Place de la République

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Chansons, Existentialismus, französische Malerei – alles vorbei? Ganz im Gegenteil. In New Yorker Klubs hört man Musik aus Paris, in China liest

Was macht Carla?

Ulrich Wickert, der ja lange als Korrespondent der ARD in Paris gearbeitet hat, sagte einmal, es stehe einem ausländischen Journalisten in Frankreich nicht zu,...

Ulrich Wickert, der ja lange als Korrespondent der ARD in Paris gearbeitet hat, sagte einmal, es stehe einem ausländischen Journalisten in Frankreich nicht zu, über die Sonderbarkeiten des fremden Landes zu richten. Es sei Aufgabe des Journalisten, über alles, auch über seltsame Dinge zu berichten, man solle sich aber davor hüten, in dem Land, das man als Gast bewohne, mit dem erhobenen Zeigefinger umherzugehen und ungefragt Ratschläge zu erteilen. Das ist natürlich ein guter und vernünftiger Grundsatz, der nicht nur für Journalisten gelten sollte. Hier möchte ich ihn aber einmal über Bord werfen. Es geht um die neue Webseite von Carla Bruni-Sarkozy.

Vor einiger Zeit hat die Première Dame eine eigene Homepage online gestellt, auf der sie sich nicht – wie bisher – nur als Sängerin präsentiert und Hörproben ihrer CDs anbietet. Diese alte Seite gibt es noch, unter https://www.carlabruni.com/. Die neue firmiert aber unter www.carlabrunisarkozy.org, auf ihr gibt Madame Einblicke in ihr Leben an der Seite von Nicolas. Der äußere und legitime Anlass dafür ist wohl die Stiftung, die sie im vergangenen Frühjahr gegründet hat und deren Ziel es ist, möglichst vielen Menschen einen Zugang zur Kultur zu verschaffen und für größere soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Informationen zu dieser und anderen karitativen Tätigkeiten von Carla Bruni-Sarkozy machen den größten Teil der Webseite aus, wobei sich Madame Bruni-Sarkozy in einer kurzen Einführung beeilt zu betonen, sie habe sich schon immer für humanitäre Belange eingesetzt – auf „diskrete“ Weise. Nun ist sie aber Première Dame und als solche sozusagen in der Pflicht, sich der Diskretion des wahren Gutmenschen zu entledigen. Sie tut das mehr als nötig gewesen wäre, indem sie nämlich einen in dieser Art einmaligen Überblick liefert über das, was ihr Leben ausmacht: „Carla Bruni-Sarkozy A-Z“, so heißt die Rubrik, die sie selbst und ihre Leser weitaus mehr interessieren dürfte als alles andere auf dieser Seite.

Unter A wie „Andy Warhol Museum“ erfährt man hier beispielsweise, dass sich Madame Bruni anlässlich des G 20-Gipfels im amerikanischen Pittsburgh das besagte Museum angeschaut hat, gemeinsam mit den anderen First Ladies. Im Anschluss an diesen Gruppenbesuch habe Bruni aber noch allein an einer Führung mit dem Museumskurator teilgenommen, was Ausdruck der „natürlichen Verbundenheit der Musikalischsten unter den First Ladies“ mit dem Werk des Künstlers sei. Nur wenig weiter, unter dem Stichwort „Appeal of conscience“, erfahren wir von einem Abendessen in New York, bei dem die gleichnamige Stiftung Nicolas Sarkozy als „Staatsmann des Jahres“ ausgezeichnet hat. Serge Dassault, der französische Flugzeugbauer und Medienunternehmer, sei einer der vielen geladenen Ehrengäste an diesem Septemberabend des vergangenen Jahres gewesen und habe die Laudatio auf seinen Freund Sarkozy gehalten. Als weiterer Ehrengast war Henry Kissinger zugegen, „der den ganzen Abend neben Carla Bruni-Sarkozy saß“. Unter dem Buchstaben B ist dann die Rede von jenem „bibi“, also dem grauen Damenhütchen, das Carla Bruni-Sarkozy bei einer Englandreise im Frühjahr 2008 trug und für das sie, in Kombination mit dem ebenfalls grauen Dior-Kleid, sehr gelobt worden sei – „mit diesem Kostüm belegte Carla Bruni-Sarkozy schnell die Schaufenster der Kioske.“

Wir lernen außerdem, dass sie sich eines Tages mit ihrem Mann das Stück „Juste avant la fin du monde“ von Jean-Luc Lagarce in der Comédie Française angesehen habe, sie war bei der Gedenkveranstaltung zur Landung der Alliierten in der Normandie dabei, sie war in Disneyland, in Israel, sie hat Sarah Brown getroffen und Michelle Obama und Rania von Jordanien, sie war sogar bei ihrer eigenen Hochzeit anwesend (nachzulesen unter M wie „Mariage“), welche die „am meisten erwartete Hochzeit des Jahres“ gewesen sei. Seither hört sie nicht auf, Nicolas Sarkozy in der Öffentlichkeit „Mon mari“ (meinen Mann) zu nennen, was die Zeitung „Libération“ einmal dazu veranlasste, Carla fortan als „Madame Mon mari“ zu bezeichnen, was diese wiederum nicht besonders lustig fand. Wie solle man ihn denn sonst nennen? fragt sie auf ihrer Webseite. Ja, wie eigentlich?