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Gute und schlechte Ratschläge

In der FAZ steht es heute als Aufmacher des Finanzteils: Die Deutschen werden immer reicher. Nicht alle vielleicht, die durchschnittlichen 60.000 Euro Geldvermögen die da pro Mann und Maus genannt werden, mögen die individuelle Lebenswirklichkeit sogar dramatisch verzerren; aber in Summe ergibt das trotzdem schlanke 

4.800.000.000.000

sprich: 4.800 Milliarden Euro. Eine Menge Holz, und wenn man dem die deutsche Staatsschuld gegenüberstellt, die wir gross modo mit 2.000 Milliarden Euro angeben können, dann erscheint es zumindest mir ziemlich offensichtlich, dass die Deutschen auf absehbare Zeit nicht in den Schuldenturm des Planeten Erde geworfen werden. Das heißt: womöglich doch, aber dafür müssten sie sich schon extrem blöd anstellen.

Besonders böse Menschen, ideologisch verblendet und auf „die Reichen“ schon immer schlecht zu sprechen, könnten sich angesichts dieser Zahl womöglich sogar zu der These versteigen, dass es für den deutschen Staat ein Klacks sei, sich über entsprechende Steuerpolitik seiner Staatsschulden zu entledigen. Wenn er es wollte.

Aber ich würde sowas nieeeeeeee in den Raum stellen. 

Niemals nie.

Sehr schön in besagtem Artikel übrigens auch das Zitat des Allianz-Volkswirts, aus dessen Feder die Vermögensstudie stammt:

„Die Vermögen in Ländern mit sehr hoher Staatsverschuldung sind beträchtlich“, sagt Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz. „Diese Staaten wären damit durchaus in der Lage, Mittel für ihre Staatshaushalte aufzutreiben.“ Heise will den Ländern dazu keine Vorschläge machen, betont jedoch, dass bei der aktuellen Diskussion nicht immer nur der Staatsschuldenstand, sondern auch die Habenseite betrachtet werden sollte.

Nein, Ratschläge wollen wir natürlich keinesfalls erteilen – wo kämen wir denn da hin? Dass die Schuldnerländer über geeignete steuerliche Maßnahmen selbst dafür sorgen könnten, dass ein Großteil des staatlichen Schuldbuches gestrichen wird – hey: Wer will das schon wissen? Ist halt so.

Viel zweckmäßige erscheint mir da der Vorschlag der frischgebackenen IWF-Chefin Lagarde: Die Schwellenländer mögen doch bitte den Job übernehmen und den Euro-Pleitestaaten unter die Arme greifen. Genau – die richtige Ansage zur richtigen Zeit! Und legitim ist sie auch. Denn mal im Ernst: Wer hat denn all diesen Staaten in Südamerika und Afrika all die Jahrhunderte hindurch soviel Gutes widerfahren lassen? Wer hat denn administratives Personal geschickt, um die dortigen Verwaltungen aufzubauen? Und Militär und Waffen, zum Schutz der Bevölkerung? Waren das nicht die Europäer? Die Portugiesen und die Spanier? Na also: Da kann man sich doch wohl revanchieren. Jetzt – wo’s diesen Ländern dank unserer Hilfe so gut geht, und wir mal ein wenig Hilfe nötig hätten.

Wie sagte es Lagarde?

„Wenn es eine Art gemeinsame Strategie gibt, hoffe ich, dass diese breit angelegt ist und nicht nur strikt auf Investments begrenzt ist, die sicherer sind als andere“, sagte Lagarde in einem Interview mit Journalisten. Der Kauf von Anleihen in starken Ländern wie Deutschland oder dem Vereinigten Königreich setze keine große Entbehrung voraus, sagte Lagarde.

Ja, eben: Investieren heißt Entbehrungen in Kauf nehmen! Schmerzen erleiden! Zittern und Hoffen! Bundesanleihen, die so solide sind wie Eichen aus deutschen Landen, kann schließlich jeder Warmduscher kaufen. Waschechte Investoren hingegen kaufen Griechen- und Portugalbonds, und nehmen dafür Entbehrungen in Kauf.

Entbehrungen, die man den eigenen Vermögenden nicht so gerne zumuten will – wie böse und ideologisch verblendete Menschen jetzt vielleicht sagen würden.

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