Haymat

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Mehr als zwei Millionen Menschen türkischer Abstammung leben in Deutschland. Was sie beschäftigt, wissen wir zu wenig. Ihre Referenzpunkte liegen

Ministerpräsident Erdogan verurteilt Internetpetition

| 3 Lesermeinungen

Die türkischen Medien haben gemischt auf die von Intellektuellen initiierte Armenier-Petition reagiert. Ministerpräsident Tayyip Erdogan verurteilt die Initiative.

 Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan hat die von türkischen Intellektuellen initiierte Internetpetition „Wir bitten um Verzeihung“, heute Nachmittag verurteilt: „Weder akzeptiere noch unterstütze ich diese Initiative. Wir haben kein Verbrechen begangen und müssen deshalb auch nicht um Verzeihung bitten“, sagte er und fügte hinzu, dass die Ereignisse noch immer von Historikern diskutiert werden würden.

Auch wenn man darüber streiten kann, ob die Massaker von 1915 ein Völkermord waren oder nicht, steht außer Frage, dass es Massaker an den Armeniern gegeben hat. Warum soll man nicht für dieses Leid um Verzeihung bitten dürfen als mündiger Bürger?  

Inzwischen haben auch Kommentatoren türkischer Zeitungen auf die Internetpetition reagiert. Sehr positiv und reflektiert äußert sich etwa Yavuz Baydar von der Zeitung „Today‘s Zaman“: „Das Eis schmilzt, aber langsam“, schreibt er. Die breite Aufmerksamkeit, die der Petition in der internationalen Presse gezollt wird, findet Baydar ermutigend. Wenn sich die Anzahl der Unterzeichner weiterhin erhöhe, dann könne aus der Initiative eine soziale Bewegung werden. Fraglich sei jedoch, ob die Petition gut oder schlecht für die Annäherung zwischen Türken und Armeniern sei. Doch selbst wenn sich diesbezüglich nichts weiter bewege, sei die Petition als ein starker Ausdruck des türkischen Gewissens zu werten. „Ihr Resultat ist ein Tabubruch, das vom türkischen Staat kontrollierte, roboterhafte Gerede‘ ( Leugnung, anderen die Schuld geben, Vermeidung) wird entkräftet.“

Andere Töne schlägt sein Kollege Bülent Kenes, ebenfalls „Today‘s Zaman“ an. Obwohl die Unterzeichner der Petition das ja in keiner Weise negieren, betont er, dass nicht nur die Armenier, sondern auch die Türken gelitten hätten. „Heute aber haben Menschen um Verzeihung gebeten, als ob nur eine Seite gelitten hätte. Sich zu entschuldigen, zeugt von Weisheit. Doch kann eine irrelevante Entschuldigung nicht auch in einem Gefühl von Unterlegenheit wurzeln? Wenn diese Leute sich unbedingt für etwas entschuldigen wollen, dann sollten sie das für ihre offensichtliche Unwissenheit in Sachen Geschichte tun.“

Sehr abfällig äußert sich der Kolumnist Ertugrul Ozkok in der Zeitung „Hürriyet“. Für ihn ist die Petition ein „Witz“ und die „romantischste Initiative“ in der Geschichte der Türkei. Wirklich begründen, warum er das alles so lustig findet, kann Ozkok aber nicht.

 


3 Lesermeinungen

  1. Superpirtik sagt:

    Wahrscheinlich sind es die...
    Wahrscheinlich sind es die gleichen Medien, die in den letzten Jahren für Fremdenhass und Kriegstreiberei in Deutschland eingetreten sind. Bild, Spiegel und Konsorten. Jetzt machen wir einfach paar hübsche Spots mit sogar Ausländern drin und spielen die bunte heile deutsche Welt. Und morgen kommst du trotzdem nicht in ihre Diskotheken und in ihre Cafes und siehst an der Tankstelle schon weitem die Schlagzeile der Bild, dass Du Türke Schuld an der Neuwahl bist, an der Wirtschaftsmisere, an der Pisa-Studie, an Hartz 1-4, an ALG 1-5 und an der Verfettung der Deutschen durch Döner. Dann zerren die Deutschen wieder paar Moslems(Terrorverdächtige) aus ihren Moscheen(Terrorzellen), zeigen dir vor der Sommersaison täglich Fernseh-Reportagen, wie deutsche Urlauber für ihren Türkei-Urlaub, den sie für 3,50 EUR gebucht haben, entsetzt nur 4 Sterne-Hotels bekommen haben. Wie sie einen Deutschen wieder in der bösen Türkei verhaftet haben, weil er Kulturgüter raus schmuggeln wollte („Der Stein gehört doch meinem siebenjährigen Sohn und die vier Kilo Kokain meiner zweijährigen Tochter“). Und wie mies die türkischen Flugzeugen gewartet werden. Aber wenn danach griechische und italienische Flugzeuge vom Himmel fallen, sind die Deutschen still. Du bist nicht Deutschland, Du bist Türke! Mousse T. ist Hannoveraner, Erol Sander Münchner, Cem Özdemir Schwabe, aber der U-Bahn-Schubser, der ist ein Türke. Die deutschen Medien haben mitunterschwelligen Berichten dafür gesorgt, dass über den Türken nur negativ berichtet wird. Ganz Europa kann brennen, es kann gemordet, vergewaltigt und gehetzt werden, aber im Spiegel-Online kann man großformatig lesen, wie ein Schaf in der Türkei vom Dachgefallen ist. (KeinScherz) Wir Deutschen verdrehen alles, wie es uns passt. Wir erfinden Lügen, manipulieren, lassen Wahrheiten weg. Wir Deutsche wissen nicht wo Armenien liegt, haben eigentlich noch nie von ihnen gehört, wissen nicht welche Sprache sie sprechen, was sie essen und was sie an Kultur zu bieten haben, aber für den Völkermord an ihnen könnt doch nur ihr Türken in Frage kommen. Da sagen wir auch nicht, dass es die Osmanen waren sondern ihr Türken. Wir sagen schließlich auch nie, dass die Deutschen an der ganzen Scheiße im zweiten Weltkrieg Schuld sind. Das waren die . Ein oder zwei Wörtervertauschen und alles klingt ein wenig anders. Wir schicken Reporter durchs ganze Land und lassen Dönerbuden nach Reinheit untersuchen, die fünfzig sauberen zeigen wir dir nicht, den einundfünfzigsten, den wir dreckig vorfinden hauen wir dir um die Ohren. Wir zeigen dir auch nicht die Millionen Touristen, die zufrieden aus ihrem Türkei-Urlaub zurückkommen, wir zeigen dir die zwei Touristen, die unzufrieden waren. Wir werfen Euch vor, dass in der Türkei seit zwanzig Jahren keine einzige Kirche gebaut wurde, dass es über 970 Kirchen für die paar Christen in der Türkei gibt, verschweigen wir. Wir werfen euch vor, dass ihr den griechischen Teil von Zypern nicht anerkennt, aber dass der türkische Teil von Griechenland auch nicht anerkannt wird, lassen wir weg. So verdrehen die Medien alles und setzen unseren Konsumenten ein vorgefertigtes Bild des Türken vor.

