Netzwirtschaft

Das Internet gleicht Verluste der Medien im Stammgeschäft nicht aus

Bürgerjournalisten, Blogger, News-Aggregatoren – die Demokratisierung und der technische Fortschritt im Internet bergen viele Gefahren für den traditionellen Journalismus. Aber diese Gefahren sind nichts im Vergleich zum wirtschaftlichen Problem: „Mehr und mehr kommt zum Vorschein, dass das größte Problem für die traditionellen Medien nichts damit zu tun hat, wo sich die Menschen ihre Nachrichten herholen. Die immer bedrohlicher werdende Realität ist, dass die Werbung nicht so schnell ins Internet wandert wie die Konsumenten. Die Krise des Journalismus ist nicht der Verlust des Publikums. Es ist das Ende der Verbindung zwischen Nachrichten und Werbung”, lautet das Fazit des aktuellen Jahresberichts zur Lage der amerikanischen Medien, der von dem „Projekt für Exzellenz im Journalismus” (PEJ) des PEW-Forschungsinstituts in Washington vorgelegt wurde. Print-Verluste im Internet zu kompensieren gelinge selbst der „New York Times” nicht, die im Internet jeden Monat 14,7 Millionen Lesern habe. „Es wird immer deutlicher, dass die Nachrichten-Branche sehr viel aggressiver als bisher neue Geschäftsmodelle entwickeln muss”, heißt es in der Studie.

Zwar ist die Online-Werbung in Amerika im vergangenen Jahr um 25 Prozent auf 21 Milliarden Dollar gestiegen, doch das Wachstum wird maßgeblich von den Suchmaschinen bestimmt. Die Werbeeinnahmen der Medien können nicht mithalten, wachsen nur etwa 10 Prozent im Jahr, haben die Pew-Forscher herausgefunden. Soziale Netzwerke wie Facebook, deren Plattformgeschäft ein höheres Wachstumspotential hat als die traditionellen Medien, ziehen zusätzlich Werbeeinnahmen ab.

Damit stelle sich die zentrale Frage: Wie werden die traditionellen Medien reagieren, wenn sich herausstellt, dass die Online-Werbung die rückläufigen Einnahmen aus dem Stammgeschäft nicht kompensieren kann? Den Verlegern sei klar, dass sie die Abwanderung ihrer Leser ins Internet nicht aufhalten können. Ob das Netz künftig allerdings in der Lage ist, für ähnlich hohe Umsätze wie das klassische Printgeschäft heute zu sorgen, wird angezweifelt. Klar sei aber auch: Eine Alternative zur Geschäft im Internet gibt es nicht, weil die Verlage nur dort Geschäfte machen können, wo ihre Leser sind.

Eine Antwort auf diese Fragen sei bis heute nicht gefunden. Nachdem die Versuche, die Nutzer für Inhalte zahlen zu lassen, weitgehend gescheitert sind, erhöhen die meisten traditionellen amerikanischen Medien ihre Investitionen in ihre Internetauftritte, um die Werbeeinnahmen zu erhöhen. „Das Jahr 2007 brachte eine Refokussierung der Ressourcen aus dem traditionellen Medium ins Internet”, schreiben die Pew-Forscher. Das Jahr 2008 bringe einen höheren wirtschaftlichen Druck, aber auch weitere Anstrengungen in diese Richtung:

  1. – Traditionelle Medien gehen Partnerschaften mit großen Internetunternehmen ein, um ihr Werbepotential zu erhöhen.
  2. – Traditionelle Journalisten eignen sich New-Media-Fähigkeiten an, um für den Journalismus der Zukunft gerüstet zu sein. Blogs sind als journalistische Stilform und Kommunikationsinstrument etabliert. Nach Schätzungen von Marktforschern werden die Werbung in Blogs von 36 Millionen Dollar im Jahr 2006 auf 300 Millionen Dollar im Jahr 2010 steigen, schreiben die Pew-Forscher.
  3. – Medienunternehmen erweitern die Definition des Journalismus. Es geht nicht mehr nur allein um originäre Markeninhalte. Nachrichtenseiten nehmen immer mehr die Rolle des Navigators ein, der ihre Nutzer durch Inhalte navigieren, die auch aus anderen Quellen stammen.
  4. – Verbindungen mit E-Commerce-Angeboten sollen die Umsätze erhöhen.

 

Eine Idee, die Online-Werbeeinnahmen zu erhöhen, schlägt das Beratungsunternehmen Ernst & Young vor: Die Verlage sollten ihr Werbemodell umstellen. Statt ihre Reichweite in Form der Bezahlung je 1000 Kontakte zu vermarkten, sollten sie das Google-Modell der Bezahlung je Klick oder je generiertem Kundenkontakt einsetzen. „Der Wechsel könnte die Online-Werbeeinnahmen der großen Nachrichtenseiten in Großbritannien von heute jeweils etwa 15 bis 20 Millionen Pfund verfünffachen”, erwartet Luca Mastrodonato von Ernst & Young. Egal, ob Verleger ihre Zukunft mit Bezahlinhalten oder kostenlosen Inhalten sehen – „das Internet spielt eine zentrale Rolle in allen künftigen Geschäftsmodellen der Zeitungen”, sagte Mastrodonato und empfiehlt den Verlagen Kooperationen mit anderen Internetunternehmen. „Organisches Wachstum könnte zu langsam sein”.

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