Manche Verlage werkeln an einer Kooperation mit anderen. Doch nicht immer gelingt das. An enge Zusammenarbeit in Berlin ist nicht mehr zu denken.

Von Jan Hauser und Klaus Max Smolka
Der Berliner Zeitungsmarkt war schon immer ein heißes Pflaster und wird seit Jahren immer schwieriger. Als Ausweg haben die Funke-Mediengruppe mit „Berliner Morgenpost“ und die DuMont-Mediengruppe mit „Berliner Zeitung“ eine enge Zusammenarbeit beratschlagt, aber die Gespräche wurden nach Informationen dieser Zeitung inzwischen abgebrochen. Bis zum Frühjahr haben beide Verlage über eine weitreichende Kooperation verhandelt, die wesentlich über bestehende Verbindungen hinausgehen sollte: Konkret ging es um eine Zusammenarbeit in Vertrieb und Vermarktung der Berliner Zeitungen. Beide Seiten hätten darüber hinaus auch eine Kooperation von Zeitungsgeschäften in der Hauptstadt sondiert, berichten Insider. Das hätte kartellrechtlich schwierig werden können, gilt aber abhängig von der genauen Konstruktion als machbar. Doch die Unternehmen waren sich uneinig. Für Funke und DuMont ging es auch darum, redaktionell zusammenzuarbeiten. Das bestätigt Funke: „Wir haben immer gesagt, dass die Angebote unserer Berliner Zentralredaktion auch für Dritte offenstehen. Wir haben mit vielen Verlagen zu diesem Thema gesprochen, auch mit DuMont“, sagte ein Sprecher. Selbst Preise wurden schon erörtert.
In der Hauptstadt kämpfen gleich drei Lokalzeitungen mit einem schwindenden Interesse der Berliner für gedruckte Regionalausgaben. Neben „Berliner Morgenpost“ und „Berliner Zeitung“ bemüht sich auf dem umkämpften Markt auch „Der Tagesspiegel“, der dem Verleger Dieter von Holtzbrinck (DvH Medien) gehört. In der Zeitungsbranche wird es überraschend genannt, dass sich in Berlin noch keine Allianz im Anzeigenverkauf oder Vertrieb gebildet hat. Eine solche Kooperation macht das novellierte Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) möglich, worauf Verlage lange gedrängt haben. Die Erleichterungen kommen also mit Vorlauf. Es galt als ausgemacht, dass die Zeitungen in der Hauptstadt aufgrund der schwierigen Lage mit rückläufigen Auflagen nur auf die Gesetzesänderung warten, um zusammenzuarbeiten. Unter anderem wären so gemeinsame Absprachen über Rabattierungen für Anzeigenkunden möglich. Die neunte GWB-Novelle ist seit Juni in Kraft und ermöglicht Kooperationen von Presseverlagen im verlagswirtschaftlichen Bereich jenseits der redaktionellen Ebene. Die Berliner Zeitungen hätten schon längst eine Kooperation vorbereiten können. Nun sei die Politik so weit, „aber wir können uns nicht einigen“, sagte eine beteiligte Person zur Zusammenarbeit in Berlin.
Aus Branchenkreisen war zu hören, dass Funkes Angebot, redaktionell überregionale Inhalte an DuMont zu liefern, eine niedrige dreistellige Summe je Zeitungsseite vorsah. Die Essener Funke-Mediengruppe wollte sich zu Preisen nicht äußern. Das Angebot hat wohl nicht gereicht, um das Kölner Zeitungshaus („Express“, „Kölner Stadt-Anzeiger“, „Mitteldeutsche Zeitung“) zu überzeugen. So lässt DuMont im kommenden Jahr den Politik-Teil der „Hamburger Morgenpost“ von Berlin aus herstellen und streicht dafür etwa zehn Stellen in der Hansestadt. Bislang beliefert die Zentralredaktion von Funke in Berlin nur die eigenen Zeitungen wie „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“, „Braunschweiger Zeitung“ und „Thüringer Allgemeine“ mit überregionalen Inhalten für deren Ausgaben. Außerhalb der Mediengruppe zahlt noch kein Kunde für Zeitungsseiten der Redaktion. Immer wieder ergäben sich darüber Gespräche mit anderen Verlagen, heißt es von Funke. Zur Essener Mediengruppe, die Geschäftsführer Manfred Braun und Michael Wüller leiten, gehören zudem Zeitschriften wie „TV Direkt“, „Die Aktuelle“ und „Bild der Frau“.

Die Vorstellungen von Funke und DuMont klafften nicht nur in einzelnen Punkten auseinander. Das Ende der Gespräche habe auch am Gebaren des DuMont-Vorstandsvorsitzenden Christoph Bauer gelegen. „Das hatte mit dem Verhalten von Bauer zu tun, seinem überaus selbstbewussten Auftreten, mit dieser Art: ,Ich zeige euch, wie es läuft’. Das kam auf der Funke-Seite nicht gut an“, sagte eine Person aus Kreisen der Funke-Mediengruppe. Mehrere Branchenkenner nannten das plausibel. Funke bestätigte, dass es seit dem Spätsommer vergangenen Jahres Gespräche mit DuMont gegeben habe, die sich um eine mögliche Zusammenarbeit in Berlin drehten. Dabei ging es um Kooperationen im Verlagsbereich der Berliner Zeitungen, sagte ein Sprecher: „Natürlich hatte man dabei schon die Möglichkeiten im Blick, die sich durch die GWB-Novelle ergeben würden.“ Dass Gespräche am großspurigen Auftritt Bauers gescheitert sein sollten, könne er „definitiv ausschließen“.
DuMont ließ wissen, der Verlag habe um das Thema Berlin immer wieder Gespräche mit anderen Medienunternehmen geführt. Vor gut einem Jahr habe es Gerüchte gegeben, DuMont sei an Mantelzulieferungen anderer Häuser interessiert. „Wie Sie wissen, hat aber DuMont eine eigene Hauptstadtredaktion in Berlin.“ DuMont und Funke haben beide ihr Kerngeschäft in Nordrhein-Westfalen und das Berliner Geschäft erst hinzugekauft. Die Kölner DuMont-Gruppe erwarb die „Berliner Zeitung“ sowie die Boulevardblätter „Berliner Kurier“ und „Hamburger Morgenpost“ im Jahr 2009. In Berlin hatte DuMont zuletzt deutlich gespart und durch Redaktionsumstrukturierungen 50 Stellen gestrichen. Die Essener Funke-Mediengruppe kaufte 2014 die „Berliner Morgenpost“ im Verbund mit Titeln wie „Hamburger Abendblatt“ und der Fernsehzeitschrift „Hörzu“ von Axel Springer. Mit einem Umsatz von 1,3 Milliarden Euro im Jahr 2015 ist das Geschäft von Funke mehr als doppelt so groß wie das von DuMont. Die Kölner Mediengruppe kam im vergangenen Jahr auf einen Umsatz von 546 Millionen Euro.
Die Verlage von „Tagesspiegel“, „Berliner Morgenpost“ und „Berliner Zeitung“ haben Anfang des Jahres mit dem westfälischen Familienunternehmen Fiege (Umsatz von 1,45 Milliarden Euro 2016) einen gemeinsamen Logistikdienstleister gegründet: An der Berlin Last Mile GmbH hält Fiege 51 Prozent der Anteile, die drei Verlage halten jeweils 16,3 Prozent. Die neue Gesellschaft übernahm rückwirkend zum 1. Januar die Zustelllogistik für die Berliner Haushalte. Darauf verweist auch der Tagesspiegel-Verlag, weswegen die Unternehmen miteinander sprechen.
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