Netzwirtschaft

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Die Digitalisierung erfasst immer mehr Lebensbereiche. Wie sie sich auf Menschen und Märkte auswirkt, beleuchtet das Netzwirtschaft-Blog auf FAZ.NET.

Die Statistik hinter Microhoo

Die deutschen Online-Werber können einem Zusammenschluss von Microsoft und Yahoo recht gelassen entgegen sehen. Für die Marktführerschaft reicht es weder in der Display-Werbung noch im Suchmaschinengeschäft.

Microsofts Plan, Yahoo zu übernehmen, würde nur in Amerika zu einer ernsten Gefahr für Google. In Deutschland wäre Microhoo dagegen ein kleiner Fisch im Suchmaschinengeschäft. In der Display-Werbung könnten die beiden Unternehmen zusammen immerhin in die Nähe des Marktführers kommen – mehr aber auch nicht.

Hier die Statistiken von Comscore, zunächst global und für die Vereinigten Staaten:

  • Im Dezember kamen Microsoft und Yahoo zusammen auf 665 Millionen Nutzer in aller Welt, wenn alle Doppelnutzer herausgerechnet werden. Google-Seiten wurden von 588 Millionen Menschen genutzt.
  • In den Vereinigten Staaten erreichten Microsoft und Yahoo zusammen 164 Millionen Nutzer, Google 133 Millionen.
  • Für 62,4 Prozent aller Suchanfragen in der Welt wurde im Dezember Google genutzt. Microsoft und Yahoo kamen kombiniert auf 15,7 Prozent. In den Vereinigten Staaten sieht das Verhältnis für Microsoft und Yahoo besser aus: Sie erreichten fast 33 Prozent der Suchanfragen, Google kam auf 58 Prozent.
  • Im E-Mail-Markt liegen Microsoft und Yahoo weit vorne: Zusammen 426 Millionen E-Mail-Nutzern bringen die beiden Konzerne zusammen, weit mehr als die 90 Millionen Gmail-Nutzer von Google.
  • Im Instant-Messaging-Geschäft liegen Microsoft und Yahoo ebenfalls weit vorne: Zusammen 298 Millionen Nutzer stehen gerade einmal 4,4 Millionen Nutzern des Google-Dienstes Talk gegenüber.

 
In Deutschland sieht die Situation anders aus:

  • Microsoft und Yahoo kommen zusammen auf eine unduplizierte Reichweite von etwa 16 Millionen Nutzern in Deutschland. Unter den Vermarktern wäre Microhoo damit auf Rang vier, hinter United Internet, dem T-Online-Vermarkter Interactive und SevenOne Interactive (Pro Sieben Sat.1).
  • Im Werbeumsatz sieht die Situation besser aus: Microsofts Anteil an Display-Markt in Deutschland liegt noch unter 10 Prozent; Yahoo dürfte eine ähnliche Größenordnung erreichen. Zusammen würden die beiden Unternehmen in der Umsatzrangliste auf Platz 2 oder 3 landen, allerdings noch mit Abstand auf den Marktführer United Internet Media.
  • Im Suchmaschinengeschäft ist Microsoft in Deutschland faktisch nicht am Markt präsent. Ein Zusammenschluss mit Yahoo, dessen Anteil wohl unter 10 Prozent liegen dürfte, würde Googles Dominanz mit etwa 90 Prozent Marktanteil kaum beeinflussen.

Der mögliche Zusammenschluss, gegen den sich Yahoo aus gutem Grund wehrt, würde allerdings gut in die anstehende Bereinigung auf dem Online-Werbemarkt passen. Die Zahl der Internetnutzer in Deutschland ist zwar auf mehr als 40 Millionen gestiegen, und der Online-Werbemarkt hat im vergangenen Jahr rund 40 Prozent auf fast 3 Milliarden Euro zugelegt. Doch trotz des Wachstums wächst der Druck auf die Online-Werbeunternehmen: Seit 2007 steigt die Spanne zwischen Bruttolistenpreisen und den von den Werbekunden gezahlten Nettopreisen wieder – ein untrügliches Zeichen, dass das Angebot an vermarktbaren Werbeflächen schneller steigt als die Nachfrage der Werbekunden, die in diesem Jahr zusätzlich unter einer Konjunkturabkühlung leiden könnte.

