In Ungarn macht RTL wegen einer hohen Werbesteuer Verlust. Jetzt baut der Konzern die dortige Geschäftsführung um und will später einen Ungarn an die Spitze stellen.
Die RTL Group wechselt die Geschäftsführung in Ungarn aus. Dort belastet eine neue Werbesteuer das Geschäft stark und sorgte für Auseinandersetzungen mit der Regierung. Darum kümmert sich ab sofort Andreas Rudas als vorübergehender Vorstandsvorsitzender von RTL Ungarn, der weiter für die Tätigkeiten in Südosteuropa und Asien der größten privaten Fernsehkette Europas zuständig bleibt. Der bisherige Vorstandsvorsitzende in Ungarn, Dirk Gerkens, hat eine Führungsrolle im Konzern angeboten bekommen, wie die RTL Group am Dienstagabend mitteilte und in einem Teil der Auflage der Mittwochsausgabe dieser Zeitung stand. Gerkens scheint mit seiner Ablösung nicht einverstanden zu sein. Dem Vernehmen nach hat er bislang nicht den Willen bekundet, das Angebot anzunehmen.
RTL plant nun, ein Mitglied der ungarischen Führungsgruppe an die Spitze der dortigen Gesellschaft zu setzen. Damit sollen die Beziehungen mit der ungarischen Gesellschaft ausgebaut werden, wie das Unternehmen mitteilte, das mehrheitlich dem Medienkonzern Bertelsmann gehört. „Es steckt die Idee dahinter, dass die lokale Mannschaft gestärkt wird und jemand aus Ungarn dort auch die Geschäfte führt“, sagte ein Sprecher des Konzerns mit Sitz in Luxemburg am Mittwoch.
Das Fernsehgeschäft in Ungarn läuft schlecht. Im vergangenen Jahr kam es in Ungarn zu einem operativen Verlust von 1 Millionen Euro (Ebita). Das lag vor allem an der neuen Werbesteuer in Höhe von bis zu 50 Prozent, die die Regierung Orbán einführte und am stärksten RTL traf. Das Ergebnis der Gruppe wurde dadurch im vergangenen Jahr mit 101 Millionen Euro belastet. Der Großteil davon sind mit 77 Millionen Euro Abschreibungen auf Firmenwerte.
Die RTL Group hatte gegen die Steuer Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingelegt und beklagt diese als schlechtes Zeichen für ausländische Investoren. Die Regierung plant eine geringere Belastung; wie diese aussieht, ist bisher nicht klar. Die RTL Group und die ungarische Regierung hatten in den vergangenen Monaten öfter über die Werbesteuer gesprochen. In ungarischen Medien gab es Spekulationen über Absprachen zwischen beiden Seiten. Demnach sei es dabei auch um die Ablösung des ungarischen Vorstandsvorsitzenden gegangen.
Nach Informationen dieser Zeitung hat RTL in den Gesprächen signalisiert, die Unternehmensführung in Ungarn mittelfristig zu lokalisieren. Dies soll jedoch von Seiten der Regierung keine Bedingung für eine Änderung der Werbesteuer gewesen sein. Nun geschieht der Wechsel an der Spitze in Ungarn. RTL legt Wert darauf, dass die Regierung nicht über die ungarische Geschäftsführung entscheidet. Ein Sprecher betont, dass nicht der Chefredakteur wechselt und die Berichterstattung unabhängig bleibt. In Unternehmenskreisen wird erwartet, dass die ungarische Regierung es begrüßen dürfte, wenn ein ungarischer Staatsbürger dort die Geschäfte führt.

RTL-Manager Gerkens arbeitete seit 2001 als Vorstandsvorsitzender von RTL Ungarn. Zuletzt soll er bedroht worden sein und seine Familie außer Landes gebracht haben. „Wie Sie alle wissen, waren die vergangenen Monate sehr schwer für uns alle – aber gemeinsam haben es Dirk und die gesamte Mannschaft von RTL Ungarn geschafft, unser Unternehmen auf dem richtigen Weg zu halten“, schrieb der neue Ungarnchef Rudas am Dienstag an die Mitarbeiter. „Nach vielen Jahren an der Spitze von RTL Ungarn, glaubte die RTL Group, dass es der richtige Zeitpunkt ist, um ihm ein Angebot über eine mögliche Führungsrolle innerhalb der RTL Group zu machen.“ Rudas wechselte 2009 zur RTL-Gruppe. Zuvor hatte er für die WAZ-Mediengruppe (heute Funke) die Geschäfte in Südosteuropa geleitet. Auch arbeitete er in Österreich für den öffentlich-rechtlichen Sender ORF und war unter anderem als Bundesgeschäftsführer der österreichischen Sozialdemokraten in der Politik aktiv. Er spricht ungarisch.
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