Allensbach hat das Informationsverhalten der Menschen im Zeitablauf untersucht. Wenig überraschend, aber dennoch sehr brisant, ist die Deutlichkeit, mit der das Internet den Printmedien den Rang als Informationsmedium abläuft. Vor allem bei jungen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ist die Entwicklung der vergangenen neun Jahre sehr deutlich abzulesen.
In der Gesamtbevölkerung ab 14 Jahre ist die Entwicklung hin zum Internet und weg von den klassischen Medien als Informationsmedium zwar weniger stark ausgeprägt, aber tendenziell gleich.
Was das für die Tageszeitungen bedeutet? Auch darauf hat Allensbach eine alarmierende Antwort: Die Reichweite der Tageszeitungen geht vor allem bei jungen Menschen stetig und rapide zurück.
Der Medienwissenschaftler Robin Meyer-Lucht hat die Allensbach-Zahlen einmal fortgeschrieben und gelangt zu folgendem Ergebnis: “In fünf Jahren erreichen Tageszeitungen weniger als die Hälfte der 14- bis 64-jährigen Menschen; im Jahr 2015 sind es nur noch 46,3 Prozent”. Wird die Entwicklung des mobilen Internet mit eingerechnet, erwartet Meyer-Lucht bis 2015 nur noch eine Reichweite von 43 Prozent.
Tagesaktuelle Informationen, also wohl vorwiegend Nachrichten, lesen die Menschen aber immer noch weit häufiger in der Zeitung als im Internet.
UND: Intensive Internetnutzer lesen auch überproportional häufig Zeitung, weil sie stark an Informationen interessiert sind.
Dazu passt die Analyse des amerikanischen PEW-Instituts:„Mehr und mehr kommt zum Vorschein, dass das größte Problem für die traditionellen Medien nichts damit zu tun hat, wo sich die Menschen ihre Nachrichten herholen. Die immer bedrohlicher werdende Realität ist, dass die Werbung nicht so schnell ins Internet wandert wie die Konsumenten. Die Krise des Journalismus ist nicht der Verlust des Publikums. Es ist das Ende der Verbindung zwischen Nachrichten und Werbung”, lautet das Fazit des aktuellen Jahresberichts zur Lage der amerikanischen Medien, der von dem „Projekt für Exzellenz im Journalismus” (PEJ) des PEW-Forschungsinstituts in Washington vorgelegt wurde. Print-Verluste im Internet zu kompensieren gelinge selbst der „New York Times” nicht, die im Internet jeden Monat 14,7 Millionen Lesern habe. „Es wird immer deutlicher, dass die Nachrichten-Branche sehr viel aggressiver als bisher neue Geschäftsmodelle entwickeln muss”, heißt es in der Studie.
Zwar ist die Online-Werbung in Amerika im vergangenen Jahr um 25 Prozent auf 21 Milliarden Dollar gestiegen, doch das Wachstum wird maßgeblich von den Suchmaschinen bestimmt. Die Werbeeinnahmen der Medien können nicht mithalten, wachsen nur etwa 10 Prozent im Jahr, haben die Pew-Forscher herausgefunden. Soziale Netzwerke wie Facebook, deren Plattformgeschäft ein höheres Wachstumspotential hat als die traditionellen Medien, ziehen zusätzlich Werbeeinnahmen ab.
Damit stelle sich die zentrale Frage: Wie werden die traditionellen Medien reagieren, wenn sich herausstellt, dass die Online-Werbung die rückläufigen Einnahmen aus dem Stammgeschäft nicht kompensieren kann? Den Verlegern sei klar, dass sie die Abwanderung ihrer Leser ins Internet nicht aufhalten können. Ob das Netz künftig allerdings in der Lage ist, für ähnlich hohe Umsätze wie das klassische Printgeschäft heute zu sorgen, wird angezweifelt. Klar sei aber auch: Eine Alternative zur Geschäft im Internet gibt es nicht, weil die Verlage nur dort Geschäfte machen können, wo ihre Leser sind.
Eine Antwort auf diese Fragen sei bis heute nicht gefunden. Nachdem die Versuche, die Nutzer für Inhalte zahlen zu lassen, weitgehend gescheitert sind, erhöhen die meisten traditionellen amerikanischen Medien ihre Investitionen in ihre Internetauftritte, um die Werbeeinnahmen zu erhöhen. „Das Jahr 2007 brachte eine Refokussierung der Ressourcen aus dem traditionellen Medium ins Internet”, schreiben die Pew-Forscher. Das Jahr 2008 bringe einen höheren wirtschaftlichen Druck, aber auch weitere Anstrengungen in diese Richtung:
- Traditionelle Medien gehen Partnerschaften mit großen Internetunternehmen ein, um ihr Werbepotential zu erhöhen.
- Traditionelle Journalisten eignen sich New-Media-Fähigkeiten an, um für den Journalismus der Zukunft gerüstet zu sein. Blogs sind als journalistische Stilform und Kommunikationsinstrument etabliert. Nach Schätzungen von Marktforschern werden die Werbung in Blogs von 36 Millionen Dollar im Jahr 2006 auf 300 Millionen Dollar im Jahr 2010 steigen, schreiben die Pew-Forscher.
- Medienunternehmen erweitern die Definition des Journalismus. Es geht nicht mehr nur allein um originäre Markeninhalte. Nachrichtenseiten nehmen immer mehr die Rolle des Navigators ein, der ihre Nutzer durch Inhalte navigieren, die auch aus anderen Quellen stammen.
- Verbindungen mit E-Commerce-Angeboten sollen die Umsätze erhöhen.
Links:
Download:
- Allensbach: Mediennutzung gestern – heute – morgen (PDF)
- Allensbach: Die junge Generation als Vorhut gesellschaftlicher Veränderung (PDF)
- PEW-Jahresbericht des “State of the Media 2008”
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