Formfrei

Formfrei

An dieser Stelle bloggt Publizist und FAZ-Autor Thomas Strobl über die großen und kleinen Dinge des Lebens. Mal kurz und knapp. Mal mit vielen

Strafe oder Rechtssetzung? Bin Ladins Tod im Lichte von Walter Benjamins "Kritik der Gewalt"

| 16 Lesermeinungen

Hat Usama Bin Ladin seine gerechte Strafe erhalten, wie einige Kommentatoren in ihren Reaktionen auf die Erschießung des Terrorfürsten meinten, zum Beispiel der afghanische Präsident Karsai? Hat er ein Recht übertreten und wurde dafür zur Rechenschaft gezogen? So sehr wir im Westen auch davon überzeugt sein mögen, scheint mir das doch keine universale Überzeugung zu sein. Zumindest nicht, wenn man die Perspektive der arabischen Völker miteinbezieht, in denen er ja durchaus auf Zustimmung stieß und von vielen als Held gefeiert wurde.

Hat Usama Bin Ladin seine gerechte Strafe erhalten, wie einige Kommentatoren in ihren Reaktionen auf die Erschießung des Terrorfürsten meinten, zum Beispiel der afghanische Präsident Karsai? Hat er ein Recht übertreten und wurde dafür zur Rechenschaft gezogen? So sehr wir im Westen auch davon überzeugt sein mögen, scheint mir das doch keine universale Überzeugung zu sein. Zumindest nicht, wenn man die Perspektive der arabischen Völker miteinbezieht, in denen er ja durchaus auf Zustimmung stieß und von vielen als Held gefeiert wurde. Auch wenn man dem Umstand Rechnung trägt, dass bedeutende Kreise in Pakistan ihn gedeckt haben müssen, dann lässt sich nicht mehr so überzeugend darlegen, dass Bin Laden in den Augen aller Beteiligten gegen Recht verstoßen hat und dafür bestraft werden mußte; und waren seine Taten auch noch so brutal und abstoßend. Wenn wir von „Recht“ sprechen, dann halten wir an dieser Stelle zunächst offen, ob wir kodifiziertes Recht oder Naturrecht meinen; stellen wir stattdessen nur fest, dass wir im Westen wohl der Ansicht sind, Bin Ladin habe gegen beides verstoßen; während seine Anhänger in den arabischen Ländern ziemlich sicher einen Naturrechtsbegriff  zu seiner Rechtfertigung heranziehen, in etwas in dem Sinne, er habe zwar gewaltsame Mittel gebraucht, aber für einen „gerechten“ Zweck, worin auch immer der genau bestehen mag.

Bejaht man die Frage, dass Bin Ladin Recht gebrochen hat, dann scheint die Sache klar: er musste bestraft werden. Und zwar primär, um die Geltung des Rechts als auch die rechtssetzende Macht unter Beweis zu stellen und damit ihren Fortbestand zu sichern. Ob er als Drahtzieher des Terrors noch eine Gefahr darstellte, war hingegen von nachgelagertem Interesse. Macht und Gewalt stehen in symbiotischer Beziehung, sie wirken in Form der Drohung, einer Form, in der die Differenz von potentiellem Gewalteinsatz und konditioniertem Gewaltverzicht als Einheit dargestellt wird. Die Gewalt muss dabei in der Regel nicht ausgeübt werden, um dem Recht und der dahinter stehenden Macht Geltung zu verschaffen. Im Gegenteil: Der tatsächliche Rekurs auf Gewalt offenbart das Scheitern der Macht, das Eintreten der Alternative, die in der Drohung zwar implizit mitkommuniziert wurde, im Erfolgsfall aber von beiden Seiten vermieden worden wäre. Nicht umsonst formulierte Hannah Ahrendt das Verhältnis von Macht und Gewalt als Gegensatz, in dem Sinne: „Wo die eine absolut herrscht, ist die andere nicht vorhanden.“ Solange die Macht aber erfolgreich ist und seinem Recht Geltung zu verschaffen vermag, unterbleibt der Einsatz von Gewalt als Strafe; denn ihr Ziel liegt nicht in der Bestrafung abweichenden Verhaltens, sondern der Förderung erwünschten Verhaltens. Auch die Androhung der fürchterlichsten Konsequenzen hat nicht ihre Verwirklichung als Ziel und damit die Dokumentation ihrer Wirkungslosigkeit; sondern die Vermeidung und damit ihren Erfolg. Kommt es allerdings doch zur Anwendung von Gewalt, dann besteht deren Wert nicht primär in der physischen Zerstörung von Gegenständen oder der Verletzung/Tötung von Lebewesen, nicht im Akt  und dessen unmittelbarem Ergebnis an sich; sondern sie besteht in der symbolischen Generalisierung, in der Darstellung ihrer eigenen Möglichkeit über den konkreten Fall hinaus. Damit schafft sie, paradoxer Weise, die Voraussetzung für ihre zukünftige Unterlassung. Physische Gewalt ist somit nicht primär ein Mittel der Durchsetzung, sondern der Darstellung und Vergewisserung von Erwartungen. Bin Ladin mag in Wahrheit also alt und krank in seiner Villa gesessen haben, sein gewaltsames Ende dokumentiert aber die Entschieden- und Entschlossenheit der Amerikaner, des Westens, der Weltgemeinschaft, der liberal verfassten Demokratie, oder welche andere Macht man hinter dem Recht, dass Bin Laden & Co übertreten haben, auch immer konkret ausmachen mag.

