Die Sender strahlen ihr Programm auf immer mehr HD-Kanälen aus. Die meisten Fernsehgeräte sind darauf vorbereitet. Für die Zuschauer wird es schöner – aber meist auch teurer.
Die Flimmerkiste darf aus den Wohnzimmern der Republik verabschiedet werden. Statt grisselnder, sollen scharfe Bilder die Fernsehzukunft sein. Das versprechen jedenfalls die Sender und Netzbetreiber, die auf hochauflösende Kanäle setzen und diese ausbauen. Die Zunft schickt ihre Programme damit in besserer Qualität auf die Bildschirme in Deutschland. “Für uns ist es sehr positiv, dass mit den HD-Kanälen Inhalte und lineares Fernsehen wieder in den Vordergrund rücken”, sagt Marc Schröder, Geschäftsführer von RTL Interactive. Die hochauflösenden Programme seien ein großes Vermarktungsargument der Netzbetreiber. Das lohnt sich auch für die Programmanbieter: Für die bessere Qualität muss der Zuschauer nämlich meist zusätzlich zahlen.
HDTV: Vor Jahren auf Messen bestaunt, heute oft bunter Alltag (Foto dapd)
Die Fernsehbranche setzt mit High Definition Television, kurz: HD oder HDTV, auf ein neues Geschäft. Private Sender steigen mit ihren HD-Kanälen auf der einen Seite ins Bezahlfernsehen ein und erhalten auf der anderen Seite doch ihre für die Werbeeinnahmen wichtige Reichweite. Der Zuschauer muss nur für den Empfang der hochauflösenden Kanäle zahlen; zahlt er nichts, empfängt dieser das Programm weiter in bisheriger Qualität und bleibt als Zuschauer für die Werbekunden erhalten.
Wer das scharfe Bild haben will, muss zuerst einen HD-fähigen Fernseher erwerben. In Deutschland stehen bereits 39 Millionen Geräte, die die Bilder aus einer größeren Anzahl einzelner Bildpunkte zusammenbauen – Tendenz steigend. Die Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik GFU schätzt, dass in diesem Jahr 9 Millionen integrierte Geräte und 3,5 Millionen Set-Top-Boxen hinzukommen. Die sportlichen Großereignisse Fußball-Weltmeisterschaft und Olympische Sommerspiele sorgen oftmals dafür, dass anstelle der alten Flimmerkiste ein hochauflösender Flachbildschirm ins Haus kommt. Und fast jeder Fernseher, der in Deutschland gekauft wird, sei HDTV-fähig.
Für die privaten HD-Sender muss extra gezahlt werden
“Durch die starke Verbreitung von HDTV-fähigen Fernsehern schlummert eine Nachfrage nach entsprechenden Sendungen, die sich langsam, aber sicher Bahn bricht”, sagt Marc Fischer von RTL, der als Mitglied der Geschäftsleitung der Mediengruppe für die strategische Unternehmensentwicklung verantwortlich ist. Die hochauflösenden Programme der RTL-Gruppe erreichen nach deren Angaben mindestens 2,9 Millionen Haushalte über die Netzbetreiber, die jedoch nicht alle Nutzerzahlen ausweisen. Die Betreiber zahlen für die privaten HD-Kanäle extra an die Fernsehsender.
Der Fernsehzuschauer kann die HD-Kanäle via Satellit, Internet oder Kabel empfangen. Die öffentlich-rechtlichen Sender sind in der Regel frei zu empfangen, für die HD-Sender der privaten Anbieter muss der Sender bei den meisten Betreibern zusätzlich zahlen – wie auch generell für die zahlreichen HD-Kanäle im Bezahlfernsehen. Einen hohen Anteil am HD-Geschäft ist dem Satellitenbetreiber Astra zuzurechnen, der derzeit 56 HD-Sender, darunter zahlreiche aus dem Bezahlfernsehen, verbreitet.
“Das Kundenwachstum liegt deutlich über unseren Erwartungen”
Vor zweieinhalb Jahren startete Astra sein hochauflösendes Angebot HD+, das aktuell 14 private HD-Kanäle kostenpflichtig ausstrahlt. 2,6 Millionen Haushalte nutzen das inzwischen; da der Satellitenbetreiber dafür erst nach einem Jahr eine Serviceentgelt verlangt, zahlen derzeit für die HD-Kanäle der RTL-Gruppe, von Pro Sieben Sat1 und anderen nur 500 000 Kunden, aber immerhin 400 000 mehr als ein Jahr zuvor. “Das Kundenwachstum liegt deutlich über unseren Erwartungen”, sagt Wilfried Urner, Geschäftsführer von HD Plus, dieser Zeitung. Er erwartet, dass die Sender ihre HD-Angebote mit Sport und Musik ausweiten werden. “HD wird das Fernsehen verändern”, ist er sich sicher.
Für Kabel Deutschland werden hochauflösendes und zeitversetztes Fernsehen die Wachstums- und Innovationstreiber im Fernsehgeschäft sein. 500 000 Kunden des Kabelanbieters sehen die privaten HD-Sender, hinzu kommen HD-Pay-Abonnenten. Insgesamt hat der Netzbetreiber damit 1 Million HD-Seher. Jeder neue Kunde erhält automatisch einen HD-Kabelanschluss und sieht somit hochauflösend Fernsehen. Kabel Deutschland richtet das Fernsehgeschäft komplett auf HDTV aus. Im Herbst soll das Angebot von 27 auf 34 HD-Sender steigen. Die Kabelanbieter Unitymedia und KabelBW kommen auf 31 HD-Kanäle und Telecolumbus auf 40 HD-Kanäle. Zur Höhe des HD-Anteils am Gesamtgeschäft machen die Sender und Netzbetreiber keine Angaben. Vodafone hat 29 HD-Sender und 110 000 Kunden, das ist jeder zweite Kunde. Die Telekom kommt auf 45 HD-Sender und 150 000 HD-Kunden und will das Angebot konsequent ausbauen.
RTL startet weiteren HD-Kanal
Bald können die Netzbetreiber mit dem Spartensender RTL Nitro einen weiteren Kanal der RTL-Gruppe ausstrahlen, die bislang die Sender RTL, Vox, RTL II und Super RTL sowie das Pay-TV-Programm RTL Crime hochauflösend anbietet. “Wir bieten RTL Nitro allen Netzbetreibern auch in HD-Qualität an, in den ersten Netzen startet die Verbreitung bereits im September”, sagt Schröder.
Auch die öffentlich-rechtlichen Sender expandieren fleißig und strahlen von 2014 an noch sechs weitere HD-Sender aus, darunter Spartenkanäle wie Einsfestival und EinsPlus. Der Zuschauer kommt hierfür mit den Zwangsgebühren auf – und im Gegensatz zu den privaten Sendern muss auch derjenige für die HD-Kanäle zahlen, der selbst keine dazu fähigen Geräte besitzt und das bessere Bild sieht. Für die privaten Sender ist das öffentlich-rechtliche Angebot eine Konkurrenz im wichtigen HD-Markt. Das hochauflösende Programm von ARD und ZDF bietet jedoch auch den Anreiz für Gebührenzahler, sich HD-fähige Geräte anzuschaffen. Und wer einen solchen Fernseher hat, könnte leichter geneigt sein, auch die privaten Sender in HD-Qualität sehen zu wollen – wenn er denn dafür noch mal zahlt.
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<p>Auch wenn die Privaten noch...
Auch wenn die Privaten noch so rühmen dass sie doll verdienen: Die langfristige Zukunft liegt nicht im fixen Programm sondern im individuellen Abruf, und der wird im Internet stattfinden!