Die Zeitschriftenverlage kritisieren das EU-Vorhaben einer E-Privacy-Verordnung und planen neue Titel. Das Digitalgeschäft belebt den Umsatz.
Im Presseregal werden bald mehr Magazine als zuvor liegen. Jeder vierte Zeitschriftenverlag in Deutschland plant mit neuen periodischen Titeln in diesem Jahr. Das geht aus einer Umfrage des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) hervor, den dieser am Dienstag auf seiner Jahrespressekonferenz in Berlin vorgestellt hat.
Der Umsatz der Zeitschriftenverlage bleibt in Deutschland stabil, doch Sorgen bereitet den Unternehmen die politischen Rahmenbedingungen. Für VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer müssen öffentlich-rechtliche Medienangebote von digitaler Presse unterscheidbar bleiben. Inakzeptabel wäre es, wenn die Landesregierungen geltende Beschränkung presseähnlicher Angebote weiter aufweichen würden, wie es diese diskutieren.
„Manche politischen Vorstöße sind geradezu Gift für die unabhängige Presse“, sagte er. „Und das dazu noch in einem Marktumfeld, in dem Google und Facebook den globalen Digitalwerbemarkt dominieren und im Trio mit Amazon in diesem Jahr mehr als 80 Prozent der globalen Onlinewerbeausgaben auf sich vereinen werden.“ Durch die auf EU-Ebene geplante Internet-Datenschutzregelung (E-Privacy-Verordnung) befürchtet Scherzer laut der Verbandsumfrage einen Umsatzverlust in dreistelliger Millionenhöhe.
Die gedruckten Ausgaben sorgen für die Hälfte des Umsatzes
Im vergangenen Jahr haben deutsche Verlage 90 neue Magazine herausgebracht und 37 eingestellt. Damit gab es zum Jahreswechsel etwa 1600 mindestens quartalsweise erscheinende Publikumszeitschriften, wie der VDZ mit Verweis auf das Wissenschaftliche Institut für Presseforschung und Medienberatung mitteilt. Die deutsche Zeitschriftenverlage erreichten im Jahr 2017 wie im Vorjahr einen Umsatz von 14,8 Milliarden Euro und beschäftigen etwa 60.000 Mitarbeiter.
Sinkende Einnahmen im Anzeigenverkauf und im Vertrieb stehen einem wachsenden Digital- und Veranstaltungsgeschäft gegenüber. Für dieses Jahr erwarten die Verlage laut der Umfrage einen gleichbleibenden Umsatz. Demnach gehen die Einnahmen aus dem Vertrieb und den Anzeigen um 1,7 Prozent und 1,8 Prozent zurück, während das Digitalgeschäft um 7,5 Prozent steigt. Das Geschäft mit gedruckten Ausgaben wird damit weiter mit einem Anteil von 55 Prozent die Branche prägen.
Mit Neuerscheinungen und Preiserhöhungen versuchen die Zeitschriftenhäuser auf sinkende Auflagenzahlen zu reagieren. Zu den neuen Titeln, die sich häufig an ein kleines Publikum richten, zählen „Cord“ des Hamburger Verlages Gruner+ Jahr, das Wohnmagazin „Cosy“ der Essener Funke-Mediengruppe oder das Kochmagazin „Einfach Low Carb“ aus dem Münchner Burda-Verlag. 46 Prozent der befragten Magazinmacher kündigen zudem Sonderausgaben an, die seltener als reguläre Titel erscheinen und nicht selten als Versuchsballon das Potential im Markt testen.
Neben den 1600 Publikumszeitschriften kommen mehr als 4000 Marken der Fachpresse dazu, sodass der VDZ von 5600 periodisch erscheinenden Titeln spricht. Fast die Hälfte der Verlage plant in diesem Jahr neue redaktionelle Digitalangebote.
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