Die meisten russischen Industriebetriebe sind Denkmäler besserer Zeiten. Im ersten Quartal 2009 ging die Produktion landesweit um 14,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück, während die Rohstoffförderung nur um 3,8 Prozent abfiel. Die riesige Maschinenbaufabrik „Tjaschsredmasch“ in der zentralrussischen Stadt Pensa bietet ein Bild des gebremsten, aber unumkehrbaren Niedergangs, das für viele steht. Hier arbeiten heute noch zweieinhalb Tausend Mann, halb so viel wie vor dreißig Jahren.
Doch die Leute sind froh, bei einer krisenbedingten Dreitageswoche zwischen 230 und 340 Euro monatlich zu verdienen. „Tjaschsredmasch“ ist der einzige Produzent schwerer bis mittelkalibriger Maschinen für zivile und militärische Zwecke im Land. Die Anlagen, die aus sowjetischer Zeit stammen, sind ebenso veraltet wie die in den fünfziger bis siebziger Jahren errichteten Werkgebäude. Technisch entwickelt „Tjaschsredmasch“ sich sogar zurück. Die computergesteuerten Werkbänke sind ausgefallen, weil ihre Wartung und Ersatzteile dem Management zu teuer waren.
Zahlreiche Eigentümerwechsel bei „Tjaschsredmasch“ hinterließen ihre Narben. Während der neunziger Jahre versuchten mehrmals feindliche Übernahmekommandos, das Werk zu stürmen. Der „Rote“, noch von der Sowjetmacht bestimmte Direktor, wurde von einer Phalanx seiner Arbeiter vor dem Fabriktor verteidigt. Der neue Manager, der ihn am Ende doch ablöste, zog aus „Tjaschsredmasch“ soviel heraus wie er konnte. Dann wurde das Werk Teil einer Industrie-Holding. Die „fetten“ nuller Jahre brachten gute Aufträge aus der Elektroenergiebranche. Löhne wurden ohne Verzögerung gezahlt. Zwar ähneln die Ingenieurlabors weiterhin Bastelstuben. Dafür entstand ein modernes Bürogebäude für den Vorstand.
Die Betonstatue eines Metallarbeiters im klassischen Kontrapost steht im Hof wie ein stummer Vorwurf. Er stammt aus den goldenen Sechzigern, als „Tjaschsredmasch“ ein zukunftsträchtiges Unternehmen war mit 5000 Beschäftigten, Lehrbetrieb und werkseigener Mittelschule. Wie aus Zockern und Proleten noble Helden werden, verrät die Propagandatafel an der Hauswand hinter ihm: „Bewahre die Ehre deines Unternehmens und sei auf Arbeitsleistung stolz“.