Nutzer von Tabletcomputern wollen Geld für Apps der Verlage ausgeben. Das hat eine Verlagsstudie ergeben. Doch auch der Verzicht auf gedruckte Ausgaben droht.
Wer sich mit dem iPad digital informiert, ist meist bereit, dafür zu zahlen. 81 Prozent der Besitzer der Tabletcomputer von Apple wollen Geld für journalistische Inhalte ausgeben – im Durchschnitt 8,09 Euro im Monat. Das ergab die Tabletstudie “Was Nutzer wollen” des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger BDZV, für die 3300 Nutzer auf Internetseiten von Zeitungen befragt wurden. Auch wenn die Ausgabebereitschaft unter dem Preis der meisten gedruckten Tageszeitungen liegt, zeigt sich: Medienhäuser müssen es nicht abschreiben, ihre digitalen Leser bezahlen zu lassen. Auch unter denjenigen, die einen anderen Tabletcomputer haben, ist jeder Zweite bereit, Geld für journalistische Inhalte zu zahlen – deren durchschnittliche Ausgabebereitschaft liegt mit 8,54 Euro im Monat leicht über derjenigen der Apple-Kunden.
“Die Aussagen zeigen, dass Nutzer aller Altersklassen ein großes Interesse an hochwertigen Zeitungsangeboten auf den Tabletcomputern haben”, sagt Hans-Joachim Fuhrmann vom Zeitungsverlegerverband. An der Studie haben sich von Juni bis September 2011 acht Zeitungsverlage beteiligt: Axel Springer, WAZ-Gruppe, Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, Verlagsgruppe Rhein Main sowie jeweils die Verlage von “Nordkurier”, “General-Anzeiger”, “Rheinische Post” und “Schwäbische Zeitung”. “Die Ergebnisse sind ermutigend, denn sie belegen, dass Angebote auf Tabletcomputern für Zeitungsverlage in Zukunft ein beachtliches Potential haben werden”, schreibt Fuhrmann im Vorwort zur Studie gemeinsam mit Richard Rebmann, Geschäftsführer der Südwestdeutschen Medien Holding und BDZV-Vizepräsident.
Von den 3300 Befragten besitzen 12 Prozent ein iPad und 3 Prozent einen anderen Tabletcomputer. Da weitere 25 Prozent angaben, sich ein Gerät innerhalb eines Jahres anschaffen zu wollen, sehen die Autoren der Studie das Potential für digitale Anwendungen bei 40 Prozent. Fast zwei Drittel der angehenden Besitzer sagte, künftig Angebote der Verlage nutzen zu wollen.
Apple liegt vorn
Dass eine digitale Bezahlkultur entsteht, zeigte im vergangenen September auch eine Studie des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger VDZ, die sich auf Zeitschriften und das iPad beschränkte. Demnach zahlten 60 Prozent derjenigen, die digitale Zeitschriften auf dem iPad lasen, auch dafür. Das iPad ändert als Vorreiter unter den Tabletcomputern das mediale Nutzungsverhalten. Wer es hat, integriert es weitgehend in seinen Alltag.
Im Durchschnitt nutzen iPad-Besitzer es nach der BDZV-Untersuchung häufiger als Besitzer anderer Tabletcomputer (84 Prozent gegenüber 58 Prozent täglich), haben mehr Anwendungen installiert (42 gegenüber 16 Apps) und geben mehr Geld für Anwendungen aus (7,10 Euro gegenüber 4,91 Euro im Monat). Dass Besitzer anderer Tabletcomputer ihr Gerät seltener in die Hand nehmen und unterschiedliche Anwendungen nutzen, deutet darauf hin, dass die Apple-Konkurrenten mit der Attraktivität der Anwendungen und in der Bedienbarkeit hinterherhinken.
“Wenn eine Zeitungs-App gut gemacht ist, könnte ich auf eine gedruckte Zeitung verzichten”
Nach Angaben des BDZV boten Zeitungsverlage im November 90 Apps für das iPad an und 13 Apps für Tabletcomputer, die mit dem Betriebssystem Android laufen. Der Verband nimmt an, dass es im März mehr als 100 iPad-Apps und mehr als 20 Android-Apps gab. Mit weniger Angeboten auf Plattformen abseits des iPads ergeben sich für einen Verlag also immer noch Marktchancen, wenn dieser seine digitalen Ausgaben auch dort zum Laufen bringen will.
Mit ihren digitalen Anwendungen treten die Medienhäuser überdies in Konkurrenz zu ihren gedruckten Produkten. 55 Prozent der regelmäßigen Nutzer sehen eine Zeitungs-App zwar als “sinnvolle Ergänzung” zur Zeitung, dennoch benennen diese immerhin 21 Prozent als “echte Alternative”. Der Wandel ist da: “Wenn eine Zeitungs-App richtig gut gemacht ist, dann könnte ich leicht auf eine gedruckte Zeitung verzichten” – der Aussage stimmt eine Mehrheit von 53 Prozent der Besitzer eines Tabletcomputers zu. Andererseits sind 52 Prozent sehr an einem gemeinsamen Abonnement der gedruckten und digitalen Ausgabe interessiert. Nach Angaben der im September erschienenen VDZ-Studie sank die Nutzung gedruckter Zeitschriften nach dem iPad-Kauf um fast die Hälfte. Auch eine iPad-Studie von Axel Springer aus dem vergangenen Jahr lieferte als ein Ergebnis, dass sich drei Viertel der Nutzer von Tabletcomputern vorstellen können, künftig nur noch digitale Zeitungen und Zeitschriften zu lesen. Die Verschiebung zwischen den Mediengattungen dürfte ebenfalls nach Angaben der neuen Studie eher zuungunsten der gedruckten Zeitung gehen.
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