Netzwirtschaft

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Die Geschichte des "deutschen Bill Gates", der auszog, um Yahoo zu retten

| 4 Lesermeinungen

Marco Börries wurde einst als "deutscher Bill Gates" gefeiert. Nun soll er Yahoo retten - gegen dem amerikanischen Bill Gates.

Die Geschichte hat Legendenpotential. 1984 geht Marco Börries aus Lüneburg mit 15 Jahren als Austauschschüler ins Silicon Valley. Microsofts erstes Betriebssystem MS-DOS ist seit drei Jahren auf dem Markt. Börries ist von den Anfängen der modernen Informationstechnik begeistert und gründet 1985 – gerade einmal 16 Jahre alt – mit 2000 D-Mark Konfirmationsgeld das Start-up-Unternehmen Star Division.


Marco Börries, der mit Anzug und Krawatte wenig an einen Internet-Manager aus dem Silicon Valley erinnert

    Die Garagenfirma programmiert Star Office, eine günstige Variante von Microsofts Bürosoftware. Weil die Software fast so viel kann wie die Microsoft-Programme, aber nur einen Bruchteil kostet, wird sie 25 Millionen Mal verkauft. Börries, der David, macht dem Goliath Gates Konkurrenz. Lange vor Gates erkennt Börries schon im Jahr 1996, dass das Internet unser Leben total verändert. Dann winkt plötzlich der große Coup: IBM-Deutschland übernimmt Star Office für sein Betriebssystem OS/2 und will die Software ganz groß rausbringen. Doch dann kauft IBM überraschend Lotus und muss aus dem Vertrag mit Börries wieder aussteigen – was sich Börries aber gut bezahlen lässt. Von 30 Millionen Dollar ist die Rede.

     1999 macht Börries dann aber richtig Kasse. Für rund 70 Millionen Dollar verkauft er Star Division an den erbitterten Microsoft-Konkurrenten Sun Microsystems. Aus dem Jungunternehmer Börries wird der Angestellte Börries, der aber nur zwei Jahre bei Sun aushält. Ein Abschnitt sei zu Ende gewesen, sagt Börries damals und steigt aus. Mehr Zeit für die Familie will er haben; Geld genug hat er dafür.

    Aber Börries hält das beabsichtigte zweijährige Nichtstun am neuen Wohnort in Kalifornien nur vier Monate aus. Dann gründet er Verdisoft, mit 20 Millionen Dollar eigenem Geld. Zweck der Firma: Ein Art universelle Schnittstelle zwischen allen Geräten verschiedener Hersteller. Daten von Computern sollen ihren Weg auf das Handy finden und auch wieder zurückfließen können. Mit 20 Mitarbeitern entwickelt er in Kalifornien und Hamburg die Software, die ihn 2002 zurück auf die Cebit führt.

    Die Software wird gut, und plötzlich wollen alle sie haben. United Internet meldet Interesse an der Software an; auch mit T-Mobile und Vodafone verhandelt er schon damals. Aber richtig viel Geld wollen die Unternehmen nicht für die Software zahlen.

    Doch dann kommt Yahoo, kauft die ganze Firma und Börries gleich mit. Seit 2005 ist er nun als “Senior Vice President Connected Life” einer der Top-Manager von Yahoo – und inzwischen ihr wichtigster Hoffnungsträger. Unter den lockeren Internetmanagern sticht er in seinen seriösen Anzügen (mit Einstecktuch) zwar immer noch als Exot hervor, doch Yahoo ist im mobilen Internet dank Börries dem Erzrivalen Google technologisch weit voraus.

    Das kann sonst kaum einer der Yahoo-Vizepräsidenten von seiner Sparte behaupten. Börries’ Stellenwert zeigt sich auf der Computermesse CES in Las Vegas zu Anfang des Jahres. Yahoo-Vorstandschef Jerry Yang überlässt Börries die Show und macht damit deutlich: Der Deutsche ist unser Trumpf gegen Google. Zwar hat der Suchmaschinengigant längst auch das mobile Internet als Wachstumsmotor erkannt und investiert kräftig, doch Yahoo liegt noch klar vorn.

    Auf der Mobilfunkmesse in Barcelona verkündet Börries dann, dass T-Mobile künftig Yahoo statt Google auf seinen Handys als Suchmaschine einsetzen wird. Ein Triumph, auf den er gerne und häufig hinweist. Bei Sätzen wie “T-Mobile nutzt jetzt unsere Software, weil sie einfach besser ist”, ist der Stolz in seiner Stimme kaum zu überhören. Gleichzeitig kündigt Börries die Software One Connect an, die den Durchbruch für das mobile Internet bringen soll. One Connect soll alle sozialen Netzwerke, E-Mail-Konten und Echtzeit-Nachrichtendienste auf einer mobilen Plattform vereinen. Nur wenig später hat er jetzt auf der Cebit die Konkurrenz abermals düpiert: One Place heißt die Software, die alle Inhalte aus dem Internet wie Fotos, Nachrichten oder Links auf Internetseiten in einer Software auf dem Handy bündelt.

    Vor allem im Vergleich mit den deutschen Unternehmen, die auf der Cebit auch ihre Produkte zeigen, wird deutlich, wie weit Börries der Konkurrenz voraus ist. Und dies gilt, obwohl seine Software weitgehend aus Deutschland stammt. Seit Verdisoft-Zeiten sitzt der größte Teil des Entwicklerteams in Deutschland. Hier wird Börries, ein Fan des zurzeit erfolgreichen Fußball-Bundesligaklubs Hamburger Sport-Verein, auch häufiger im Stadion gesehen.

    Ob der “deutsche Bill Gates” künftig für den amerikanischen Bill Gates arbeiten wird, will Börries, der sonst nie um eine Antwort verlegen ist, aber nicht verraten. “Den Vergleich mag ich gar nicht. Bill hat schon so viel erreicht”, sagt er bescheiden, was sonst nicht zu seinen Charakterstärken gehört. In diesem Jahr wird Börries 40. Noch hat die Legende kein Happy End.


4 Lesermeinungen

  1. Steffen sagt:

    In Lüneburg kursiert das...
    In Lüneburg kursiert das Gerücht, dass Marco Börries damals seine Heimat verließ, weil sich Nachbarn über den regen Geschäftsverkehr in seinem Elternhaus beschwerten, da Marco seine Firma in einem Wohn- und keinem Gewerbegebiet betrieb. Im Nachhinein ärgert man sich hier, ihn dadurch “vertrieben” zu haben ;)

  2. Klasse Typ. Hut ab...
    Klasse Typ. Hut ab

  3. neele sagt:

    mein verwandter :)...
    mein verwandter :)

  4. neele sagt:

    mein verwandter :)...
    mein verwandter :)

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