflüssigen. Stattdessen lagern sie sich an unsere Arterien, begünstigen damit Entzündungen und Herzinfarkte. Dummerweise sind Transfette in den meisten industriell verarbeiteten Lebensmitteln aus dem Supermarkt enthalten, in Chips, Tiefkühlpizza, Keksen, Margarine, Blätterteig und Kuchen etwa. Aus gutem Grund schreibt der Gesetzgeber in Dänemark der Industrie einen Maximalwert von 2 Prozent für Transfette vor.  Obergrenzen gibt es auch in Norwegen, Island, der Schweiz, Ungarn und Österreich. Hierzulande gibt es lediglich eine Deklarierungspflicht für Diät-Produkte und Säuglingsnahrung.  „Als Verbraucher muss ich darauf achten, ob unter den Inhaltsstoffen „gehärtete“ oder „zum Teil gehärtete Fette“ auftauchen“, empfiehlt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).

Fischöl besser als Schweineschmalz

Wer abnehmen möchte, sollte jedoch nicht nur um Transfette einen Bogen machen, sondern auch bei den gesättigten Fetten Vorsicht walten lassen. Eine im Juni veröffentlichte in Italien durchgeführte Studie zeigte, dass gesättigte Fette, wie Schweineschmalz, zu einer schlechteren Gedächtnisleistung führen, wohl weil sie Entzündungen im Hypothalamus erzeugen, mit offenbar drastischen kognitiven Einbußen: „die Menschen verlieren die Kontrolle wie viel sie essen, wann sie aufhören sollten und welche Auswahl sie beim Essen treffen“ sagt Studienleiterin Marianna Crispino. Wer abnehmen wolle, solle sich strikt von gesättigten Fetten fernhalten, so Crispino.

Ebenso wie die Transfette lagern sich gesättigte Fette an den Gefäßwänden ab und verstopfen die Arterien. Wie eine Teflon Beschichtung wirken dagegen die ungesättigten Fette in Nüssen, Avocados, Leinsamen, Rapsöl und Fisch. Der Superkraftstoff für unseren Körper ist die Omega-3 Fettsäure. Je fetter der Fisch, desto besser für das Herz-Kreislauf-System und das Gehirn – jenes ist immerhin zu 60 Prozent aus Fetten aufgebaut. Beeinflussen Fette womöglich sogar unsere Psyche? „Omega-3 Fett macht glücklich und wirkt gegen Depressionen“, schreiben Ulrich Strunz und Andreas Jopp in ihrem Ratgeber „Fit mit Fett – die Omega 3-Revolution“. „Diese Fettbausteine geben Befehle bis in den Zellkern für die Produktion von Serotonin. Das ist ein Nervenbotenstoff, der Sie glücklich und zufrieden macht und der besonders bei Depressionen vermindert ist. Auch aggressives Verhalten, wie ADHS bei Kindern, kann an zu wenig guten Fetten im Gehirn liegen und wird heute damit behandelt. Die Gehirnfette wirken direkt bis in den letzten Winkel Ihrer Psyche und auf Ihre Gefühlswelt.“ Der Gegenspieler der Omega-3 Fettsäure ist übrigens die Omega-6 Fettsäure. Im Idealfall beträgt das Verhältnis 1:3. In der Realität nehmen wir jedoch 20 mal und mehr von der entzündungsfördernden Omega-6 Fettsäure zu uns.

Sonnenblumenöl, ja oder nein?

Angesichts dieser Tatsache ist es sinnvoll, die Fettquellen im Küchenschrank genauer zu inspizieren. Sonnenblumenöl beispielsweise, egal ob aus konventionellem oder biologischem Anbau, enthält 122mal mehr Omega-6 Fettsäure als Omega-3. Ärgerlich, dass es in zahlreichen Konserven, wie eingelegten Tomaten oder Paprika vorhanden ist und als Basis vieler veganer Brotaufstriche dient. Unterm Strich macht das jeden Supermarkt zum verminten Terrain. Das richtige Fett zu finden, gleicht einer Trüffelsuche. Im Grunde kommen neben Nüssen und Samen fast ausnahmslos frische Produkte in Frage: Fisch, Algen, Avocados, grünes Gemüse und Milch, aber nur solange die Kuh Gras fressen durfte.  So oder so, die neuen Fett-Empfehlungen dürften nicht wenigen schlaflose Nächte bereiten, denn: je deftiger, also fetthaltiger das Abendessen, desto unerquicklicher die Nachtruhe. Dass die aber zum Abnehmen mindestens genauso wichtig ist, wissen die wenigsten. Im Schlaf wird nämlich das Hormon Leptin ausgeschüttet, das unseren Hunger bremst und dafür sorgt, das wir auch mal zehn Stunden und mehr auf Essen verzichten können. Bereits eine einzige unruhige, kurze oder gar durchwachte Nacht sorgt für einen unmittelbaren Anstieg des Hunger-Hormons Ghrelin.

