Die Angriffe des Bauer-Verlages auf den Zeitschriftenvertrieb gleichen fast einer unendlichen Geschichte. Am Mittwoch kommt es zum nächsten, vielleicht richtungsweisenden Kapital, wenn das Oberlandesgericht Düsseldorf sein Urteil spricht. Wenn sich Bauer durchsetzt, fürchten viele weniger Publikationen am Kiosk. „Die Leidtragenden sind die kleinen und mittelständischen Verlage mit ihren Titel und damit die Pressevielfalt in unserem Land“, sagt Kai Christian Albrecht, Geschäftsführer des Verbandes der Pressegroßhändler, dieser Zeitung. Bauer hat den Verband verklagt und in erster Instanz Recht bekommen.
Bauer will einzelne Vereinbarungen mit den Pressegroßhändler abschließen, die als neutrale Dienstleister der Verlage deren Publikationen an den Kiosk liefern. Der Verlag sieht sich im Recht und begründet dies damit, für mehr Wettbewerb zu sorgen. Der Grosso-Verband denkt hingegen, dass dadurch nicht mehr alle Marktteilnehmer gleichbehandelt werden. „Ohne transparente Branchenvereinbarungen entsteht ein Wildwuchs, der nur den marktstarken Playern nützt“, sagt Albrecht. „Wir befürchten, dass der diskriminierungsfreie Vertrieb ausgehebelt wird und dann nicht mehr alle Publikationen zu vergleichbaren Bedingungen in den Markt kommen.“ Bisher verhandelt der Grosso-Verband zentral die Lieferkonditionen; das sichert gleiche Bedingungen für alle Marktteilnehmer. Mit Ausnahme von Bauer hat kein Verlag den Branchenkonsens zum Pressevertriebsnetz verlassen, den alle Beteiligten über Jahrzehnte gemeinsam gebildet haben.
Die Politik hatte sich parteiübergreifend für den Erhalt des Vertriebsnetzes verständigt und dies gesetzlich geregelt. Die Frage ist, ob das dem Gericht reicht. Prozessbeobachter halten den Ausgang für offen. “Wir alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, damit nicht nur die Politik die Branchenvereinbarungen im Pressevertrieb akzeptiert, sondern auch die Gerichte“, kündigt Albrecht an.
Nachtrag, 29. Januar: Die Urteilsbekanntgabe hat das Gericht am Dienstag auf den 26. Februar verlegt.
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