Für den Privatsender RTL und seinen Programmchef Frank Hoffmann lief es am Jahresanfang wieder besser. Dazu hat leichte Unterhaltung aus Australien beigetragen. Was kommt jetzt?

Der Start in den Tag beginnt für Fernsehmacher oft genug mit dem Blick in die Vergangenheit. In diesen Tagen durfte sich Frank Hoffmann dabei wieder freuen, wenn vormittags die Einschaltquoten des Vortags eintrudelten. Dann konnte sich der Programmgeschäftsführer des größten deutschen Privatsenders RTL ausgiebig über das Dschungelcamp erheitern, das unter dem Ausruf „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ jüngst im Spätprogramm des Senders lief, wenn kaum bekannte Menschen im australischen Fernsehdickicht vordergründig um Essensrationen ringen. Mehr Menschen als im Vorjahr verfolgten diese Dschungelgeschichten. Das Finale sahen 8,6 Millionen Zuschauer, womit jeder Dritte vor dem Fernsehschirm RTL einschaltete. Damit kann sich Hoffmann bestätigt sehen, der seit fast genau drei Jahren als Geschäftsführer für das Programm den privaten Marktführer an der Spitze halten muss. Einen Erfolg nach Zahlen hatte der Kölner Sender auch gebraucht.
Die Zeiten für Senderverantwortliche werden schwerer. Der Fernsehschirm zündet immer weniger als abendliches Lagerfeuer der Familie. Mehr Sender bedeuten zwar für den Zuschauer mehr Vielfalt, für die Programmmacher jedoch mehr Konkurrenz. Um Zuschauer werben auch amerikanische Internetanbieter wie Youtube, Netflix oder Amazon und andere Online-Videotheken. Sie sorgen dafür, dass Menschen Filme dann sehen, wann sie wollen – und nicht länger nur dann, wenn das Fernsehprogramm es zulässt.
Frank Hoffmann, der dieses Jahr 50 Jahre alt wird, beobachtet den Wandel genau. Seine Antwort beinhaltet, Neues zu wagen und auf eigene Inhalte zu setzen. Das Ziel: Ähnlich dem Dschungelcamp kreiert der Sender im Idealfall ein Ereignis, das eine breite Masse anzieht. Der ruhige und sachliche Fernsehmanager schreckt dabei auch vor seichter Unterhaltung nicht zurück, die seit jeher die Programmfarbe von RTL ausmacht. Wobei Hoffmann wohl einwenden würde, dass auch Sendungen wie das Dschungelcamp qualitativ hochwertig sein müssen.
Angefangen hat Frank Hoffmann allerdings zunächst im Zeitungsgeschäft. Als Journalist schreibt er für das Bielefelder „Westfalen-Blatt“ und die „Bonner Rundschau“. Im Volontariat kommt er in Kontakt mit dem Fernsehen, da sein Verlag auch Korrespondentenbüros für RTL unterhält. Neben dem Schreiben hat er immer auch fotografiert, und so reizt ihn an dem für ihn neuen Medium die Kombination dieser Tätigkeiten.
1989 wechselt Hoffmann von „teuto Press“ zu „teuto Tele“, dem Dienstleister von RTL. Dort leitet er zwei Jahre später das Studio in Hannover und verantwortet die RTL-Berichterstattung aus Niedersachsen. In Köln fällt der junge Reporter mit seinen Beiträgen auf. Es folgt der Ruf in die Zentrale und der Aufstieg: 1992 Redakteur und Reporter für „Explosiv“, 1993 Chef vom Dienst und stellvertretender Redaktionsleiter, 1994 Redaktionsleitung für „Extra“ und von 1999 an zusätzlich Bereichsleitung für alle Magazine bei RTL.