Anstatt also voller Enthusiasmus auf die High Fat Welle zu springen, sollten wir uns lieber öfter mal entspannt auf’s Ohr legen.

Das Buch:

https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/die-kunst-des-klugen-essens/978-3-446-44875-9/

 

 


18 Lesermeinungen

  1. NicolaiWorm sagt:

    Bemerkenswerte Desinformation
    “Wer abnehmen möchte, sollte jedoch nicht nur um Transfette einen Bogen machen, sondern auch bei den gesättigten Fetten Vorsicht walten lassen. Eine im Juni veröffentlichte in Italien durchgeführte Studie zeigte, dass gesättigte Fette, wie Schweineschmalz, zu einer schlechteren Gedächtnisleistung führen, wohl weil sie Entzündungen im Hypothalamus erzeugen, mit offenbar drastischen kognitiven Einbußen”

    Diese logische Verknüpfung von “abnehmen” wollen zu “Gedächtnisleistung” ist originell. Soll das helfen nicht zu vergessen, dass man abnehmen wollte?

    Die zitierte italienische Studie hat aber leider nicht die Gedächtnisleistung gemessen, sondern Entzündungsmoleküle im Blut – und das nicht von Diät haltenden Menschen sondern von Laborratten, die in Käfigen gehalten und mit unphysiologischer Kost gefüttert wurden. Das ist ein klitzekleiner Unterschied.

    Hinzu kommt, dass Schweineschmalz als Prototyp für gesättigte Fettsäuren zu nennen: Es besteht zu 60 % aus ungesättigten Fettsäuren wie man aus jeder professionellen Nährwerttabelle entnehmen kann. Darüber hinaus haben mehr als zwei Dutzend Langzeitbeobachtungsstudien und Meta-Analysen dieser Studien belegt, dass ein erhöhter Konsum von gesättigten Fettsäuren keinesfalls das Risiko für Herz- oder Hirninfarkt erhöhen und offenbar nicht die Arterien “verstopfen”!

    Immerhin gibt es drei sinnvolle Hinweise: teilgehärtete industrielle Fette meiden, mehr langkettige Omega-3-Fettsäuren konsumieren und für mehr und besseren Schlaf sorgen…

    • Diana von Kopp sagt:

      Vielen Dank für Ihren Hinweis. Zitate und Empfehlungen von stammen aus dem Fachmagazin Frontiers Cellular Neuroscience, 2016; 10 DOI: 10.3389/fncel.2016.00150. Die Forscher arbeiteten dort mit Fischöl und Schmalz.”The present study aims to evaluate the effect of the nutritional substitution of saturated by unsaturated fatty acids on the modulation of hypothalamic inflammation in obesity. Our data confirmed that the extent of HFD harmful effects depends on the type of fat included in the diet and in particular, the HFDs rich in poly-unsaturated fatty acids (fish oil) are less deleterious than those rich in saturated fat (lard)..”

  2. KlutheNeis sagt:

    Schade!
    Der Text beginnt verheissungsvoll. Schade, dass es keine serioese Recherche zu den Fettsaeuren gab…woher kommt das Verhaeltnis von Omega 3 zu 6 FS? Irgendein DGE-Mitarbeiter hat dies willkuerlich ohne irgendeinen wissenschaftlich ueberpruefbaren Beweis fest gelegt. Wir Aus dem Kompetenznetzwerk Fettstoffwechsel empfehlen Sonnenblumenoel und linolsaeurereiches Disteloel. Die Linolsaeure ist und bleibt essentiell. Fisch, Algen, Milch…reichen ja wohl nicht aus?

  3. Klaus_Nb sagt:

    Verlinktes Buch?
    Ähm, der Text beginnt mit einem Hinweis auf das Buch “nimmersatt” von David Ludwig. Am Ende des Artikels ist “Die Kunst des klugen Essens” verlinkt.

    Absicht oder ein Versehen?

  4. wolfBi sagt:

    Aber Hallo ...
    Bei diesem Thema Kokosoel nicht mal am Rande zu erwähnen, zeugt dann doch von Null Ahnung!

