Die SPD erhält zusätzliche Millioneneinnahmen. Die Medienholding der Partei, die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG), hat ihre Anteile am Zeitungsverlag Westfalen an die WAZ-Mediengruppe verkauft. An dem Unternehmen, das vor allem die „Westfälische Rundschau“ herausgibt, hielt die DDVG bislang 13,1 Prozent. Die WAZ-Gruppe, die die restlichen Anteile hält, zahlt nach Informationen dieser Zeitung dafür 16 Millionen Euro. Aus Branchenkreisen heißt es, dass die Partei Geld für den Wahlkampf brauche.
Die „Westfälische Rundschau“ kam zuletzt auf eine Auflage von etwa 115000 verkauften Exemplaren. Zusammen mit der „Westdeutschen Allgemeine Zeitung“ (WAZ), „Neuen Ruhr“ / „Neuen Rhein-Zeitung“ und „Westfalenpost“ erreichen die vier nordrhein-westfälischen Tageszeitungen der WAZ-Gruppe eine Auflage von 700000 verkauften Exemplaren. Im Januar hatte die WAZ-Gruppe die Redaktion der „Westfälischen Rundschau“ geschlossen und 120 Redakteure entlassen, da die Tageszeitung seit längerem defizitär war, im vergangenen Jahr einen Verlust von 7 Millionen Euro machte und zudem fast ein Zehntel der Abonnenten verlor. Die Inhalte für die Tageszeitung liefern nun andere Redaktionen des Essener Medienkonzerns sowie im Lokalbereich auch Konkurrenten wie der Verlag Lensing-Wolff („Ruhr Nachrichten“) und der Verlag Rubens („Hellweger Anzeiger“).
Streit um “seelenlose Redaktionsklempnerei“
Die DDVG hatte diese Entscheidung scharf kritisiert und angekündigt, eine Klage dagegen zu prüfen. Die SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks sprach vom „Eindruck einer seelenlosen Redaktionsklempnerei“. Diesen Schritt nannte die DDVG auch am Wochenende als Grund für den Rückzug.
„Nachdem die WAZ Anfang des Jahres im Alleingang und somit ohne Kenntnis der DDVG die Redaktion der „Westfälischen Rundschau“ aufgelöst hat, war eine Basis für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit von DDVG und WAZ nicht mehr gegeben“, teilte die Geschäftsführung der Parteigesellschaft mit. „Wir bedauern sehr, dass es nicht gelungen ist, die Westfälische Rundschau als starken nordrhein-westfälischen Titel mit eigener Redaktion zu erhalten.“
SPD weiter an zahlreichen Zeitungen beteiligt
Die SPD-Medienholding räumt mit dem Anteilsverkauf weiter bei ihren Medienbeteiligungen auf. So war Ende des vergangenen Jahres die „Frankfurter Rundschau“ in die Insolvenz gegangen, an der die SPD-Beteiligungsgesellschaft einen Anteil von 40 Prozent hielt und die inzwischen in der Verlagsgruppe dieser Zeitung erscheint. Mehrheitseigner war der Kölner Verlag M. DuMont Schauberg.
Die SPD-Holding ist an zahlreichen Druckereien sowie Zeitungen in Deutschland beteiligt: unter anderem mit 57,5 Prozent an der „Neuen Westfälischen“, mit 40 Prozent an der „Sächsischen Zeitung“ und mit 23,1 Prozent am Madsack-Verlag („Hannoversche Allgemeine“, „Leipziger Volkszeitung“, „Kieler Nachrichten“).
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