Netzwirtschaft

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Die Digitalisierung erfasst immer mehr Lebensbereiche. Wie sie sich auf Menschen und Märkte auswirkt, beleuchtet das Netzwirtschaft-Blog auf FAZ.NET.

Informationsverhalten: Internet nimmt klassischen Medien rapide Marktanteile ab

| 8 Lesermeinungen

Das Informationsverhalten der Menschen ändert sich dramatisch. Das Internet kann fast allen klassischen Medien Marktanteile als Informationsmedium abnehmen. In der Summe ist das Internet schon auf Rang 2 der Informationsmedien; bei jungen Menschen mit Abstand auf Rang 1.

Allensbach hat das Informationsverhalten der Menschen im Zeitablauf untersucht. Wenig überraschend, aber dennoch sehr brisant, ist die Deutlichkeit, mit der das Internet den Printmedien den Rang als Informationsmedium abläuft. Vor allem bei jungen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ist die Entwicklung der vergangenen neun Jahre sehr deutlich abzulesen.

 

 

In der Gesamtbevölkerung ab 14 Jahre ist die Entwicklung hin zum Internet und weg von den klassischen Medien als Informationsmedium zwar weniger stark ausgeprägt, aber tendenziell gleich.

 

Was das für die Tageszeitungen bedeutet? Auch darauf hat Allensbach eine alarmierende Antwort: Die Reichweite der Tageszeitungen geht vor allem bei jungen Menschen stetig und rapide zurück.

 

 

Der Medienwissenschaftler Robin Meyer-Lucht hat die Allensbach-Zahlen einmal fortgeschrieben und gelangt zu folgendem Ergebnis: “In fünf Jahren erreichen Tageszeitungen weniger als die Hälfte der 14- bis 64-jährigen Menschen; im Jahr 2015 sind es nur noch 46,3 Prozent”. Wird die Entwicklung des mobilen Internet mit eingerechnet, erwartet Meyer-Lucht bis 2015 nur noch eine Reichweite von 43 Prozent.

 

Tagesaktuelle Informationen, also wohl vorwiegend Nachrichten, lesen die Menschen aber immer noch weit häufiger in der Zeitung als im Internet.

Bild zu: Informationsverhalten: Internet nimmt klassischen Medien rapide Marktanteile ab

 

UND: Intensive Internetnutzer lesen auch überproportional häufig Zeitung, weil sie stark an Informationen interessiert sind.  

Bild zu: Informationsverhalten: Internet nimmt klassischen Medien rapide Marktanteile ab

 

 

Dazu passt die Analyse des amerikanischen PEW-Instituts:„Mehr und mehr kommt zum Vorschein, dass das größte Problem für die traditionellen Medien nichts damit zu tun hat, wo sich die Menschen ihre Nachrichten herholen. Die immer bedrohlicher werdende Realität ist, dass die Werbung nicht so schnell ins Internet wandert wie die Konsumenten. Die Krise des Journalismus ist nicht der Verlust des Publikums. Es ist das Ende der Verbindung zwischen Nachrichten und Werbung”, lautet das Fazit des aktuellen Jahresberichts zur Lage der amerikanischen Medien, der von dem „Projekt für Exzellenz im Journalismus” (PEJ) des PEW-Forschungsinstituts in Washington vorgelegt wurde. Print-Verluste im Internet zu kompensieren gelinge selbst der „New York Times” nicht, die im Internet jeden Monat 14,7 Millionen Lesern habe. „Es wird immer deutlicher, dass die Nachrichten-Branche sehr viel aggressiver als bisher neue Geschäftsmodelle entwickeln muss”, heißt es in der Studie.

Zwar ist die Online-Werbung in Amerika im vergangenen Jahr um 25 Prozent auf 21 Milliarden Dollar gestiegen, doch das Wachstum wird maßgeblich von den Suchmaschinen bestimmt. Die Werbeeinnahmen der Medien können nicht mithalten, wachsen nur etwa 10 Prozent im Jahr, haben die Pew-Forscher herausgefunden. Soziale Netzwerke wie Facebook, deren Plattformgeschäft ein höheres Wachstumspotential hat als die traditionellen Medien, ziehen zusätzlich Werbeeinnahmen ab.

