Die russisch-orthodoxe Kirche, die den Königsberger Dom in Besitz nehmen will – jetzt, da er, ganz ohne ihre Mitwirkung, fast fertig restauriert, als Konzertsaal und Kulturzentrum dient -, sollte sich lieber der vielen kriegsbeschädigten Kirchenbauten im Raum Kaliningrad annehmen, die ungenutzt verfallen. Das findet jedenfalls der Denkmalschutzbeauftragte der Regierung Kaliningrad, Wladimir Jarosch, der noch für rund fünfzig alte deutsche Kirchen in der Exklave baupflegerische Paten sucht. Jaroschs Sorgenkind ist die Ruine des evangelischen Gotteshauses in Börchesdorf, das heute Selenopolje heißt, „Grünes Feld“, am südöstlichen Stadtrand von Kaliningrad. Die deutsche Kirche soll 1735 erbaut worden sein, obwohl das Mauerwerk älter scheint. Einst besaß sie einen prächtigen Barockaltar aus dem Isaak-Rigas-Umkreis von 1690. Während der Gefechte 1945 wurde sie stark beschädigt. Kürzlich brach obendrein das Dach zusammen. Doch an der Südostwand, die noch steht, hat sich eine Gedenktafel erhalten, auf der die Soldaten aus Börchesdorf aufgelistet sind, die im Ersten Weltkrieg an verschiedenen Fronten fielen. Das Mauerstück darüber wurde nach 1918 mit einem Mosaik geschmückt, das in verklärten Farben schildert, wie die toten Helden in der Erde ruhen, aber auch das neue Leben tragen. Auf ihrem Grab, das ein Acker wie ein weiches Wolkenkissen zudeckt, streut schon der blasse Nachkomme seine Samen aus.