Angefangen hat alles vor rund fünf Jahren. Damals wurden die Haushalte in Paris mit allerlei Mülltonnen versorgt, in denen die Menschen ihren Unrat getrennt entsorgen sollten. Es gab gelbe, blaue, grüne und schwarze Tonnen, die jeweils Glas und Papier, Dosen und Blech, Kompost und den Restmüll aufnahmen. Was worein gehörte, tut jetzt nichts zur Sache.
Fünf Jahre ist das also her, und für Deutsche, die sich damals in der Stadt aufhielten, war das seltsam, weil man hierzulande ja schon länger den Müll trennte und auch die Diskussion schon hinter sich hatte, ob das nun schön sei, so viele verschiedene Tonnen im Vorgarten stehen zu haben. Damals wie heute hört man von Franzosen aber immer wieder: Ihr Deutschen, ihr seid uns in Fragen des Umweltschutzes ja um Lichtjahre voraus! Wenn man sich allerdings in dem Land so umsieht, bleibt einem gar nicht anders übrig als die Entwicklung rasant zu nennen, die Frankreich bezüglich dieses Themas in den vergangenen Jahren hingelegt hat.
Es ist einfach so viel bio. Die Lebensmittel in den Supermärkten, die Speisen in den Restaurants, der Kaffee in den Bars und das Brot in den Boulangerien – versteht sich. Neulich in Marseille fiel aber auch in dem Büro eines seriösen Musikfestival-Veranstalters eine kleine Informationstafel auf, die auf dem Empfangstresen stand. Auf ihr wurde detailliert dargestellt, wie sich das Büro umweltpolitisch verhält: gedruckt werde nur auf chlorfrei gebleichtem Papier, damit die Bäume im Regenwald undsoweiter, alle Lampen seien Energiesparbirnen, die nach Verlassen des Büros ausgeschaltet würden, im Garten pflanze man dieses und jenes. Und als man das Büro wieder verließ, fiel neben der Tür wieder ein Schild ins Auge, auf dem zu lesen war, man möge sich nun zur nächsten Bushaltestelle begeben oder zum nächsten Fahrradverleih.
In Paris kann man jetzt außerdem Aloe-Vera-Blätter kaufen. Aus diesen dicken, großen Blättern zum Preis von 12 Euro pro Stück lässt sich jene Substanz gewinnen, die man in Gesichtscremes und zuweilen auch in Nahrungsmitteln findet. Womöglich taucht sie demnächst also in den Kantinen des Landes auf, denn der französische World Wildlife Fund hat gerade eine Plakataktion gestartet, mit der die Organisation darum wirbt, mehr Bioprodukte auf die Speisekarten der Kantinen zu setzen. „Oui au bio dans ma cantine“ heißt es – Ja zu Bio-Produkten in meiner Kantine. Im Internet lassen sich vorgefertigte Briefe herunterladen, in denen jeder Bürger seinen jeweiligen Bürgermeister darum bitten kann, mehr Bio-Artikel in den Restaurants der öffentlichen Institutionen anzubieten.
Und weil es irgendwie so schön passt, erfreut sich derzeit auch das Stricken in Frankreich einer Renaissance. Nachdem man schon vor ein, zwei Jahren in den Pariser Metros lauter meist junge Frauen dabei beobachten konnte, wie sie die Stricknadeln zückten, haben sich einige nun zusammengetan und neulich als „Wool and the gang“ in die derzeit angesagteste Popup-Bar von Paris geladen – zum abendlichen Strick-Workshop. Ob der neue Star der französischen Grünen, Daniel Cohn-Bendit, auch anwesend war, ließ sich leider nicht mehr ermitteln.