Damit stelle sich die zentrale Frage: Wie werden die traditionellen Medien reagieren, wenn sich herausstellt, dass die Online-Werbung die rückläufigen Einnahmen aus dem Stammgeschäft nicht kompensieren kann? Den Verlegern sei klar, dass sie die Abwanderung ihrer Leser ins Internet nicht aufhalten können. Ob das Netz künftig allerdings in der Lage ist, für ähnlich hohe Umsätze wie das klassische Printgeschäft heute zu sorgen, wird angezweifelt. Klar sei aber auch: Eine Alternative zur Geschäft im Internet gibt es nicht, weil die Verlage nur dort Geschäfte machen können, wo ihre Leser sind.

Eine Antwort auf diese Fragen sei bis heute nicht gefunden. Nachdem die Versuche, die Nutzer für Inhalte zahlen zu lassen, weitgehend gescheitert sind, erhöhen die meisten traditionellen amerikanischen Medien ihre Investitionen in ihre Internetauftritte, um die Werbeeinnahmen zu erhöhen. „Das Jahr 2007 brachte eine Refokussierung der Ressourcen aus dem traditionellen Medium ins Internet”, schreiben die Pew-Forscher. Das Jahr 2008 bringe einen höheren wirtschaftlichen Druck, aber auch weitere Anstrengungen in diese Richtung:

  • Traditionelle Medien gehen Partnerschaften mit großen Internetunternehmen ein, um ihr Werbepotential zu erhöhen.
  • Traditionelle Journalisten eignen sich New-Media-Fähigkeiten an, um für den Journalismus der Zukunft gerüstet zu sein. Blogs sind als journalistische Stilform und Kommunikationsinstrument etabliert. Nach Schätzungen von Marktforschern werden die Werbung in Blogs von 36 Millionen Dollar im Jahr 2006 auf 300 Millionen Dollar im Jahr 2010 steigen, schreiben die Pew-Forscher.
  • Medienunternehmen erweitern die Definition des Journalismus. Es geht nicht mehr nur allein um originäre Markeninhalte. Nachrichtenseiten nehmen immer mehr die Rolle des Navigators ein, der ihre Nutzer durch Inhalte navigieren, die auch aus anderen Quellen stammen.
  • Verbindungen mit E-Commerce-Angeboten sollen die Umsätze erhöhen.

 

Links:

Download:

Zum Thema: Online vs Print

 

Zum Thema:Wie Entscheidungen im Internet getroffen werden

 Zum Thema: Werbung der Zukunft

 


8 Lesermeinungen

  1. Lieber Herr Schmidt, diese...
    Lieber Herr Schmidt, diese Zahlen sollten in den Redaktionen und Verlagen der Tageszeitungen die Alarmglocken schrillen lassen. Aber haben Sie den Eindruck, dort wird gegengesteuert? Ich nicht. Weder inhaltlich, noch im Layout sehe ich irgendwelche Tendenzen, vermehrt eine junge Leserschaft anzusprechen. Mir fällt das Sprichwort meines alten Chefredakteurs ein: “Es gibt Menschen, die merken erst dann, dass ihnen ein Nagel in den Kopf geschlagen wurde, wenn Rost am Gesicht langläuft”. Gruß nach Frankfurt!

  2. <p>Hallo - Sicherlich genauso...
    Hallo – Sicherlich genauso richtig wie spannend was da gerade passiert. Auf der anderen Seite zeigt die AWA aber auch, dass gerade die Hardcore-Internet-Nutzer auch sehr printaffin sind; leider kann ich hier keine Bilder posten, aber in der AWA 2008 sind durchaus aus Pro-Print Argumente auch in einer jungen Zielgruppe zu finden. Hinzu kommt, dass nach wie vor 50% der Bevölkerung in Deutschland aktuelle Informationen in den Zeitungen sucht und nur 11% im Internet (ab 14 Jahren). Wir leben (da zähle ich mich gerne ab und an dazu) auch ein wenig in unserer Online-Blase, in der wir die Gesamtheit nicht sehen wenn auch die Trends klar sind. Die Gegenwart ist noch viel weniger Online und viel mehr Print als wir manchmal denken. Meine Meinung ist klar: Print lebt, das Abo ist tot.

