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KlimaBlog

Der Klimawandel wühlt die Gesellschaft wie die Weltpolitik auf, verändert die Wirtschaft und fordert die Wissenschaft immer wieder heraus.

Klimaschutz: Doppelte Dividende oder Milliardengrab?

Die Bundesminister Glos und Gabriel liefern sich ein nettes Spiel: Je nachdem, wer eine Studie zu den Kosten des Klimaschutzes in Auftrag gibt, erhält das Ergebnis hohe Kosten oder hohe Nutzen.

Der Bundesumweltminister Sigmar Gabriel und der Wirtschaftsminister Michael Glos haben sich ein nettes Spiel ausgedacht: Abwechselnd geben die beiden Minister Studien in Auftrag, die entweder extrem hohe Kosten des Klimaschutzes (Wirtschaftsministerium) oder extrem hohe Nutzen (Umweltministerium) als Ergebnis haben. Im Kern geht es darum, ob und wann sich Investitionen in Energieeinsparung rechnen. Führen die Investitionen nicht nur zum Klimaschutz, sondern auch zu niedrigeren Energiekosten, die die Investitionen überkompensieren, wird von einer doppelten Dividende gesprochen. Ob es zu einer doppelten Dividende kommt, hängt stark von der Annahme über die Entwicklung der fossilen Energiepreise ab: Je höher der Ölpreis, desto schneller rechnen sich Investitionen in erneuerbare Energie oder Wärmedämmung und desto schneller kommt es zu einer doppelten Dividende.

 

Nach einer Berechnung für das Umweltministerium bringt der Klimaschutz Deutschland 5 Milliarden Euro doppelte Dividende bis 2020. Der Weltklimarat, dessen Arbeitsgruppe III sich mit den Kosten des Klimaschutzes beschäftigt,  wägt alle Aspekte ab.

 

Nach der jetzt vorgelegten Berechnung für das Wirtschaftsministerium könnte das Wirtschaftswachstum bis 2020 dagegen sinken. Verringerten die EU-Staaten ihre CO2-Emissionen wie geplant bis 2020 um 20 Prozent und würden die Lasten dafür unter den Mitgliedsländern gleichmäßig verteilt, wäre die Wirtschaftsleistung um 0,8 Prozent niedriger, ergab das am Freitag veröffentlichte Gutachten der Forschungsinstitute GWS und Prognos. Falls Deutschland seine Emissionen wie angestrebt gar um 40 Prozent reduziert, wäre der Wachstumsverlust doppelt so hoch.

 

Gedämpft werden könnte dieser Negativeffekt dem Ministerium zufolge, wenn die Laufzeiten von Kernkraftwerken verlängert würden. Die Studie mache deutlich, dass ein Alleingang beim Klimaschutz ohne Einbeziehung von Industrieländern wie den USA oder China besonders teuer wäre.

 

Die Untersuchung für das Wirtschaftsministerium kommt zu dem Ergebnis, dass alle Szenarien, seien es einseitige Minderungen des CO2-Ausstoßes durch die EU oder mehrseitige unter Einbeziehung der USA, Chinas und anderer Schwellenländern, Deutschland Wachstumseinbußen bringen würde. Diese dürften – bezogen auf das Jahr 2020 – zwischen etwa 0,5 Prozent und 1,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen. Höher wäre das Minus, wenn die Verschmutzungslizenzen in der EU für alle Sektoren versteigert würden. Für Deutschland werden dann Einbußen von 1,69 Prozent genannt. Sollte die Bundesrepublik den CO2-AUsstoß mit 40 Prozent besonders kräftig gegenüber 1990 abbauen, betrüge das Minus 1,64 Prozent.

 

Bei einseitigen Klimaschutzmaßnahmen der EU würden Industrienationen wie die USA oder die fünf wichtigsten Schwellenländer der Studie zufolge profitieren. Solche unilaterale Bemühungen würden zur Abwanderung von Produktionen in Länder ohne derartigen Klimaschutz führen. „Der Verlust von energieintensiver Produktion wird durch den Export von Klimaschutztechnologien nicht kompensiert“, erklärte das Ministerium. Ein Alleingang der EU wäre daher „nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Der drastische Anstieg der weltweiten CO2-Emissionen zwischen 2010 und 2020 würde gerade einmal um 1,7 Prozentpunkte gedämpft.

 

Nötig sei daher, dass alle Industrie- und die großen Schwellenländer einbezogen werden. Nur so ließen sich die volkswirtschaftlichen Kosten des Klimaschutzes senken. „Ohne ein umfassendes Klimaschutzabkommen nach 2012, in dem alle Länder wirksame Verpflichtungen zur Emissionsminderung übernehmen, werden sich die weltweiten Emissionen bis zum Jahr 2030 gegenüber 1990 etwa verdoppeln“, warnte das Ministerium.