  2. Wahrlich Journalismus auf...
    Wahrlich Journalismus auf niedrigstem Nivaeau, welches wir hier von Frau Krüger serviert bekommen. In ihrem erst kürzlich erschienen Artikel „Armenier, wir bitten um Verzeihung“ ging sie noch mit absoluter Selbstverständlichkeit davon aus, dass man die hier in Rede stehenden Geschehnisse als Völkermord einzustufen hat. Leicht verwundert blickt der Leser dann natürlich, wenn es in diesem Artikel heißt:
    „Auch wenn man darüber streiten kann, ob die Massaker von 1915 ein Völkermord waren oder nicht, steht außer Frage, dass es Massaker an den Armeniern gegeben hat. Warum soll man nicht für dieses Leid um Verzeihung bitten dürfen als mündiger Bürger?“
    Liebe Frau Krüger, wenn ich in der gymnasialen Oberstufe in einem Aufsatz derartige Widersprüche fabriziert habe, gab es stets ein Ausreichend. Der Schnitt eines gymnasialen Aufsatzes dürfte bei der Note Befriedigend liegen. Ich will damit sagen, dass saubere Schulaufsätze besser recherchiert und analysiert sind als Ihre Bericht in dieser Zeitung.
    Hinsichtlich des soeben zitierten Satzes der Frau Krüger bleibt nicht nur außer Frage, dass es zahlreiche Opfer auf armenischer Seite gegeben hat. Ebenso bleibt die Frage, warum mit keinem Wort die Massaker in türkischen Dörfern erwähnt werden, bei dem nachweislich zahlreiche Frauen und Kinder enthauptet, vergewaltigt und getötet wurden.
    Ein einseitig ausfallender Zeitungsbericht ist kein Journalismus. Der Bericht ist dem Leser so darzubieten, dass dieser sich selbst ein Urteil über die Dinge machen kann. Und zwar auch dann, wenn er kein Hintergrundwissen hat.

  3. Liebe Frau Krueger. Ich habe...
    Liebe Frau Krueger. Ich habe mir soeben den von Ihnen genannten Artikel des Herrn Ertugrul Özkök durchgelesen. Sie sollte wirklich Ihre Hausaufgaben besser machen. Sie behaupten hier, dass Herr Özkök die Aktion für einen Witz halte, dies aber nicht erklären könne. Das ist schlicht falsch, vielleicht sogar (bewusst oder unbewusst) gelogen. Herr Özkök schreibt in dem von Ihnen genannten Artikel, dass er sogar selbst daran gedacht hat, an der der Entschuldigung über die Plattform teilzunehmen. Lustig an der ganzen Geschichte findet er lediglich, dass sich nun Dritte, also Nichttürken im Namen der Türken bei den Armeniern entschuldigen. Herr Özkök erwähnt zum Beispiel, dass sich nun Peter Gabriel an der Plattform beteiligt hat und sich im Namen der Türken bei den Armeniern entschuldigt. Das finden sie doch selber lustig. Das wäre nämlich in etwa so, wie wenn ich mich (nur um mal einen Vergleich zu ziehen) bei den FAZ-Lesern für Ihre schlecht recherchierten Berichte entschuldigen würde.
    Was würde der FAZ-Leser dazu wohl sagen?
    (Für den Fall, dass der Beitrag zwei Mal erscheint, bitte ich um Entschuldigung ;-). Bei dem ersten Versuch gab es ein Problem mit der Seite.)

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