  3. FAZ-ht sagt:

    @ Andre Hellmann:...
    @ Andre Hellmann: Tagesaktuelle Informationen, womit wohl Nachrichten gemeint sind, suchen die Menschen laut AWA in der Tat häufiger im Print als im Internet. Die entscheidende Frage ist daher, woran die Werbung künftig festmacht: An Nachrichten oder an Produktinformationen, Vergleichsseiten und Suchmaschinen im Internet? Natürlich werden Zeitungen weiterhin gelesen, aber wohin fließen die Werbegelder? Sind Nachrichtenseiten im Internet in der Lage, genügend Werbung an sich zu binden? In welchem Umfeld wirkt Werbung am besten?

  4. <p>Das sind in der Tat die...
    Das sind in der Tat die entscheidenden Fragen. Schaut man sich das gegenwärtige Medienverhalten aus der Vogelperspektive an fällt mir auf, dass sich die Konsumenten in zwei Lager spalten. Die einen, unter 40, sind themen-treu; sprich suchen gezielt nach ihren Themen in der Auswahl von Printmedien während sich die Gruppe über 50 speziell titel-treu gibt und sich beim Agenda Setting auf die bekannten Marken verlässt (AWA 2007; eigene Recherche). Stelle dazu gleich einmal eine Grafik auf unseren Blog. Woher kommt das themen-spezifische Verhalten? Aus dem Netz, logo. Von daher sollte sich Werbung über alle Plattformen hinweg an Themen festhalten (nicht Keywords; sondern Kontext). So sollte es wieder möglich sein große Reichweiten und eine relevante Aktivierung zu erreichen. Denn darum geht es den Werbekunden ja; dass ihre Ziele erreicht werden (Zielgruppen erschließen, Bekanntheit, Engagement, Lead Generierung, etc.). Die Frage bzw. ihre Antwort ist sicherlich komplexer als meine Worte hier bzw. ist das auch keine Wahrheit, sondern eine Meinung. Aber wir erleben es täglich, dass diese Auffassung als sinnvoll erachtet wird :-)

  5. Finanzine sagt:

    Ich habe heute erst auf der...
    Ich habe heute erst auf der Homepage einer Fachzeitung für Marketing eine sehr interessante Studie zu diesem Thema gelesen: 40% der 16 – 64 denken, dass das Interent für Sie eine unerlässliche Informationsquelle ist.
    Dennoch deke ich, dass Tageszeitungen weiter gelesen werden. Auch aus der besagten Studie geht hervor, dass die meisten Leute das Internet dazu benutzen, etwas zu recherchieren oder etwas zu kaufen. Die täglichen Nachrichten werden jedoch noch immer bevorzugt per Zeitung oder TV “konsumiert”.

  6. Bote sagt:

    De Bestand an Zeitungslesern...
    De Bestand an Zeitungslesern muss auch danach bertrachtet werden, ob genügend solche nachwachsen. Das Bild von schnelllebiger Zeit zeichnet sich auch daurch, dass Fernsehnachrichten die grundlegende Neugier der jungen Menschen befriedigen und die individuelle Neugier von den Nachrichten-Medien nicht befriedigt werden kann.

  7. Die Suchmaschinen sind auch...
    Die Suchmaschinen sind auch 2010 nach wie vor der wichtgste Treiber für die Umsätze im Online-Werbemarkt. Hier hat sich die Prophezeihung bewahrheitet. Informations- und Konsumverhalten bewegen sich weg von den klassischen Medien zunehmend Richtung Internet. Das gedruckte Tageszeitungen an Relevanz verlieren: Diese These sehe ich nicht belegt. Auch das iPad wird die gedruckten Nachrichten nicht vollständig ersetzen. @Bote: Auch dies (mangelnde Individualität der Fernseh-Nachrichten) wird sich mit zunehmender Konvergenz von TV und Internet auflösen.

  8. <p>Bezüglich der...
    Bezüglich der tagesaktuellen Informationen mag das Internet zwar momentan noch eine untergeordnete Rolle spielen, jedoch zeigt die obenstehende Grafik eindeutig den Trend, während Fernsehen und Zeitung seite 2004 3 bzw. 4% verlor, legte das Internet seit 2004 um 6% zu!!! Und oben genannte STatistik bezieht sich lediglich auf die Zeitspanne 2004/08.
    Ich denke, dass mit jedem Jahr das Internet für die allgemeine Informationsbeschaffung an Relevanz gewinnen wird! Dieser Trend ist auch eindeutig zu sehen bei den Tageszeitungen! Immer mehr bieten Apps für das mobile Internet an.

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