Der prinzipielle Einwand, den man gegen diese Darstellung vorbringen kann, ist aber der, dass sich der globale Terror von vornherein keiner Macht und keinem Recht unterworfen hat, zumindest nicht irdischen Ursprungs. Welchen Sinn macht es, so jemandem mit Strafe für den Fall des Rechtsbruchs zu drohen? Der Drohung wird kein Erfolg beschieden sein. An dieser Stelle liefert die Lektüre von Walter Benjamins Traktat „Kritik der Gewalt“ interessante Hinweise: Den Terroristen gegenüber kann es nicht um Macht- oder Rechtserhalt gehen, sondern vielmehr um Macht- und Rechtsetzung. Bin Ladin & Co fordern demnach nicht das bestehende Recht der Weltgemeinschaft oder irgendeiner Staatsgewalt heraus, sondern messen sich mit dieser gewissermaßen in ihrem vor-rechtlichen, oder, wie Walter Benjamin es nannte, „schicksalhaften“ Zustand, mag dieser auf Krönung, Verfassung, Eroberung, Gottstatus oder was auch immer beruhen; und aus dem heraus Rechtsschöpfung überhaupt erst möglich wurde. Die Macht kann dies nur, weil sie über die (alleinigen) Gewaltmittel verfügt, ihr entstehendes Recht auch durchzusetzen. Der globale Terror ist so gesehen keine Herausforderung des Rechts an sich, sondern gewissermaßen des Schicksals: Er rüttelt an den Grundfesten der rechtssetzenden Macht. Die Drohung wird damit in ihr semantisches Gegenteil verkehrt, die Konsequenz der Nichtbefolgung wird zur primär anschlussfähigen Alternative, Konfrontation und Gewalteinsatz sind vorprogrammiert. Die Situation ähnelt nicht mehr der Strafverfolgung im Rechtsstaat, sondern der des Krieges zwischen Nationen; und es wundert daher nicht, dass die Rhetorik der Terrorbekämpfung dem Militär- und nicht dem Polizeiwesen entlehnt ist. Was sich unter anderem daran zeigt, dass ständig von „Sieg“ oder „Niederlage“ die Rede ist und nicht etwa von „Vergehen“ und „Strafe“. Der „War on Terror“ trägt seinen Namen zu Recht, und wie im Krieg erfolgt die Rechtsetzung durch den Sieger über den Besiegten, in ihrer ursprünglichsten Form durch Grenzziehung zwischen Staaten bzw. deren Revision. Von „mythischer Gewalt“ schreibt Walter Benjamin in diesem Zusammenhang in „Kritik der Gewalt“ und verweist auf die Sage der Niobe, die in ihrem Frevel gegenüber den Göttern im eigentlichen Sinne kein Recht übertritt; sondern in der grausamen Reaktion von Apoll und Artemis, bei der ihre Kinder nacheinander dahingemetzelt werden, erst eine Rechtsetzung ihr gegenüber erfährt. Ihr Hochmut fordert das Schicksal heraus, zu einem Kampf, in dem sie erst besiegt werden muß: Nur dann wird das neue Recht der Götter zu Tage gefördert. Ein Kampf, der aber nicht notwendigerweise mit der Niederlage des Herausforderers endet, im Gegenteil: zahlreiche Heroensagen, z.B. die über Prometheus, handeln vom wechselhaften Kampf mit dem Schicksal aus einer Haltung würdevollen Mutes heraus, und lassen den Helden nicht ohne Hoffnung, nach siegreichem Kampf sein eigenes Recht zu stiften. Für Benjamin daher ein Hinweis darauf, wie wenig die göttliche Gewalt im antiken Mythos die rechtserhaltende der Strafe war, sondern vielmehr eine rechtsetzende; und gleichzeitig auch die Quelle der Verehrung, die Figuren wie Bin Ladin entgegengebracht wird:

