Die „Sberbank“, Rußlands größtes Kreditinstitut und Inhaber von fast zwei Dritteln der russischen Bankeinlagen, leckt ihre Wunden. Achtzig Prozent Verdiensteinbußen erlitt das Institut, das mit seinen 20.000 Zweigstellen in vielen Regionen den einzigen Finanzdienstleister darstellt, im vierten Quartal 2008, meldete ein Sprecher der Sberbank, Anton Karamsin. Verantwortlich für das magere Ergebnis von 7,5 Milliarden Rubel oder 224 Millionen Dollar im letzten Vierteljahr 2008 seien vor allem Ausfallzahlungen für „schlechte“ Kredite, deren Volumen sich im Vergleich zum Vorjahr verfünffachte, sagte Karamsin. Dabei stehe die konservative Sberbank, die von der russischen Zentralbank kontrolliert wird, im Vergleich zu spekulationsfreudigeren Geldinstituten noch gut da, versichert Karamsin. Indessen beginnt bei der Sberbank, deren voller Name „Sberegatelnyj bank“ als Sparbank übersetzbar ist, die Krise erst. Die Nöte der Realwirtschaft werden immer mehr spürbar. Im April 2009 beliefen sich die Aufwendungen für Kreditausfälle schon auf 2,8 Prozent der Verbindlichkeiten statt auf 1,8 Prozent wie am Vorjahresende. Viele Finanzexperten prophezeien für den Herbst eine zweite Welle der Bankenkrise.
Vorsichtshalber wirbt die Sberbank, die auf eine 170 Jahre lange, wechselvolle Geschichte zurückblickt, unter dem Motto „Wir wünschen Ihnen Glück!“ um neue Langzeitsparer. Zur Hebung der Moral der Belegschaft brachte die Sberbank einen eigenen Schnaps namens „Spar-Wodka“ (Wodka sberegatelnaja) heraus, nur für den betriebsinternen Gebrauch. Das Flaschendekor zeigt, im Stil der dreißiger Jahre des stalinistischen Aufbaus, ein triumphierendes Arbeiterpaar mit Sparbuch. Darüber prangt die wie ein Trinkspruch klingende Parole: „Auf das Glück, das persönliche, bare und bargeldlose!“ (Sa sschastje – litschnoje, nalitschnoje i besnalitschnoje). Die Formel spielt mit der etymologischen Verwandtschaft der russischen Wörter für Persönlichkeit und Barschaft, welche im modernen Kapitalismus ja oft nahezu identisch sind. Im Hintergrund grüßt ein Demonstrationszug mit Toast-Transparenten wie: „Unsre Sber ist sehr fair“, ein Zeppelin zieht ein gereimtes Glaubensbekenntnis an die Sberbank über den Himmel. Grußverse an die Zentralbank und das Finanzministerium auf dem Karton vervollständigen den Krisenabwehrzauber. Wirklich: Wer bei solchen Sprüchen noch trinken kann, den wird auch der nächste Liquiditätseinbruch kaum erschüttern.