Nicht alles in der Regenbogenpresse steht auf dem Boden der Tatsachen. Ende Oktober etwa die „Schöne Woche“ fragte über zwei Fernsehschauspieler: „Warum verheimlichen Sie Ihr privates Glück?“ Die Antwort gab die Zeitschrift erst später mit einer Richtigstellung auf Ihrer Titelseite: Zwischen beiden gibt es keine private Beziehung und somit auch nichts zu verheimlichen. Die „Freizeitwoche“ teilte zur gleichen Zeit mit, dass der Volksmusikbarde Heino alle Termine abgesagt habe, um später in einer Gegendarstellung festzuhalten, dass dieser nicht alle Termine abgesagt habe. Und im September hatte der Presserat „Das neue Blatt“ gerügt, weil diese dem Volkstrompeter Stefan Mross einen „Alkoholschock“ attestierte, ohne ihn zu belegen.

Diese vermeintlichen Meldungen standen in Publikationen des Hamburger Bauer-Verlages, der dieses Jahr 2,4 Milliarden Euro umsetzen will – aber mit den seichten Klatschzeitschriften nicht den besten Ruf genießt. Verlegerin Yvonne Bauer attestierte ihren Mitarbeiter hingegen im Gespräch mit dieser Zeitung vor einem Monat, verantwortungsvoll zu arbeiten. „Faktencheck ist bei uns, wie überall in der Branche, journalistischer Alltag“, sagte sie.
“Wir lassen uns nicht auf teure Vergleiche ein, nur um Ruhe zu haben“
Da wollte sie auch dem amerikanischen Schauspieler Tom Cruise noch nicht Recht geben. Dieser klagte in den Vereinigten Staaten gegen die Bauer-Titel „In Touch“ und „Life & Style“, da diese seine Privatsphäre verletzt hätten. Er verlangte 50 Millionen Dollar Schadensersatz (37 Millionen Euro), weil die Bauer-Zeitschriften geschrieben hätten, dass er seine damals sechsjährige Tochter “verlassen” hätte. Yvonne Bauer sagte, dass die Redaktionen ihrer People-Magazine in den Vereinigten Staaten gemäß „anerkannter journalistischer Richtlinien“ arbeiten. Das werde Bauer auch im Gerichtsverfahren nachweisen.
Doch dazu kommt es nicht. Tom Cruise lässt seine Klage fallen, da sich beide Parteien außergerichtlich geeinigt haben. Zu den Konditionen haben sie Stillschweigen vereinbart. Ihre Anwälte soll jede Seite selbst zahlen. Der Anwalt von Cruise sagte, dass Bauer anerkannt habe, mit der Berichterstattung nie die Intention verknüpft gewesen sei, diesen als schlechten Vater darzustellen.

Im jüngsten Gespräch wies Bauer noch einen außergerichtlichen Vergleich zurück. „Wir warten jetzt erst mal ab, wie sich das Verfahren entwickelt. Tom Cruise ist sehr klagefreudig. Im Gegensatz zu anderen Verlagen scheuen wir uns nicht, unsere Position klar zu vertreten und durchzufechten. Wir lassen uns nicht auf teure Vergleiche ein, nur um Ruhe zu haben.“ Doch das ist nun überholt. Zu einem Verfahren kommt es nicht mehr.
„Ich werde also benutzt, um Leute reinzulegen…”
Zum Bauer-Reich gehören hierzulande „Freizeitrevuewoche“, „TV14“ und „Bravo“. Einen großen Teil des Umsatzes macht der Hamburger Konzern mit 600 Zeitschriften inzwischen im Ausland wie in den Vereinigten Staaten und Großbritannien. Zuletzt expandierte Bauer nach Australien und kaufte dort zahlreiche Zeitschriften zu. Zu dem Gewinn schweigt das Medienunternehmen traditionell.
In Deutschland fechten immer wieder Prominente gegen die Klatschpresse und deren Berichterstattung. Der Fernsehmoderator Günther Jauch ärgert sich etwa darüber, dass in der Regenbogenpresse in der Schlagzeile etwas versprochen wird, dass, im Inneren nicht gehalten wird – auch über ihn. „Zu dem Zeitpunkt hat die Oma dann aber schon 1,50 Euro oder noch mehr ausgegeben“, sagte er dem Blog „Topfvollgold“. „Ich werde also benutzt, um Leute reinzulegen und gleichzeitig das Vermögen von denjenigen, die diesen Dreck produzieren, noch zu vermehren…“ Die Macher von „Topfvollgold“ finden regelmäßig Fehler in der Klatschpresse wie auch die anfangs genannten Schlagzeilen über Liebe, Absagen und Alkohol. In diesem Metier ist nicht nur Bauer beheimatet, sondern auch andere deutsche Großverlage wie Burda und Funke. Für Verlegerin Yvonne Bauer war das Blog neulich noch Neuland.
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