„Dieser Heros und die Rechtsgewalt des ihm eingeborenen Mythos ist es eigentlich, die das Volk noch heute, wenn es den großen Missetäter bewundert, sich zu vergegenwärtigen sucht.“

Die genaueren Umstände der Tötung und umgehenden Seebestattung von Bin Ladin lassen übrigens darauf schließen, dass den Amerikanern die Strahlkraft der mythischen Gewalt durchaus bewußt war: Denn was sonst also die Entstehung eines Bin-Ladin-Mythos, einer Art neuzeitlichen Heldensaga, aus der seine Anhänger Kraft schöpfen könnten, sollte mit dem Verschwindenlassen seiner sterblichen Überreste verhindert werden? Auch die Veröffentlichung der jüngsten Videos, die einen alten und kranken Bin Laden kaum mehr als Staatsfeind Nummer 1, sondern nur noch als dessen Karikatur präsentieren, ist wohl auf die Zerstörung eines Mythos schon in den frühesten Anfängen ausgelegt, wie die Zeitung La Repubblica gestern sehr treffend kommentierte. Niobes eigenes Leben wird hingegen von den Göttern verschont, durch das gewaltsame Ende der Kinder zwar mit weitaus mehr Schuld beladen als zuvor, und dient nun als neuer Markstein der Grenze zwischen den Göttern und den Menschen. Auf diese Weise wird Niobes Schicksal generalisiert und für die gesellschaftliche Kommunikation in Form gebracht, auf das es durch die Fama verbreitet und der übrigen Menschheit zur Abschreckung diene. So besehen könnte man Bin Ladins Erschießung als das zeitgemäße funktionale Äquivalent zum Gemetzel an den Kindern der Niobe betrachten: Der globale Terror wird mit seiner Person nicht vernichtet, aber die Grenze zwischen ihm und der Weltgemeinschaft wird durch den gewaltsamen Tod seines Masterminds neu gezogen, neues Recht kommt zum Vorschein. Sehr zur Verblüffung der hiesigen Rechtsprofessoren, denen nur die (zutreffende) Feststellung bleibt, dass der bisherige Rechtsrahmen durch das Vorgehen der Amerikaner gesprengt und dabei auch so eherne Rechtsgrundsätze wie die Gleichheit aller Menschen verletzt wurden; und mithin Gewaltmittel zum Einsatz kamen, die denen des Terrors vergleichbar sind. Aber kann das wirklich verwundern? Eigentlich nicht: Denn unter dem Gesichtspunkt der Gewalt, die alleine dazu im Stande ist, Recht zu setzen, gibt es keine Gleichheit der Menschen, sondern allenfalls gleich große Gewalten. Die Grenzziehung ist damit, wie immer nach einem Krieg, in Wahrheit eine Grenzverschiebung: Der Rechtsstaat dringt tiefer in die Domain des Terrors vor und reklamiert diesen Teil fortan für sich; und mit Ernüchterung stellt er fest, dass seine Eroberung terroristischen Ursprungs ist und er damit selbst ein Stück weit terroristisch wird. Die darauf hin einsetzende Selbstvergewisserung wird lauten, dass mit der möglicherweise illegalen Gewalt ja „gerechte“ Ziele verfolgt wurden; aber das ist eben justament das selbe Argument, dass auch Terroristen und ihre Sympathisanten für sich reklamieren.


16 Lesermeinungen

  1. Plindos sagt:

    Olle Kamellen, das.
    Aus "Der...

    Olle Kamellen, das.
    Aus „Der Peloponnesische Krieg“ von Thukidides, ..wie die Spartaner überhaupt Pausanias, dem Sohne Leonidas, nachforschten wo er in seiner Lebensweise von der herkömmlichen Norm abgewichen war. Sie warfen ihm auch vor, daß er nach der Stiftung der Persischen Beute dem Orakel von Delphi, auf dem goldenen Dreifuß mit seinen ineinander gewundenen Schlangen, (kann in in beschädigter Form noch im heutigen Konstantinopel bewundert werden) die Verse aus eigener Machtvollkom-menheit setzen ließ:
    „Pausanias, der Führer von Hellas, nachdem der Meder
    Scharen vernichtet, dem Gott hat er dies Denkmal geweiht.“
    ..
    Der Sieger hat immer recht. Vae victis!
    ..
    Von einer Theodizee ist noch nicht einmal bei beiden Parteien die Rede, das Weh und Ach, warum, weshalb, das Bilanzieren überhaupt, bleibt den Historikern, theologen, Feuilletonisten überlassen.