Auslöser für die starke Angebotsausweitung sind die populären Web-2.0-Seiten wie StudiVZ oder MyVideo, die das Inventar vermarktbarer Seiten um mehr als zehn Milliarden erhöht haben. MyVideo weist nach der neuesten Untersuchung der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung eine Reichweite von 6,6 Millionen Menschen aus; StudiVZ erreicht 3,5 Millionen Menschen. Die hohen Popularitätswerte lassen sich bisher aber kaum in Umsätze umwandeln. Je tausend Kontakte werden in den Web-2.0-Gemeinschaften Preise zwischen 0,50 Cent und 2 Euro erzielt. “Das geht dann sehr schnell in die Restplatzvermarktung hinein”, sagt Markus Frank, der für Microsoft die Online-Werbung in Deutschland verkauft.

So lässt sich erklären, warum StudiVZ im vergangenen Jahr nur etwa einen Euro Umsatz je Nutzer erzielt hat. Zum Vergleich: Branchenprimus United Internet Media hat aus einer Reichweite von knapp 20 Millionen geschätzte 100 Millionen Euro Umsatz erzielt, hat also mehr als 5 Euro mit jedem Nutzer erwirtschaftet. Die Überlegenheit von Googles Geschäftsmodell zeigt sich schnell: Werden nur die Google-eigenen Seiten berücksichtigt, erzielt das Unternehmen knapp 50 Euro Umsatz je Nutzer. Werden die Partnerseiten mit berechnet, liegt der Umsatz je Nutzer immer noch über 30 Euro.

Der Druck auf die Werbepreise zwingt die Vermarkter, ihre Reichweite stetig auszubauen. Viele Anbieter sehen den Ausweg in der Vermarktung fremder Seiten, doch attraktive Seiten sind rar. “Um die wenigen spannenden Websites wird ein schärferer Wettbewerb entbrennen, zumal die großen Portale an Reichweite verlieren. Dann ist die Frage entscheidend, welche Garantieleistungen die Vermarkter vorab gewähren können. Das ist ein Vorteil für die großen Vermarkter, ebenso wie die Fähigkeit, die immer komplexeren technischen Systeme aufzubauen. In den nächsten zwei Jahren werden viele Wettbewerber nicht mithalten können”, erwartet Frank.

Ganz anders stellt sich die Situation im Suchmaschinengeschäft dar. Die Werbung mit den Schlüsselwörtern, die direkt neben den Suchergebnissen eingeblendet werden, hat im vergangenen Jahr rund 1,2 Milliarden Euro eingebracht. Die Werbeform ist auch in Deutschland inzwischen gut etabliert; einige Unternehmen setzen zweistellige Millionenbeträge ein, um ihre Produkte in den Suchmaschinen zu bewerben. Von einem zersplitterten Markt kann allerdings keine Rede sein: Etwa 90 Prozent entfallen auf den Branchenprimus Google. “Yahoo konnte seinen Abstand auf Google nicht verringern. Das neue Panama-System hat keine Trendumkehr bewirkt”, urteilen die Experten des Web-Marketingunternehmens Explido.

Das Suchmaschinengeschäft hat gleich zwei enorme Vorteile für die Anbieter: Keine Unterschiede zwischen Brutto- und Nettopreisen und eine hochgradige Automatisierung sorgen für exzellente Geschäfte. Zumal die Klickpreise auch 2008 wohl weiter steigen. Nach einer Umfrage des Arbeitskreises Suchmaschinenmarketing im Bundesverband der Digitalen Wirtschaft (BVDW) erwarten 70 Prozent der Befragten steigende Preise. “Ein Grund hierfür dürfte vor allem in der immer gezielteren Auslieferung der Werbemittel liegen, durch die das Preisniveau weiter steigt”, vermutet Thomas Brommund vom BVDW. Mehr als zwei Drittel der Befragten gaben an, mehr für einen Klick zu bezahlen, wenn die Anzeigenauslieferung an das Nutzerverhalten angepasst werden kann.

Doch auch der Marktführer ist gefordert: “Die Suchmaschine Google dominiert weiterhin, hat aber nicht das erhoffte zweite Erlösmodell gefunden. Googles neue Werbeformen wie ImageAds, VideoAds und GadgetAds haben noch keine Marktdurchdringung erreicht”, urteilen die Explido-Fachleute. Auch die lokale Werbung, in die neben Google andere Unternehmen wie Web.de investiert haben, hat noch nicht wie gewünscht Umsätze gebracht. Der lokale Vertrieb bei kleinen Einzelhändlern hat sich bisher als zu aufwendig erwiesen. Beide Geschäftsfelder müssen aber in diesem Jahr anspringen, wenn Google sein Wachstum halten will.