Markus Frank, Microsofts Verkaufschef für Online-Werbung in Deutschland, über den Start von Facebook in Deutschland, den Datenschutz, die Nutzerprofile und warum ein Facebook-Nutzer doppelt so viel bringt wie ein StudiVZ-Nutzer
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Herr Frank, mit dem bevorstehenden Deutschland-Start von Facebook beginnt auch Ihre Arbeit als Vermarkter. Wann geht es los?Wir beginnen im Februar mit der Vermarktung von Facebook. Ab Februar erhalten die Nutzer mit einer deutschen IP-Adresse auch die deutsche Werbung. Die Flächen, die uns zur Verfügung stehen, sind schon komplett verkauft.
Wie sieht die Arbeitsteilung aus?
Microsoft ist der exklusive externe Drittvermarkter für graphische Standard-Werbeflächen. Facebook vermarktet sich auch selbst, aber dafür gibt es in Deutschland noch kein Team. In Großbritannien gibt es ein 3-Mann-Team, das auf 15 Leute aufgestockt werden soll. In Deutschland ist nichts geplant in diese Richtung.
Facebook ist in Deutschland mit 600000 Nutzern vergleichsweise klein. Lohnt sich das?
Die deutsche Facebook-Seite wird jetzt in einer Beta-Version getestet und voraussichtlich im März wird die Seite dann freigeschaltet werden. Wir gehen davon aus, dass die Nutzerzahlen dann sehr schnell steigen werden. Dabei muss man die vielen viralen Effekte berücksichtigen: Facebook behauptet von sich, die größte Foto-Seite zu sein die Seite, welche die meisten Einladungen zu Veranstaltungen verschickt.
Seit StudiVZ ist der Datenschutz ein großes Thema in der Online-Werbung. Nutzt Microsoft die Profildaten der Facebook-Nutzer für die Werbung?
Nein. Facebook wird Microsoft keinerlei Nutzer- und Profildaten zur Verfügung stellen.
Targeting ist aber doch Standard in der Online-Werbung. Verzichten Sie ganz darauf?
Wir können eine sozio-demographische Targetinglösung einsetzen, also die Werbung nach Alter und Geschlecht auswählen. Die Daten haben wir aber nur dann, wenn die Nutzer gleichzeitig bei unserem Dienst Windows Live angemeldet sind. Darüber hinausgehende Targeting-Lösungen setzen wir nicht ein. Facebook ist in dieser Hinsicht auch sehr restriktiv angesichts der aktuellen Diskussion um Datenschutz und Schutz der Privatsphäre.
Wenn aber jemand kein Windows-Live-Kunde ist?
Dann wissen wir wenig über ihn. Dann können wir keine Targeting-Lösung einsetzen, sondern nutzen allgemeine Werbeformen wie das sponsorn der Startseite für einen Tag.
Das klingt nicht sehr anspruchsvoll?
Unsere Vermarktung von Standardwerbeformaten über Targeting-Systeme wird besser, wenn wir Aquantive komplett übernommen und deren Technik Atlas einsetzen können. Dann sind wir auch in der Lage, ein „behavioral targeting” einzusetzen. Dafür wird Deutschland der Pilotmarkt in Europa sein. Wir werden das System in den kommenden vier bis sechs Monaten in Deutschland einführen und dafür die heute genutzte Microsoft-Technik abschalten.
Der Facebook-Konkurrent MySpace hat hier schon ein größeres Vermarktungsteam angeheuert. Warum macht Facebook das nicht?
Ich kann als außenstehender Partner von Facebook natürlich nicht viel zur Strategie sagen, aber ich gehe davon aus, dass der deutsche Markt für Facebook noch zu klein ist, gerade im Vergleich zu Großbritannien. Aber Facebook ist ja noch ein kleines Unternehmen mit etwa 300 Mitarbeitern und konzentriert sich zur Zeit darauf, Reichweite aufzubauen. Die weitere Finanzierung ist gesichert, so dass Facebook nicht den Bedarf hat, in jedem Land sofort Geld verdienen zu müssen. Das macht die Zusammenarbeit entspannt. Da steckt StudiVZ in einer ganz anderen Situation.
