Bikini-Fotos in sozialen Netzwerken, googelnde Personalchefs, personalisierte Werbung – das Web 2.0 ändert den Umgang mit persönlichen Informationen im Internet grundlegend. Schon jeder fünfte Deutsche stellt private Informationen über sich ins Netz, hat der Branchenverband Bitkom herausgefunden. Oft sind die Menschen dabei sehr sorglos, denn schließlich ist das wilde Party-Video aus der Studentenzeit auch in zehn Jahren noch zu finden. Dazu kommen die vielen Fotos, Videos und Blogeinträge, die Nutzer über andere Menschen publizieren und von deren Existenz die Betroffenen oft gar nichts wissen. Vor allem das Aufkommen der Internet-Gemeinschaften wie StudiVZ, Facebook oder Youtube hat die Informationsfülle, die im Netz über Freunde, Kollegen, Geschäftspartner oder Bewerber zu finden ist, rasant erhöht.
Das Angebot an persönlichen Informationen hat sich schnell seine Nachfrage geschaffen: Schon in einem Drittel aller Anfragen in Suchmaschinen geht es um Menschen. 60 Prozent der Amerikaner haben schon einmal nach anderen Menschen im Internet gesucht, hat das Pew Internet & American Life Project in seiner Studie “Digital Footprints” (PDF) herausgefunden. Die Instrumente für diese Suche sind vorhanden: Personensuchmaschinen, Seiten für das Management der eigenen Web-Reputation und natürlich auch Anbieter, die versprechen, unliebsame Einträge wieder zu löschen, bieten sich heute als Helfer im sozialen Internet an.
Einer der Vorreiter in Amerika ist die Personensuche Spock.com. Die Maschine hat inzwischen nach eigenen Angaben 100 Millionen Menschen indexiert und sucht sich dafür Informationen aus dem Internet und sozialen Netzwerken wie Xing, MySpace oder Linkedin zusammen. Der Konkurrent Pipl durchsucht sogar das sogenannte Deep Web nach Informationen. Dieses versteckte Web umfasst zum Beispiel Datenbanken, die von den normalen Suchmaschinen nicht erfasst werden, und ist daher um ein Vielfaches größer als das sichtbare Internet. Pipl durchsucht daher auch Blogs, Foren oder die Google-Buchdatenbank. Allerdings sind die Suchtreffer nicht unbedingt besser als bei Spock. Beide erstellen allerdings ungefragt Profile der Menschen. Das sehen Datenschützer kritisch, denn oft sind die Ergebnisse bescheiden oder ordnen Fundstellen Namensvettern zu.
Einen anderen Ansatz verfolgen die deutschen Anbieter wie MyON-ID. “Wir sind eher ein Werkzeug für das Reputationsmanagement als für die Personensuche”, sagt Gründer Mario Grobholz. Die Profile werden nicht ungefragt erstellt, sondern die Nutzer können sich dort ein Profil anlegen, das ihre Fundstellen im Internet sammelt und kommentiert. “Unser Ziel ist, dass dieses Profil unter den ersten Treffern bei Google auftaucht, wenn der Name dort gesucht wird”, sagt Grobholz. Bevor die Suchenden also auf Internetseiten mit möglicherweise negativem Inhalt für den Gesuchten treffen, sollen sie zuerst das selbst erstellte Profil sehen. An Google geht für Grobholz kein Weg vorbei: “Personensuchmaschinen werden Google nicht ersetzen.”
Es müssen aber nicht immer Freunde, Geschäftspartner oder potentielle Arbeitgeber sein, die im Internet nach Personen suchen. Immer beliebter wird das “Ego-Searching”, also die Suche nach Einträgen über sich selbst oder sein Unternehmen. 47 Prozent aller Amerikaner betreiben dieses Ego-Searching, um die eigene Beliebtheit zu erfahren, hat Pew Internet herausgefunden. Vor fünf Jahren betrug dieser Anteil erst 22 Prozent. Auf dieses schnell wachsende Interesse am Ego-Searching baut Grobholz sogar sein Geschäftsmodell auf: “Die Menschen möchten wissen, wie oft ihr Name bei Google gesucht wurde oder von welchen Seiten ihr Profil aufgerufen wurde”, sagt Grobholz und hofft, dass die Menschen bereit sind, für diese Informationen auch zu zahlen. Schließlich müssen die Mitglieder im Geschäftsnetzwerk Xing auch zahlen, wenn sie wissen wollen, wer auf ihr Profil geklickt hat.
Während die Nutzer bei MyON-ID zuerst ihr Profil anlegen müssen, arbeitet Konkurrent Yasni auf den ersten Blick wie eine Personensuchmaschine. “Wir tragen alle öffentlich verfügbaren Informationen zu einem Namen zusammen. Diese Personen können die Informationen dann zu einem Profil zusammenstellen”, sagte Gründer Steffen Rühl. Informationen aus geschlossenen Gemeinschaften wie StudiVZ bleiben aus Datenschutzgründen außen vor, während Angaben aus MySpace gefunden werden. “Den meisten Nutzern ist nicht bewusst, dass man auf MySpace nach Klarnamen suchen kann”, sagt Rühl.
Mehr als 100 000 Menschen suchen jeden Tag bei Yasni Informationen über Menschen. Oft sind es Eltern, die sich um die Web-Reputation ihrer Kinder sorgen. Rund 30 000 Menschen haben dort ihr Profil hinterlegt, damit nicht dem Zufall überlassen bleibt, welche Fundstellen angezeigt werden. Für ein besonders ausführliches Profil oder einen bevorzugten Listenplatz bei Namensgleichheiten werden die Nutzer dann auch Geld zahlen, hofft Rühl.
Auf den guten Ruf im Internet achten natürlich auch Geschäftsleute. Auf die Suche nach Geschäftskontakten hat sich das amerikanische Unternehmen Zoominfo spezialisiert. Zoominfo durchforstet Internetseiten, Pressemitteilungen und Nachrichten, um Informationen über Personen und Unternehmen mit Hilfe semantischer Instrumente einander zuzuordnen. Das deutsche Geschäftsnetzwerk Xing hat sich Zoominfo als Partner geholt. Xing-Mitglieder bekommen bei der Suche nach Personen auch die passenden Treffer aus der Datenbank von Zoominfo mit angezeigt, die immerhin 40 Millionen Profile amerikanischer, kanadischer, britischer und australischer Geschäftsleute enthalten soll.
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