  2. stroblt sagt:

    @Plindos
    .
    Danke für den...

    @Plindos
    .
    Danke für den Hinweis auf die (fehlende) Theodizee; denn aus dem Text könnte der Eindruck entstehen, ich würde das Vorgehen der Amerikaner mit dem Gegenpol von Benjamins mythischem Recht gleichsetzen, dem „göttlichen Recht“. Aber davon kann natürlich keine Rede sein, und letztlich bleibt, wie du selbst schreibst, nur die ernüchternde Feststellung, dass für irdische Rechtsetzung/erhaltung immer und überall Gewalt vonnöten ist und es der Interpretation des „Siegers“ zufällt, sein Vorgehen in das Gewand der (göttlichen) Gerechtigkeit zu kleiden. Insofern ist dieser Beitrag nichts anderes als die etwas tieferschürfende Ergänzung meines flappsigen Stücks „Wir sind die Guten!“ von vor ein paar Tagen.

  3. Ich finde es hätte wirklich...
    Ich finde es hätte wirklich völlig gereicht wenn er vom Kontaktbeamten seines zuständigen Reviers mal eine ernste Ermahnung erhalten hätte wegen seinen ganzen Terroranschlägen. Aber nein – stattdessen „Hasta la vista, baby“. So kann man doch nicht umgehen mit dem Top-Terroristen der Herzen! Nichtmal zu Prinz Williams Hochzeit haben sie ihn eingeladen! Einfach nur schäbig.

  4. HAL9002 sagt:

    Glückwunsch, ein...
    Glückwunsch, ein herausragender, unaufgeregter Artikel.
    Die Frage, warum steht die Menschheit immer wieder vor der unmenschlichen „ernüchternde Feststellung, dass für irdische Rechtsetzung/erhaltung immer und überall Gewalt vonnöten ist“, kommt hoffentlich in einem weitern Artikel 😉
    Meine Buchempfehlung zu dieser Thematik:
    „Arno Gruen: Der Wahnsinn der Normalität“
    Leseprobe: https://www.dtv.de/_pdf/blickinsbuch/35002.pdf?download=true

  5. Hoffentlich ist dieser Artikel...
    Hoffentlich ist dieser Artikel hier reine Desinformation und unwahr:
    https://de.rian.ru/politics/20110510/259072996.html

  6. HansMeier555 sagt:

    Die finale Ermordung Bin...
    Die finale Ermordung Bin Ladens war nur konsequent. Tatsächlich ging es den USA von Anfang an nur um Rache. Das Traumatische an den Anschlägen vom 9. September war ja nicht ihre Brutalität oder die Anzahl der Opfer, sondern dass die Amerikaner sich beim Betrachten der Fernsehbilder als „schwach“ erleben mussten. US-Bürger sahen aus wie hilflose Opfer, und dieses Bild wurde als eine „nationale Schande“ erlebt — eine Schande, die nur durch ebenso starke Bilder von tätiger Rache getilgt werden konnte. Eben darum wurde die Verhaftung und Aburteilung der Täter in einem „fairen Prozeß“ von vornherein nicht angestrebt.
    .
    Einzig diesem Zweck (und nicht etwa der Informationsbeschaffung oder der Vereitelung weiterer Anschläge) diente auch die rituelle Folter in Guantanamo, Abu Ghuraib und an anderen Orten. Darum gab sich die US-Regierung auch gar keine Mühe, die Folter zu vertuschen. Im Gegenteil: Sie gab damit an, so wie jetzt Obama mit der Ermordung Bin Ladens angibt, und erntete jeweils den Jubel des dankbaren Volkes.
    .
    Wenn es einen Wermutstropfen gibt, der die Freude trübt, dann ist es das vage Gefühl, dass es auch im eigenen Lager, in der eigenen Gemeinschaft Mitbürger gibt, der zweifelnd die Stirne runzelt und was von Rechtsstaatlichkeit murmelt. Auch wenn solche Miesepeter nur ganz vereinzelt vorkommen und es sich bei ihnen nur um vollkommen einflußlose Elfenbeinturmbewohner handelt, so ist ihr bloßes Vorhandensein dennoch ein echtes Ärgernis. Denn im Moment des Lynchmordes kommt es nach archaischer Sitte darauf an, dass wirklich ALLE Dorfbewohner sich an ihm beteiligen, ALLE ohne Ausnahme ihn gutheißen und KEINER übrigbleibt, der sich später von der Tat distanzieren und die Mörder zur Rechenschaft ziehen kann.
    Das hat auch Josef Stalin so empfunden. Darum gab er sich nicht damit zufrieden, von seinen Opfern Geständnisse zu erpressen, sondern bestand auch noch drauf, dass die gesamte Sowjetbevölkerung dem Justizmord akklamierte.