Welche Wachstumsziele hat Facebook?
Ich vermute, dass Facebook schneller wachsen will als alle anderen sozialen Netzwerke in Deutschland, um Marktanteile zu gewinnen. Genaue Zahlen darf ich nicht sagen.
Sehen Sie Facebook als direkten Konkurrenten von StudiVZ?
Facebook ist einer anderen Zielgruppe positioniert als StudiVZ, da die Nutzer eher international ausgerichtet sind und die Hemmschwelle, sich bei einem ausländischen Netzwerk anzumelden, leicht überspringen. Die Werbekunden haben großes Interesse an diesen Nutzern. Dagegen ist das StudiVZ-Inventar nur schwer zu vermarkten.
Wie wirkt eigentlich Werbung im Web 2.0?
Innerhalb der sozialen Netzwerke liegt die Anforderung, die richtige Zielgruppe zur Marke zu finden. Aber die gesamte Industrie sucht nach wie vor nach einer Vermarktungsmöglichkeit für soziale Netzwerke. Die Akzeptanz der Nutzer für Werbung ist niedriger als auf redaktionellen Inhalteseiten.
Das bedeutet niedrige Preise?
Es bedeutet andere Formate, andere Werbekunden und günstigere Preise, was aber angesichts der Fülle der Seitenaufrufe für die Monetarisierung der Nutzer keine Wirkung hat.
Wie hoch sind die Werbepreise in sozialen Netzwerken?
Der Preis je Tausend Kontakte liegt im unteren einstelligen Bereich. Das geht dann sehr schnell in die Restplatzvermarktung hinein.
Welchen Werbeumsatz wollen Sie dann noch mit Facebook erreichen?
Der Umsatz soll natürlich siebenstellig sein. Im Verhältnis zu StudiVZ wollen wir je Nutzer mindestens einen doppelt so hohen Umsatz erzielen. Absolut gesehen bedeutet das natürlich weniger Umsatz als StudiVZ.
Wie viele Seitenaufrufe erreicht Facebook?
Die Zahl ist ein nicht zur Veröffentlichung freigegeben. Aber wir empfehlen Facebook dringend den Eintritt in die Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung, damit diese Zahl transparent ist.
Wie geht es neben Facebook weiter für die Microsoft-Vermartung?
Microsoft stößt an Grenzen seines eigenen Netzwerkes. Deshalb wollen wir verstärkt in die Fremdvermarktung ein. Neben Facebook kommen weitere Partner hinzu.
Das machen andere Vermarkter wie Yahoo oder AOL auch. Führt das zu einem scharfen Wettbewerb in der Vermarkterszene?
Davon gehe ich aus. Um die wenigen spannenden Websites wird ein immer schärferer Wettbewerb entbrennen, zumal die meisten großen Portale an Reichweite verlieren. Da ist dann die Frage entscheidet, welche Garantieleistungen die Vermarkter vorab gewähren können. Das ist natürlich ein Vorteil für die großen Vermarkter, ebenso wie die Fähigkeit, die immer komplexeren technischen Systeme aufbauen zu können. In den kommenden zwei Jahren werden viele Wettbewerber nicht mehr mithalten können.
Wie groß ist ihr Marktanteil?
Genaue Zahlen darf ich nicht nennen. Aber unser Anteil am Markt für graphische Werbung liegt unter 10 Prozent in Deutschland, wächst aber.
Welche Rolle werden Werbebörsen spielen?
Das Thema sehe ich extrem skeptisch. Wegen der Vielfalt der Formate würde eine Börse zu wenig unterstüzt. Wir haben eher zuwenig Inventar und haben daher keinen Bedarf an einer Börse.
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