Netzwirtschaft

Marissa Mayer: „Google muss viel mehr Inhalte anzeigen"

Marissa Mayer treibt bei Google die Entwicklung der Suchmaschine maßgeblich voran. Obwohl das Unternehmen den Suchmaschinenmarkt beherrscht, sieht Mayer Google noch lange nicht am Ziel. Gerüchte, sie wolle Google verlassen, weist sie zurück.
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Googles hat die “Universal Search” eingeführt, die als Suchergebnis zum Beispiel auch Nachrichten oder Videos umfasst. Was kommt als Nächstes?

Universal Search ist nur der Anfang. Wir müssen viel mehr Inhalte in der Suche anzeigen; Videos, lokale Informationen oder Produktinformationen. Noch geben wir den Nutzern nicht die bestmögliche Antwort. Auch der Suchmodus wird sich ändern: Können wir Suchmöglichkeiten in Autos anbieten, oder was ist die beste Suche für Handys. Es gibt zwar bereits Suchmöglichkeiten auf dem Handy, aber das ist noch nicht perfekt. Zum Beispiel haben wir die Sprachsuche in Amerika eingeführt, damit die Menschen ihre Suchanfrage einfach am Telefon stellen können.

Wie unterscheiden sich die Suchanfragen, die von einem Handy kommen, von den Anfragen am Personalcomputer?

Die Menschen benötigen andere Informationen, oft Zugfahrpläne, Anfangszeiten von Veranstaltungen und Nachrichten. Auch die Ergebnisse, die Google anzeigt, sind andere. Zum Beispiel zeigen wir bei einer Bildersuche nur fünf oder zehn Bilder auf dem Handy an, während auf einem normalen Bildschirm Platz für viel mehr Bilder ist. Über die Weihnachtsferien sind die normalen Suchanfragen gesunken; auch die Büchersuche ging zurück, weil die Studenten nicht an den Universitäten waren. Aber die mobile Suche ist gestiegen, weil die Menschen häufig unterwegs waren. Mobile Landkarten waren besonders gefragt.

Gibt es eigentlich zwei Infrastrukturen bei Google, für Anfragen von stationären Computern und von Handys?

Wenn eine Suchanfrage ankommt, geht sie durch 700 bis 1000 Netzwerkrechner. Die Anfragen werden gleich behandelt, nur die Anzeige unterscheidet sich dann.

In Deutschland sind vor allem Verlage besorgt, dass Google die Nutzer in der Suche am liebsten zu seinen eigenen Angeboten wie Google Maps oder Youtube leitet, um die Wertschöpfungskette zu verlängern, also mehrfach Werbung verkaufen zu können.

Ich weiß, woher diese Angst kommt, denn viele Portale der ersten Stunden haben das gemacht. Aber für Google ist das keine Option. Wir versuchen, dem Nutzer die beste Information zu geben, egal woher sie kommt.

Googles Anteil am Online-Werbemarkt lag im vergangenen Jahr bei rund 60 Prozent, wenn die tatsächlich erzielten Umsätze zugrunde gelegt werden. Befürchten Sie, dass ihre Wettbewerber bald die Kartellbehörden einschalten, weil Googles Marktmacht einfach zu groß geworden ist?

Nun, unser Marktanteil im Suchmaschinengeschäft basiert darauf, dass die Nutzer bei Google suchen wollen – freiwillig. Sie können jederzeit eine andere Suchmaschine nutzen.

Viele Verlage sind enttäuscht, weil ihre Erlöse aus dem Google-Adsense-Programm nicht die erhofften Erlöse gebracht haben.

Eric Schmidt hat in der Vergangenheit schon gesagt, dass die Online-Werbemodelle mit Nachrichten, vor allem mit Qualitätsjournalismus, effektiver werden müssen. Auf diesem Feld muss noch mehr Erfahrung gesammelt werden.

Wie wird Cloud Computing die Suchmaschinen beeinflussen? Hat Google einen Vorteil, wenn es die Suchmaschinen und die Cloud betreibt?

Cloud Computing wird den Wert des Internet als Plattform erhöhen. Und das ist natürlich eine von Googles großen Zielen. Wenn das Internet besser wird, werden die Menschen es häufiger nutzen und dann auch häufiger suchen. Und davon profitieren wir natürlich. Aber dafür ist es egal, ob Suchmaschine und Cloud in einer Hand sind.

Werden wir bald ein Produkt namens GDrive, also eine Online-Festplatte von Google sehen?

Mit unseren Produkten GMail, Docs, Calender oder Picasa sind wir schon sehr nah an einem solchen Produkt. Anzukündigen habe ich aber nichts.

Ein amerikanisches Weblog hat spekuliert, dass Sie Google verlassen wollen. Was ist dran an der Geschichte?

Gar nichts. Ich habe keine Pläne, Google zu verlassen. Google ist mein Leben und ich werde sicher noch viele Jahre dort arbeiten.

 

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