KlimaBlog

Treffen der Nobelpreisträger: Merkels Intelligenzoffensive

Es ist der Aufmarsch der klimapolitischen und wissenschaftlichen Prominenz für das große Ziel Klima-Marshallplan, eine Mischung aus ernster Klausurtagung und grüner Kampagne, den wir in diesen Tagen im Neuen Palais zu Potsdam erleben. Fünfzehn Nobelpreisträger von Kalifornien bis Moskau, dazu Klimareporter Nicholas Stern, IPCC-Chef  Rajendra Pachauri, Romancier Ian McEwan – für Kanzlerin Merkel ging es gestern zum Auftakt des „ersten interdisziplinären Symposiums Global Sustainability – A Nobel Cause“ darum, auf ihrem Weg nach Bali Stimmen für die gute Sache zu sammeln und klimapolitisch zu punkten. Keine Frage, der Kampf um ein neues, ein diesmal wirklich  globales Klimaschutzprotokoll nach Kyoto spitzt sich zu. „Wenn nicht in diesem Jahr der Durchbruch kommt, wann dann?“ war eine der beherrschenden Fragen in den Fluren des Schlosses.

Dabei ist klar, dass die UN-Klimakonferenz auf Bali Ende des Jahres eigentlich weder der Abschluss noch ein großer Höhepunkt, sondern bloß ein Anfang des neuen Klimakapitels werden soll. Hans Joachim Schellnuber, Klimaberater der Kanzlerin und Organisator des feudalen Prominententreffens, dämpfte Erwartungen, die er und die seinen im Klimatross mit immer neuen Kongressen, Treffen, Auftritten und Anhörungen selbst heraufbeschwört:  „Was wir erst einmal erreichen müssen, ist ein Mandat für einen neuen Vertrag, verbunden mit einem Fahrplan, wie wir vorgehen.“

So gesehen war das abermalige Werben der Kanzlerin in Potsdam für die „Pro-Kopf-Emissions“-Lösung zwar ein von vielen der an die hundert Zuhörern gerne gehörtes politisches Zugeständnis an die Entwicklungsländer, aber klimapolitisch auf kurze Sicht eher zweitrangig. Trotzdem: Die Regierungschefin ist offenbar fest entschlossen, sich neben ihrer Rolle als restriktive Kohlendioxid-Wächterin auch zum Anwalt einer Klimabewegung „von unten“ zu machen. Ihre Afrika-Reise vor wenigen Tagen hat sie darin sicher bestärkt. Ein globales Handelssystem mit Kohlendioxid-Zertifikaten muss nach ihren Worten das wichtigste Ziel sein. „Natürlich sind das hier viele nicht gewohnt“, sagte sie, nämlich für „nichts“ Geld zu geben, wenn etwa vergleichsweise emissionsarme und zugleich bevölkerungsreiche Gebiete wie Indien oder Afrika von den Vereinigten Staaten ausbezahlt werden müßten. „Die denkbar intelligenteste Form der Entwicklungshilfe“, nannte das die Kanzlerin und erntete dafür reichlich Applaus.

Mit dem globalen Zertifikathandel ist es allerdings noch nicht weit her. Immerhin: Ende des Monats, freuten sich einige der Potsdamer Tagungsteilnehmer, wird ein Anfang gemacht. Kaliforniens Gouverneur Schwarzenegger wird sich in Brüssel mit den EU-Ministern über eine mögliche Verknüpfung der beiden Handelssysteme besprechen – Klimapolitik konkret. Und tröstlicher Stoff auch für die Gespräche beim Abendempfang mit Forschungsministerin Schavan und zur Lesung mit Ian McEwan auf dem Potsdamer Telegrafenberg.

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