Medienwirtschaft

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Zeitschriften, Fernsehen, Internet: Wie sich die Welt der Medien dreht

Nick Blunden: Optimist für ein Online-Geschäft – auch mit bezahlten Inhalten

"Es reicht nicht, der Erste zu sein, der Nachrichten bringt", sagt Nick Blunden, der Chef von Economist Online.

“Es reicht nicht, der Erste zu sein, der Nachrichten bringt”, sagt Nick Blunden, der Chef von Economist Online.

Auch Verlagsmanager spüren den Medienwandel oftmals am besten an sich selbst. Die Nachricht vom Tod Usama Bin Ladins etwa hat Nick Blunden via Twitter erfahren. Erst danach las der Geschäftsführer und Herausgeber von “Economist online” die weiterführenden Artikel auf den digitalen Angeboten der traditionellen Medien seiner Wahl. Die Nachricht kann schließlich fast jeder verbreiten. Doch in den auf den Tod Bin Ladins folgenden 24 Stunden verzeichnete die Internetseite des britischen Wochenmagazins “Economist” die meisten Zugriffe der vergangenen Monate. “Es reicht nicht, der Erste zu sein, der die Nachricht bringt”, sagt Blunden. “Wir analysieren die Nachrichten.”

Mit diesem Ansatz schafft es das Unternehmen, nicht nur im Internet zu wachsen, sondern auch mit den Print-Produkten. Das schafft der “Economist” nicht trotz des digitalen Wandels, sondern gerade auch deswegen. “Das Internet gibt uns die Möglichkeit, viel mehr Leser zu erreichen”, sagt Blunden, der von Februar an für die Zeitschrift “Economist” arbeitet. 8 Millionen Menschen greifen im Monat auf ihren Internetauftritt zu – und während die größte Nachfrage für die gedruckte Ausgabe aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Kanada, Frankreich und Deutschland kommt, gehen online Platz vier und fünf nach Indien und China, obwohl auch mehr Franzosen und Deutsche die Inhalte im Internet lesen als gedruckt.

Bild zu: Nick Blunden: Optimist für ein Online-Geschäft - auch mit bezahlten Inhalten
Nick Blunden (Foto Archiv)

Im Gegensatz zu noch vor einem Jahr blickt Blunden jetzt optimistisch in eine digitale Zukunft, in der Verlage mit ihren Inhalten auch online Geld verdienen können. “Es ist sehr früh für den noch entwickelten Markt, aber wir sehen sehr viele vielversprechende Zeichen”, sagt er entspannt. Kein Wunder. Gerade hat der “Economist” verkündet, seine digitale Ausgabe mehr als 100 000 Mal verkauft zu haben. Das Betriebsergebnis stieg im ersten Halbjahr um 6 Prozent auf 26,2 Millionen Pfund, die Einnahmen nahmen um 4 Prozent auf 164,3 Millionen Pfund zu. Die Apps des “Economist” sind im Zeitraum von einem Jahr 3 Millionen Mal heruntergeladen worden. Mehr als 1 Million Menschen nutzen die Anwendung aktiv jeden Monat.

Hinter der Bezahlschranke geht’s weiter

Die meisten Inhalte auf Economist.com liegen hinter einer Bezahlschranke, die ähnlich jener der “New York Times” ist: Anonyme Nutzer erhalten 5 Artikel in der Woche kostenfrei, registrierte Nutzer 10 Artikel und jeder, der ein Abonnement hat, erhält jeden Artikel. “Wir wollen mit unseren Inhalten möglichst alle Menschen erreichen, die interessiert sind”, sagt Blunden. “Aber diejenigen, die viel lesen, sollen dafür bezahlen.”

Den Grund für die Zuversicht, damit auch Geld zu verdienen, sieht Nick Blunden auch im Vergleich zur Musikindustrie. Vor zehn Jahren hätte doch jeder gesagt, dass für digitale Musik nicht bezahlt werden, egal was auch geschehe. Und dann kam Apple mit iTunes und iPod daher, ein “schönes Gerät”, ein “schönes Portal”, ein “wertvolle Erlebnis”. Blunden glaubt, dass das auch für Inhalte gilt. “Das ist das, was wir versucht haben”, sagt er. “Wir versuchen eine wertvolle digitale Erfahrung zu schaffen.”

Zuvor hat Blunden mit IBM Consulting Unternehmen wie Apple und Pepsi beraten und war zuletzt für die Agentur Profero tätig, deren Geschäft in Großbritannien er leitete.

Blunden ist selbst in sozialen Netzwerken aktiv. Auf Facebook sieht er vor allem sein persönliches Leben behandelt – wenn es etwa um Sport, Wein oder Musik geht. LinkedIn ist klar das berufliche Profil des Verlagsmanagers. Und Twitter ist dazwischen. “Soziale Netzwerke sind kein Phänomen, das wieder verschwinden wird, sondern sie ändern die Art, wie wir Medien nutzen werden”, sagt Blunden.

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