Medienwirtschaft

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Zeitschriften, Fernsehen, Internet: Wie sich die Welt der Medien dreht

Zusammen gegen Google: Verleger probieren mehr Zeitschriften aus

Die Zeitschriftenverlage setzen gegen die Werbemacht von Google auf gemeinsame Werbevermarktungen. Dafür fordern sie allerdings die Hilfe der Politik.

###© jch.Blätterrauschen

Die Zeitschriftenverleger stellen sich auf sinkende Auflagen ihrer Titel ein. Auffangen wollen sie das mit mehr Neuerscheinungen und verstärkten Kooperationen untereinander. Manfred Braun, Geschäftsführer der Essener Funke-Mediengruppe, spürt genug Luft für das Zeitschriftengeschäft in den nächsten Jahren. „Wahrscheinlich werden die Auflagenhöhen kleiner werden“, sagte er dieser Zeitung. Verkaufszahlen von 1 Million Exemplaren werde eine Zeitschrift kaum mehr erreichen. Stattdessen reichten 300 000 Exemplare. „Davon werden wir gut leben können“, sagte Braun am Rande des Jahreskongresses des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), zu dem am Montag und Dienstag 700 Zeitschriftenvertreter nach Berlin gekommen waren. Die 450 Mitgliedsverlage des Verbandes geben mehr als 5000 Publikums- und Fachzeitschriften heraus. Zur Funke-Mediengruppe gehören unter anderen die Frauenzeitschrift „Neue Welt”, das Fernsehmagazin „Hörzu“ und die Zeitung „Hamburger Abendblatt“.

Die Verleger setzen auf Zusammenarbeit. „Der Krieg der Medien ist vorbei“, sagte Julia Jäkel, Vorstandsvorsitzende des Hamburger Zeitschriftenhauses Gruner+Jahr („Stern“, „Geo“), auf dem Kongress. Ihr geht es um Vernetzung und ein stärkeres Miteinander. Als Konkurrenten nimmt die Branche hingegen amerikanische Internetunternehmen wie Google und Facebook wahr. Philipp Welte, Vorstand des Münchner Hubert-Burda-Verlages („Bunte“, „Focus“), rechnete vor, dass die Werbeumsätze der deutschen Zeitschriften dieses Jahr etwa 1,3 Milliarden Euro ausmachen, während Google hierzulande mehr als 3 Milliarden Euro umsetzen wird. „Wir stecken in einem fundamentalen Wandel des Werbemarktes“, sagte er.

Durch das Internet und mit neuen digitalen Diensten sind den Verlegern zusätzliche Wettbewerber um Aufmerksamkeit und Anzeigen entstanden. Welte begründet damit seine Forderungen nach Hilfe durch die Politik: „Soll Europa im Rahmen einer Art digitalem Morgenthau-Plan zur landwirtschaftlichen Nutzfläche für die amerikanische Technikindustrie werden?“ Er sieht die deutschen Medienunternehmen durch das hiesige Kartellrecht benachteiligt. Die Verlage müssten stärker zusammenarbeiten, um Kosten zu senken. Als Felder dafür führt er den Vertrieb, die Marktforschung und besonders die Vermarktung der Werbeflächen an. VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer sieht die Werbemacht der amerikanischen Internetunternehmen noch deutlich zulegen. „Die digitalen Werbeausgaben auf der Welt werden in den nächsten fünf Jahren zu 75 Prozent bei Google, Facebook, Amazon und Yahoo sein“, sagte er.

Die Bundesregierung bereitet schon ein Gesetzesvorhaben vor, um den Verlagen Kooperationen im Anzeigenverkauf zu erleichtern. Das kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Eröffnung des Kongresses an. Der Verleger und VDZ-Präsident Hubert Burda forderte von ihr gerechte Rahmenbedingungen für die Verlage im internationalen Wettbewerb und eben Erleichterungen für Kooperationen. „Wir brauchen keine Subventionen und kein Mäzenatentum“, sagte er. Das Bundeswirtschaftsministerium unter Sigmar Gabriel (SPD) arbeite daran, den Verlagen die Zusammenarbeit zu erleichtern, heißt es.

Der frühere Verfassungsrichter Udo di Fabio bestärkte die Regierung vor den Zeitschriftenverlegern darin, den Verlagen das Kartellrecht zu erleichtern. „Wir können heute nicht mehr so tun, als hätten wir in Deutschland einen nationalen Medienmarkt“, sagte er. Das verfehle die Wirklichkeit einer globalen Welt. Die Politik müsse es tolerieren, wenn sich die Verlage gegen Google zusammenschließen.

Für Funke-Manager Braun geht der Geschäftsweg mit und durch neue Titel weiter. „Sparaktionen lösen nicht die Probleme, aber sie geben uns Zeit, damit wir uns wieder aufstellen können“, sagte er vor den Verlegern. Die Zeitschriften müssen spezieller werden und engere Zielgruppen genau ansprechen. Er führt dafür einen Neuling ein, der diese Woche erstmals erscheinen wird und sowohl Wissensmagazin als auch Fernsehprogramm darstellt.

Die Verlage versuchen rückläufige Auflagen ihrer Zeitschriften durch neue Titel abzuschwächen. Jeden Monat geben die Deutschen etwa 270 Millionen Euro für Publikumszeitschriften aus. Auch Julia Jäkel lobte die neuen Titel. Von der Erstausgabe des neuen Frauenmagazins „Barbara“ habe der Verlag gerade zusätzlich 50 000 Exemplare gedruckt, hob sie hervor, ohne Verkaufszahlen zu nennen.

Springer kündigte am Dienstag die nächste Zusammenarbeit an: Das Unternehmen will mit Viacom International Media Networks (VIMN) Northern Europe ein Gemeinschaftsunternehmen gründen, das die Fernseh- und Bewegtbildvermarktung in Deutschland übernehmen soll. Beide Seiten haben die Verträge unter dem Vorbehalt der Kartellfreigabe schon unterzeichnet. Dies umfasst die Werbung für die Fernsehsender Comedy Central, MTV, N24, Nickelodeon und Viva. Mit der Funke-Mediengruppe betreibt Springer seit diesem Sommer auch ein Gemeinschaftsunternehmen und verkauft damit Anzeigen für beide Titel.

 

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