Netzwirtschaft

Twitter will Geld nur für Premium-Firmenaccounts

Der Micro-Blogging-Dienst Twitter hat nicht vor, Firmen für die Nutzung eines Standard-Twitter-Accounts zur Kasse zu bitten. “Die Möglichkeit, dass Unternehmen für Twitter zahlen, steht schon seit einiger Zeit unter Betracht und wurde auch von anderen Menschen außerhalb Twitters vorgeschlagen. Falls so etwas eingeführt wird, dann nur in Verbindung mit zusätzlichen Funktionen, die für kommerzielle Nutzer relevant sind. Die kommerziellen Nutzer haben dann die Wahl, ob sie zahlen wollen”, sagte Albert Wenger vom Twitter-Hauptinvestor Union Square Ventures in New York der FAZ. Unternehmen können Twitter also weiterhin kostenlos nutzen, stellte Wenger klar. Zuvor hatte Twitter-Mitgründer Biz Stone in einem Interview angedeutet, Twitter werde künftig Geld von Unternehmen für die Twitter-Nutzung verlangen. Auch Twitter hat nun die Sache im Blog klargestellt.

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English version:

Twitter Co-founder Biz Stone told Marketing: ‘We are noticing more companies using Twitter and individuals following them. We can identify ways to make this experience even more valuable and charge for commercial accounts.’ He would not be drawn on the level of charges.

“This is a possibility under consideration (and has certainly been proposed by many folks not just Twitter).  The critical part of Biz’s quote is “We can identify ways to make this experience even more valuable and charge for commercial accounts.”  So this would be as a charge for incremental capabilities that make sense for commercial accounts but not really for individual users – it will be up to users to determine if they need this” said Albert Wenger from Twitter investor Union Square Ventures in an interview with german newspaper FAZ.

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Erklärung: Was ist Twitter ? (für Nicht-Twitterer)

Die Online-Gemeinde hat einen neuen Megatrend: Der heißt Twitter und besteht aus 140 Zeichen langen Kurzmitteilungen. Schreiben kann jeder; empfangen werden diese Mitteilungen, kurz “Tweets” genannt, von den Menschen, die sie als sogenannte Follower zuvor abonniert haben. Das können mehr als 100 000 Menschen sein, die dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama in seinem Wahlkampf gefolgt sind. Oder gut 1000 Menschen, die den SPD-Kandidaten Torsten Schäfer-Gümbel auf seiner Tour durch Hessen auf diese Weise begleitet haben; oder eben nur eine Handvoll Menschen, die immer genau wissen wollen, was ihre Freunde gerade tun. Auf jeden Fall bildet Twitter eine Infrastruktur für eine neuartige Kommunikation, die nicht nur zwischen zwei Menschen erfolgt wie bei der E-Mail, sondern sich direkt an ein Freundenetzwerk beliebiger Größe wendet. Die Web-Gemeinde hat natürlich auch gleich einen Namen dafür gefunden: Micro-Blogging steht für die Möglichkeit, sich mit nur 140 Zeichen auszudrücken.

Zurzeit nutzen etwa sechs Millionen Menschen Twitter. Die Nutzerzahl des 2006 gegründeten amerikanischen Unternehmens wächst aber mit einer Rate von 600 Prozent im Jahr; jeden Tag kommen zwischen 5000 und 10 000 Twitterer hinzu, hat das Marktforschungsunternehmen Hubspot in seinem ersten “State of the Twittersphere” ermittelt. (-> Twitters Popularität steigt rasant)

Twitter ist zuerst von den internetaffinen Bloggern als schnelles Kommunikationsinstrument entdeckt worden. Per Twitter lassen sich nämlich nicht nur Mitteilungen, sondern auch elektronische Verweise (Links) auf andere Quellen im Internet versenden. Seit einigen Monaten hat sich Twitter aber aus der Blogosphäre herausentwickelt und viele Anhänger außerhalb der Netzgemeinde gewonnen. Sogar Projektteams in Unternehmen nutzen Twitter für die schnelle interne Kommunikation.

Inzwischen twittern auch viele Medien, um Nachrichten entweder sehr schnell zu verbreiten oder um auf ihre neuen Online-Artikel aufmerksam zu machen. Seitdem Twitterer vor den Nachrichtenagenturen über Ereignisse wie die Anschläge in Bombay berichteten, gibt es eine Diskussion, ob diese Augenzeugenberichte eine eigene Nachrichtenquelle sind. Berühmt wurde der Tweet von Janis Krums, der als erster Augenzeuge das notgelandete Flugzeug im Hudson fotografierte. “There’s a plane in the Hudson. I’m on the ferry going to pick up the people. Crazy”. Dieser Kommentar und sein Foto gingen dank Twitter um die Welt. Denn die Twitterer liefern mit ihren authentischen Augenzeugenberichten erste Eindrücke, meist lange bevor die klassischen Medien berichten. Die Idee des Bürgerjournalismus hat mit Twitter neuen Schwung bekommen. Allerdings müssen sich die Leser dieser Tweets die Mühe machen, aus den vielen höchstens 140 Zeichen langen Aussagen ein eigenes Bild zusammenzustellen. Daher ist die Diskussion, ob Twitter ein eigenes neues Medium ist, gerade erst in Bewegung gekommen. 

Das größte Problem für Twitter ist aber das Fehlen eines Geschäftsmodells. Die Nutzung der Kommunikationsplattform ist für die Twitterer kostenlos. Die drei Gründer Jack Dorsay, Biz Stone und Evan Williams behaupten auf ihrer Internetseite zwar, einige Monetarisierungsmöglichkeiten zu kennen, aber sich im Moment auf den Aufbau des Dienstes zu konzentrieren. Im Internet werden kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaften, die den Zahlern besondere Funktionen vorbehalten, als wahrscheinlichste Möglichkeit diskutiert, um Geld zu verdienen. Noch müssen sich die drei Gründer darüber aber nicht den Kopf zerbrechen, denn Twitter wird neben Facebook als das zurzeit interessante Internetunternehmen im Silicon Valley gehandelt und erhält daher ausreichend Risikokapital. Eine Übernahmeofferte von Facebook hat Twitter deshalb ausgeschlagen. Twitter hat längst Nachahmerprodukte wie Identi.ca und ist für viele Softwareentwickler Ansporn gewesen, Zusatzprogramme wie Twhirl oder Twitterfeed ins Netz zu stellen. Auch Handy-Anwendungen gibt es schon reichlich.

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