Ein klares Dementi wollte Hinrichs aber auch nicht geben – auch seine Wortmeldungen per Twitter im Laufe des Tages konnten die Gerüchte nicht aus der Welt schaffen. Wäre nichts dran an dem Gerücht, hätte Hinrichs dementieren müssen. Das hat er nicht getan – wohl wissend, dass dies fast einer Bestätigung gleichkommt. Warum er so unklar kommuniziert, bleibt sein Geheimnis. Als Chef eines Internet-Start-ups kann man solche Dinge per Twitter kommunizieren. Als Vorstandsvorsitzender eines börsennotierten Unternehmens, das Aktionäre hat, von denen viele wahrscheinlich gar nicht wissen, was Twitter ist, sicher nicht.
Die dpa meldete im Laufe des Freitags, Hinrichs sei über eine Kontroverse über die Nutzung von Mitgliederdaten gestolpert. Die Suche nach einem Nachfolger laufe auf Hochtouren. Mit einer Entscheidung sei bald zu rechnen. Die Antwort kam wieder per Twitter: “DPA: Falsche schlechte Nachrichten verkaufen sich sichtlich besser als die hervorragenden Neuigkeiten, die wir seit sieben Quartalen fortlaufend produziert haben“, so Hinrichs. „Das ärgert mich wirklich.“
Diese dpa-Darstellung wurde später auf Nachfrage auch vom Unternehmen dementiert. Hinrichs werde nicht wegen einer Kontroverse über Daten zurücktreten. Er genieße das volle Vertrauen seiner Vorstandskollegen und des Aufsichtsrates. Ob Hinrichs aus einem anderen Grund zurücktrete, wollte das Unternehmen aber auch zu diesem Zeitpunkt nicht kommentieren. Was widerum ein völlig unübliches Verhalten wäre, wenn Hinrichs tatsächlich im Amt bliebe. Die Spekulation über den Rücktritt ist damit nicht beseitigt, sondern nur ein möglicher Grund ausgeschlossen worden.
Ein schlechtes Geschäft kann eigentlich nicht der Grund für einen möglichen Rücktritt sein, da Xing zuletzt gute Zahlen vorgelegt hat. Der Aktienkurs ist zwar gefallen, aber Xing hat sich in der Krise bisher besser behauptet als die meisten anderen Internetunternehmen. Auch am Einfluss einer Großinvestors scheint es nicht zu liegen. Ein Blick auf die Aktionärsstruktur zeigt, dass Hinrichs über die LH Cinco Capital GmbH immer noch fast 28 Prozent des Unternehmens gehören. Andere große Anteilseigner gibt es nicht.
Bleibt als mögliche Erklärung noch ein privater Grund. Hinrichs hat in Interviews immer mal wieder anklingen lassen, dass er sich ein Leben nach und ohne Xing vorstellen könne. Befragt zu seinen Plänen für die Zeit nach Xing sagte er vor einem Jahr: „Ich mache nur Dinge, die ich mit Leidenschaft tun kann.“ Das muss gar nicht das Internet sein, aber mit Technik solle es schon zu tun haben. „Die Idee muss über Technik skalieren“, sagte er. „Über Menschen zu skalieren kann nie funktionieren.“ Der normale Bürger auf der Straße müsse die Idee verstehen können. Aber immer gelte: „Man muss entweder einen bestehenden Markt revolutionieren oder einen neuen Markt schaffen.“ Vielleicht hat Hinrichs einfach nur einen neuen Super-Job in Aussicht.
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