Medienwirtschaft

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Zeitschriften, Fernsehen, Internet: Wie sich die Welt der Medien dreht

Nikkei kauft „Financial Times“ für 1,2 Milliarden Euro: Axel Springer erwirbt die Zeitung nicht

Springer wird auf der Zielgerade noch überholt: Der japanische Konzern Nikkei kauft die britische Wirtschaftszeitung. Der Preis ist hoch.

Der japanische Medienkonzern Nikkei Inc. gibt künftig die britische Wirtschaftszeitung „Financial Times“ heraus. Das Unternehmen vereinbarte mit dem bisherigen Eigner Pearson einen Kaufpreis von 844 Millionen Pfund (etwa 1,2 Milliarden Euro) für die Unternehmensgruppe, der in bar zu zahlen ist. Das Geschäft umfasst nicht das Londoner Grundstück und eine Beteiligung von 50 Prozent an der Zeitschrift „The Economist“. Die Transaktion soll voraussichtlich im vierten Quartal dieses Jahres erfolgen. Mehrere Aufsichtsbehörden müssen dem Geschäft noch zustimmen. Pearson-Vorstandsvorsitzender John Fallon begründet den Verkauf damit, dass durch den Anstieg der mobilen Internetnutzung und der sozialen Medien ein Wendepunkt im Mediengeschäft erreicht sei. Er hält es für positiv, dass die Zeitung jetzt Teil eines globalen Nachrichtenunternehmens wird.

Der Nikkei-Konzern gibt in Japan die gleichnamige Wirtschaftszeitung mit 3 Millionen Lesern heraus und zählt zu den größten Medienunternehmen in Asien. Das Unternehmen hat in den Verkaufsgesprächen offenbar das deutsche Medienunternehmen Axel Springer SE („Bild“, „Welt“) ausgestochen, das nach Medienberichten ebenfalls interessiert war. „Pearson in Gesprächen mit Axel Springer über Verkauf der FT-Gruppe“, lautete noch am Donnerstagnachmittag die Schlagzeile auf der Internetseite der „Financial Times“, die damit in eigener Sache berichtete.

Kurz nach 16 Uhr teilte Springer mit: „Anlässlich der Medienberichte vom heutigen Tag weist die Axel Springer SE Spekulationen über einen Erwerb der Financial Times-Gruppe zurück und stellt fest, dass die Axel Springer SE die Financial Times-Gruppe nicht erwerben wird.“ Der Aktienkurs von Springer sank am Donnerstag im Tagesverlauf etwas, erholte sich aber nach der Mitteilung von Springer schnell. Am Ende stand ein leichtes Minus von 0,07 Prozent.

Im Jahr 2004 war Springer schon einmal mit einem möglichen Zukauf in Großbritannien nicht zum Zug gekommen. Damals soll das Unternehmen 825 Millionen Euro für den Londoner Telegraph-Verlag geboten haben, was in der Auktion nicht ausreichte. Zu der Zeit gab es in der britischen Verlegerszene sowie in der Londoner Politik starke Ressentiments gegen einen Käufer aus Deutschland.

Investoren hatten schon öfter darauf gedrängt, dass Pearson die Wirtschaftszeitung verkauft und sich auf das Kerngeschäft mit Schulbuch- und Bildungsmaterialien konzentriert. Die frühere Pearson-Chefin Marjorie Scardino hat jedoch einen Verkauf stets abgelehnt. „Nur über meine Leiche“, sagte sie einmal. Im Jahr 2013 löste John Fallon sie an der Unternehmensspitze ab. Er hatte sich in dieser Deutlichkeit nicht geäußert, sagte aber, dass die „Financial Times“ integraler Bestandteil sei.

Pearson kann sich nun stärker dem Bildungsgeschäft widmen. Die Lehrmittelsparte leidet unter einer geringeren Zahl der Hochschulbesucher in den Vereinigten Staaten und dem sinkenden Verkauf von Lehrbüchern. Das Unternehmen hat dieses Jahr auch mehrere Verträge mit Hochschulen und anderen Institutionen in Amerika verloren. Seit März ist der Aktienkurs von Pearson um etwa 20 Prozent gefallen. Am Donnerstag stieg er um mehr als 2 Prozent. Die Verkaufsüberlegungen waren schon am Montag publik geworden.

Am Freitag wird Pearson die Geschäftszahlen für das erste Halbjahr bekanntgeben. Anfang des Jahres hat Fallon einen höheren Gewinn und eine steigende Dividende in Aussicht gestellt. Pearson kam im vergangenen Jahr auf einen Umsatz von umgerechnet fast 7 Milliarden Euro und ein bereinigtes operatives Ergebnis von etwa 1 Milliarde Euro. Die FT-Gruppe trug etwa 473 Millionen Euro zum Umsatz und etwa 34 Millionen Euro zum bereinigten operativen Gewinn bei. Am 30. Juni hatte die Gruppe ein Bruttovermögen von etwa 355 Millionen Euro. Die gedruckte und digitale Auflage der „Financial Times“ beträgt nach Unternehmensangaben 737000 Exemplare. Die Zahl der Digitalabonnenten erreicht 70 Prozent der Auflage. In Deutschland wird die Wirtschaftszeitung über eine Vertriebsgesellschaft der Axel Springer SE vertrieben.

Die „Financial Times“ wurde 1888 gegründet. Seit dem Jahr 1957 gehört sie zu Pearson. Die Unternehmensgruppe umfasst neben der Beteiligung an der Zeitschrift „The Economist“ auch ein Gemeinschaftsunternehmen in Russland mit dem Blatt „Wedomosti“. 2008 zog sich Pearson aus der „Financial Times Deutschland“ zurück, einem Gemeinschaftsprojekt für den deutschsprachigen Markt mit dem Hamburger Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr. Dieser stellte die Wirtschaftszeitung im Jahr 2012 ein. Im Jahr 2007 hatte Pearson schon die französische Finanzzeitung „Les Echos“ an den Luxusgüterkonzern LVMH verkauft.

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