So lernt er von Anfang an das Nachrichtengeschäft für den Privatsender, bevor der Schritt in die Chefetage eines Senders kommt und er auch Serien- und Unterhaltungsformate verstehen muss. 2005 wird Frank Hoffmann Geschäftsführer des Privatsenders Vox, der ebenfalls zur RTL-Mediengruppe gehört. Seine Vorgängerin dort ist Anke Schäferkordt, die jetzige Ko-Vorstandsvorsitzende der Luxemburger RTL Group, die Europas größte private Fernsehkette ist und mehrheitlich dem Gütersloher Medienkonzern Bertelsmann gehört. Schäferkordt hält so viel von Hoffmann, dass sie ihn 2013 zum Programmgeschäftsführer für RTL, den größten Sender der Mediengruppe, und ihn damit wieder zu ihrem Nachfolger macht.
Kürzlich blickte Frank Hoffmann optimistisch in die Zukunft. „RTL wird schon bald wieder wachsende Monatsmarktanteile verzeichnen – wenn es nicht gerade Sportmonate mit Olympischen Spielen oder der Fußballeuropameisterschaft bei ARD und ZDF sind“, hatte er im November im Gespräch mit dieser Zeitung gesagt.
Dafür das RTL unter den privaten Sender den Ton angibt und auch Millionen Menschen erreichen kann, haben die Kölner gerade auch eine passende Auswertung parat. Unter den 150 Sendungen der privaten Fernsehanbieter, die im vergangenen Jahr am meisten Menschen im Alter von mindestens drei Jahren einschalteten, gehen 147 Sendungen auf das Kölner Konto. 88 Sendungen erreichten mehr als 5 Millionen Zuschauer.
Die Kölner Fernsehmacher verstehen sich darauf, internationale Sendungsformate aufzufrischen und am Leben zu erhalten. Im März startet eine neue Tanzstaffel „Let’s Dance“, und gerade sucht der „Bachelor“ als Hahn im Korb eine Herzensdame. „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Wer wird Millionär“ laufen seit mehr als zehn Jahren und erhalten immer wieder auch kleine Anpassungen.

Nur: Wo bleiben die neuen Ideen, mit denen RTL Millionen Zuschauer zum Einschalten bewegt? Die preisgekrönte Serie „Deutschland 83“ um einen ostdeutschen Spion in einer westdeutschen Kaserne interessierte zu wenige RTL-Zuschauer. Erfahrungen mit Sendungen, die nicht gelingen, gehören für Hoffmann dazu. RTL investiert weiter in eigene Inhalte. So strahlen sie Filme wie das „Duell der Brüder“ um die Gründer von Puma und Adidas Ende März sowie Winnetou-Neuverfilmungen Ende des Jahres aus. Ende des Monats übertragt der Privatsender wieder Boxen mit dem Kampf von Marco Huck. Gerade testen sie auch gerade im kleinem Kreis eine politische Gesprächssendung, die unregelmäßig auf Sendung gehen könnte – je nach Großwetterlage.
Für das Bild von RTL stehen hingegen Formate wie das Dschungelcamp, das mit dafür sorgte, dass der Privatsender im Januar den besten Monatsmarktanteil seit zwei Jahren erreichte. Im Vergleich zum Dezember legten die Kölner zu, sie führen in der Zielgruppe im Alter von 14 bis 49 Jahren deutlich. Im Gesamtmarkt liegt RTL dagegen hinter der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz von ARD und ZDF, die sich allerdings mit Gebührenmilliarden finanzieren. „Wir sind mit dem Dschungel und anderen Formaten aus den Bereichen Serie, Show und Real-Life sehr gut ins neue Jahr gestartet“, sagte Frank Hoffmann dieser Zeitung. Er führt dabei auch die Serie „Der Lehrer“ oder „Team Wallraff“ an. Jetzt hat er das Gefühl, dass sich ihre Arbeit auszahlt. „Wir möchten diesen Schwung nutzen, um unsere Zuschauer zu binden und neue zu gewinnen. Wir haben weiterhin ganz besonders große Lust auf eigene Inhalte“, sagte er. Wie das gelingt, wird Hoffmann und jeder andere vormittags mit dem Blick auf die Quoten sehen.
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