Medienwirtschaft

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Vielfalt statt Diktat: Pressegroßhändler wehren sich gegen Bauer-Verlag

Die Pressegroßhändler starten die rechtliche Abwehr der Attacken des Bauer-Verlages. Auch die Politik schaut wieder auf den Konflikt im Zeitschriftenvertrieb.

Für den deutschen Pressevertrieb geht es um alles. Im Rechtsstreit mit dem Bauer-Verlag wenden sich die Pressegroßhändler jetzt an die höchste Instanz: Der Grosso-Verband hat Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesgerichtshof beantragt. Das ist die letzte Möglichkeit, um das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu kippen. Das Gericht hatte im Februar entschieden, dass die Vereinigung der deutschen Pressegroßhändler nicht länger einheitliche Konditionen für den Pressevertrieb aushandeln darf, nach denen die 60 Großhändler bisher die Zeitschriften der Verlage an 120.000 Einzelhändler liefern.

„Es gibt gute Gründe, dass man die Beschwerde genehmigt und es zu einer Revision kommt“, sagte Kai-Christian Albrecht, Geschäftsführer des Grosso-Verbandes, dieser Zeitung. „Es handelt sich um ein übergeordnetes Thema von allgemeinem Interesse.“ Das Oberlandesgericht hat sich als erstes Gericht mit dem neuen Wettbewerbsrecht (GWB) befasst.

© jch.Streit um den Zeitschriftenvertrieb: Wer bestimmt den Platz im Presseregal?

Wenn das Urteil bestehen bleibt, wären die Folgen für den Pressevertrieb weitreichend: Große Verlage können dann stärker eigene Interessen durchsetzen, für kleine und mittlere Verlage würde es dagegen schwerer, mit ihren Zeitschriften an den Kiosk zu kommen.

Nach Informationen dieser Zeitung steht die Bundesregierung im Austausch mit den Pressegroßhändlern. Denn Berlin wollte mit dem neuem Wettbewerbsgesetz, der im vergangenen Sommer verabschiedeten GWB-Novelle, gerade das Pressevertriebsnetz erhalten, das unter den Angriffen Bauers leidet. Das ist der Konsens unter allen Parteien. Jetzt prüfen sie die Urteilsbegründung, in der steht, dass das zentrale Verhandlungsmandat nicht für einen flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertrieb nötig sei. Das Gericht sieht die Pressegroßhändler nicht als durch das Wettbewerbsgesetz betroffen an – anders als der Gesetzgeber dies gemeint hat.

Damit ist die Politik wieder am Zug, das System zu sichern, wenn sie die Pressevielfalt am Kiosk erhalten möchte. „Im Koalitionsvertrag haben wir uns eindeutig zum Presse-Grosso-Vertriebssystem bekannt, weil es vielfaltsichernd ist“, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Dörmann. Der medienpolitische Sprecher seiner Fraktion hofft darauf, dass die Großhändler doch noch vor Gericht recht bekommen.

Marc Jan Eumann, Vorsitzender der SPD-Medienkommission, sieht Handlungsbedarf. „Den Grossisten werden durch die zu erwartenden Mindereinnahmen bei den großen Verlagen die Mittel für den Vertrieb der Produkte vor allem von kleineren und mittleren Verlagen fehlen. In Frage steht damit auch die von vielen Lesern geschätzte Angebotsvielfalt am Kiosk.“ Die Gefahr ist klar, wie der Streit ausgehen wird, ist es noch nicht.

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