Medienwirtschaft

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Zeitschriften, Fernsehen, Internet: Wie sich die Welt der Medien dreht

Zeitungsverlage schauen auf soziale Medien und hoffen auf Snapchat

Im Internet beflügeln soziale Netzwerke die Zugriffe der Nachrichtenportale. Springer-Chef Mathias Döpfner baut auf einen Wettbewerb und dafür auf Snapchat.

Lokale Internetnachrichten wachsen mit der Bedeutung sozialer Medien. Das erfahren die Nachrichtenportale des OVB Medienhauses, einem Zeitungsverlag im oberbayerischen Rosenheim: 25 bis 30 Prozent der Zugriffe auf die Angebote von „OVB24.de“ kommen durch soziale Netzwerke, die damit ein ähnliches Gewicht haben wie der Internetkonzern Google. „Wir versuchen alle sozialem Medienkanäle zu bespielen“, sagte Martin Vordermair, Chefredakteur dieser Portale, auf dem Kongress des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) in Berlin.

Das OVB Medienhaus verlegt das „Oberbayerische Volksblatt“ und ist an Anzeigenblättern sowie lokalen Radiosendern beteiligt. Die Internetportale für Rosenheim, Chiemgau, Wasserburg und andere Gebiete in fünf Landkreisen der Region lässt der Verlag als Tochtergesellschaft mit 30 Mitarbeitern unabhängig von der Lokalzeitung und anderen Titeln arbeiten. Mit den kostenfreien Internetseiten setzt er im Gegensatz zur Zeitung nur auf Werbeeinnahmen. Nach fünf Jahren sollten die Portale einen Gewinn erreichen – das haben sie geschafft, wie Vordermair berichtete. Unter den sozialen Netzwerken bringe Facebook ihnen am meisten Zugriffe und auch immer wieder Hinweise der Leser ein, die wiederum zu Geschichten führen.

Auch BDZV-Präsident Mathias Döpfner kennt die Bedeutung von Facebook für seine Internetangebote. Der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SE („Bild“, „Welt“) hofft aber auf einen Wettstreit, um unabhängiger von Facebook zu werden und setzt auf das amerikanische Netzwerk Snapchat. Hier tauschen Nutzer Fotos und kurze Videos aus, die in der Regel nach 24 Stunden nicht mehr abrufbar sind. „Da entsteht Wettbewerb, das finde ich ganz toll“, sagte er auf dem Zeitungskongress. Zum Abschluss befragten ihn junge Journalisten auf der Bühne, ihnen rief Döpfner zu: „Versuchen Sie, besonders viel auf Snapchat zu machen!“

Snapchat arbeitet mit ausgewählten Medienunternehmen in der Discover-Funktion seiner App zusammen, in der diese täglich mehrere Artikel verbreiten. Jüngst war dies in Frankreich gestartet. Die Zusammenarbeit mit Medienunternehmen in Deutschland wurde bisher nicht angekündigt, könnte aber demnächst bevorstehen. Am Wochenende hatte sich das amerikanische Unternehmen in Snap umbenannt und den Verkauf einer Videobrille in Amerika angekündigt.

Döpfner berichtete, dass erste Medienmarken Inhalte komplett über soziale Medien vertreiben. Er sieht es als Aufgabe des BDZV an, ein Geschäftsmodell für den Vertrieb über soziale Netzwerke wie Facebook zu etablieren. Anfang des Jahres hatte Springer Facebook-Gründer Mark Zuckerberg mit einem neuen Preis als herausragenden Unternehmer geehrt.

Auf dem Kongress warnte Döpfner, von Unternehmen wie Facebook das Löschen von Inhalten oder Hasskommentaren zu verlangen. Er verwies auf die Debatte um das historische Foto eines nackten Mädchens im Vietnam-Krieg, das Facebook zunächst zensiert hatte. Er forderte, Facebook, Pinterest, Snapchat und Co. wie Telekommunikations-Plattformen zu regulieren, die nicht für das haften, was einer am Telefon erzählt. „Wer von Facebook die inhaltliche Verantwortung für jede Zeile verlangt, adelt das Unternehmen zu einem Medienunternehmen“, sagte Döpfner. Dies sei allerdings die Aufgabe der Verlage, die für das eintreten, was sie verbreiten.

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