    • Diana von Kopp sagt:

      Kokosöl ist großartig, verwende ich auch hin und wieder in meiner Küche, genauso gerne wie ich übrigens Butter esse – in Maßen versteht sich.

  5. janpotter sagt:

    Fette richtig essen = ketogene Diät.
    Für alle die durch Fette wirklich Gewicht verlieren wollen oder ihre Insulin-Resistenz senken wollen, empfehle ich eine Auseinandersetzung mit der ketogenen Diät. Speziell mit dem Wissenschaftler Dominic D’Agostino der University of South Florida. Leider wird ein entscheidender Aspekt im Artikel ausgelassen: nämlich der Konsum verdaulicher Kohlehydrate. Der sollte bei einer fettreichen Diät auf ein Minimum reduziert werden.

  6. dej05093 sagt:

    Tut das weh!
    Wer abnehmen will, muß weniger Kalorien zu sich nehmen, als er verbraucht. So einfach ist das! Also erstmal nach Lebensmittel schaun, die für wenig Kalorien satt machen (schönes Stück Melone, Buschbohnenpfanne mit Ei aber ohne Speck, Magerquark), dann kann man weiter sehn. Wem ein fetter Jogurt oder Quark da hilft, möge zulangen, so lange es ins Kalorienbudget paßt und man mit dem Eiweiß hinkommt. Und auch die Ausgabenseite beachten und sich einen Sport suchen, der einem Spaß macht! Das ganze pseudowissenschaftliche Geschwafel und windige Studien kann man sich dann ziemlich schenken. Bin jetzt auf den letzten 5 kg unterwegs, von 118kg zurück zu 80 kg und auf dem Weg zu einem Halbmarathon …

  7. magnetarh sagt:

    Ernährung
    Es gibt keine Diät, die irgendetwas bewirkt. 77% des Gewichts eines Menschen ist durch seine Gene bestimmt. Dazu kommt noch die individuelle Darmflora eines jeden Menschen. Man kann natürlich ein lebenlang gegen seine Gene ankämpfen um ein von der Gesellschaft “diktiertes” Gewicht einzuhalten, aber ob dies wirklich gut ist und lebensfreude bereit, das wage ich sehr zu bezweifeln. Es gibt einige einfache Regeln an die man sich halten kann:
    1. Essen nur dann, wenn man wirklich Hunger hat.
    2. Nicht mehr essen, als bis man satt ist.
    3. Essen, was einem schmeckt und das auf was man Hunger hat.

    • Diana von Kopp sagt:

      Was das gesellschaftlich diktierte Gewicht angeht, bin ich absolut Ihrer Meinung. Jeder sollte sich in seinem Körper wohlfühlen dürfen und das auch ausstrahlen.

  8. cmert sagt:

    Entgegen den Aussagen im Artikel
    ist es ganz und gar nicht klar, dass die Aufnahme gesättigter Fetter schlecht für die kardiovaskuläre Gesundheit ist – im Gegenteil, einige sehr umfangreiche Meta-Studien zu diesem Thema haben gezeigt, dass es eigentlich keine wissenschaftliche Grundlage für diese lange gehegte Annahme gibt.

  9. ronslim sagt:

    Titel eingeben
    Die These “Abnehmen mit Fett” ist völlig richtig und in keiner Weiser ein unlogischer Ansatz. Imgegenteil, sie läßt sich gut erklären und funktioniert schnell und gut: Der Körper des “modernen” Menschen hat es weitgehend verlern Fett (Körperfett) als Energiereserve zu erkennen und an zu zapfen, weil durch ständige Zufuhr von Kohlenhydraten (vulgo Zucker) das Wohfühlniveau auf einen hohen Zuckerspiegel eingestellt ist. Absinken wird als “Hunger” empfunden obwohl in 10 kg Körperfett der Energiebedarf für einen ganzen Monat steckt. Durch den Verzehr von Fett, v.a. morgens, nüchtern wird der Körper an Fettabbau herangeführt. Dafür braucht er entsprechende Enzyme (Aminosäuren) die durch eiweißhaltige Lebensmittel gedeckt werden. Formuladiäten sind teuer und überflüssig und enthalten die Bestandteile, die mit der täglichen Nahrung auch angeboten werden können. “Weltmeister” in diesem System ist das Murmeltier, das bis zum Herbst Fettreserven angelegt hat, die es über den Winter aufbraucht. Dabei verliert es etwa die Hälfte seines Herbstgewichts ohne Hunger zu leiden.

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