  7. HansMeier555 sagt:

    Wer Henryk M. Broder...
    Wer Henryk M. Broder „unzureichende Argumentation“ vorwirft, hat nichts verstanden. Broder will nicht argumentieren, sondern verhöhnen. Seine Texte sind kein Versuch, Zweifler zu überzeugen, sondern ein Siegestanz: der Krieger feiert das Überleben seiner Feinde.

  8. naphthalin sagt:

    Der Einstieg in diesen...
    Der Einstieg in diesen blogbeitrag ist schon beschwerlich gewesen; spätestens bei „dann halten wir an dieser Stelle zunächst offen“ verweigerte sich mein Hirn der Weiterfahrt: Kathedersprech wie in Zeiten Benjamins. Und/Aber verquast, als schriebe Prof. Unrat. In Verzweiflung geschaut nach den Kommentaren, getröstet durch HansMeier555 (von der Aktion: Leser helfen Autoren – verunfallende blogs mit Kommentaren retten) Was, um dessen Worte zu verwenden, US-Amerika braucht: Gnade. Distinktion. Zuwendung. Alllerdings – und vielleicht hilft ihnen die vielbeschworene Religiosität dabei – müssen sie all dies in sich selbst finden. Vernunft, die von außen kommt, werden sie so wenig annehmen wie, nunja: Streicheln bei Tollwut hilft. Oder appeasement gegenüber einer auf ihrem Sonderweg sich verirrenden Großmacht ohne ausgleich/reichendes Gegengewicht: Sie muss lernen, ihre bislang in die Welt getragenen inneren Konflikte wenigstens auszuhalten, wenn sie diese nicht lösen kann oder überwinden will. Und -beware of pity- dabei darf sie sich nicht auf Hilfe verlassen – oder solche gar einfordern: Die Zeit der Tribute neigt sich dem Ende zu, die ersten Vasallen werden schon abtrünnig.

  9. HansMeier555 sagt:

    Was mich in den letzten 10...
    Was mich in den letzten 10 Jahren an den Amerikanern am meisten verblüfft hat, ist ihre groteske Fähigkeit, sich als Nation, als Gemeinwesen (mit all ihren Werten) „existenziell bedroht“ zu fühlen und ihren eigenen Untergang zu imaginieren.
    .
    Da gab und gibt es viele viele weitaus ärmere und schwächere Länder auf der Welt, die weitaus gefährlicheren Angriffen ausgesetzt sind als die USA am 11.9.2001 es waren und die trotzdem nicht in solche Hysterie verfielen, und denen die zivilisierte Welt das auch nie und nimmer zubilligen würde.
    .
    Wenn die Untergangs-Panik der Amerikaner aber echt ist und nicht nur gespielt, dann muss sie unterschwellig schon lange vor dem 11.9.2001 da gewesen sein und dann muss man vermuten, dass ihre Wurzeln weit in die Vergangenheit zurückreichen. Schon die McCarthy-Hexenjagden der frühen 50er waren waren wohl eher ein Ausdruck dieser spezifischen amerikanischen Angst als eine Reaktion auf irgendeine reale (kommunistische) Bedrohung.
    .
    Meine persönliche Vermutung wäre die, dass eine Kolonialgesellschaft, die auf gewaltsam angeeigten und ethnisch gesäubertem Land errichtet wurde, von Anfang nie psychisch gesund sein konnte und es nur ganz normal ist, dass moralische Katastrophe von Sklaverei und Kolonialismus noch ein paar Jahrhunderte nachwirken.
    Das beträfe natürlich nicht nicht nur die USA, sondern den gesamten amerikanischen Kontinent.

  10. HansMeier555 sagt:

    Oder anders gesagt:
    .
    Es gibt...

    Oder anders gesagt:
    .
    Es gibt keine europäische Zivilisation ausserhalb von Europa.

Hinterlasse eine Lesermeinung