Netzwirtschaft

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Die Digitalisierung erfasst immer mehr Lebensbereiche. Wie sie sich auf Menschen und Märkte auswirkt, beleuchtet das Netzwirtschaft-Blog auf FAZ.NET.

Der Medienwandel beschleunigt sich

| 17 Lesermeinungen

Der Trend, Informationen und Nachrichten zuerst im Internet zu suchen, hat sich im vergangenen Jahr spürbar beschleunigt. Die Frage, wie die gestiegene Reichweite monetarisiert werden kann, ist aber weiterhin ungelöst.

Das amerikanische Pew Research Center’s Project for Excellence in Journalism  hat seinen jährlichen “State of the News Media” für die Vereinigten Staaten veröffentlicht. Ein zentrales Ergebnis aus Internet-Sicht: Die Zahl der Menschen, die das Internet als regemäßige oder gar wichtigste Nachrichtenquelle ansehen, ist sprunghaft gestiegen und hat dabei die Zeitungen überholt. “Wir werden auf 2008 zurückblicken als das Jahr, in dem das Internet-Publikum auf ein neues, nachhaltiges Niveau gehoben wurde. Der Wandel in Richtung der Online-Nachrichten hat aber auch den Abbau der ökonomischen Grundlagen des Nachrichtengeschäftes beschleunigt. Die Frage, wie die Internet-Reichweite monetarisiert werden kann, hat sich zu einem verzweifelten Bemühen entwickelt”, heißt es in dem Bericht. Und weiter: “Wenn das Nachrichtengeschäft sich einigermaßen treu bleiben soll, ist es nun offensichtlich, dass ein neues Geschäftsmodell entwickelt werden muss, in dem traditionelle Werbung bestenfalls ein Teil der Umsatzgleichung ist”, schreiben die Forscher.

Der Kernsatz des Reports lautet: 

“Perhaps least noticed yet most important, the audience migration to the Internet is now accelerating. The number of Americans who regularly go online for news, by one survey, jumped 19% in the last two years; in 2008 alone traffic to the top 50 news sites rose 27%. Yet it is now all but settled that advertising revenue-the model that financed journalism for the last century-will be inadequate to do so in this one. Growing by a third annually just two years ago, online ad revenue to news websites now appears to be flattening; in newspapers it is declining.”

In diesem Jahr werden die Online-Werbeeinnahmen der amerikanischen Nachrichtenseiten eher fallen als steigen, während Google wohl weiter zulegen wird, wenn auch auf niedrigerem Niveau als 2008. (Detailergebnisse im Kapital Economics)

Den Wandel in der Mediennutzung verdeutlich auch die folgende Grafik:

Bild zu: Der Medienwandel beschleunigt sich

Schneller als die Mediennutzung ändert sich aber die Verteilung der Werbebudgets. Print verliert sehr schnell, aber das Internet kann bisher nicht in gleichem Ausmaß davon profitieren. Schon denken einige Medien über Bezahlinhalte nach und nehmen dafür in Kauf, sich vom Wachstum abzukoppeln und in Internet irrelevant zu werden, wie Medienforscher Clay Shirky prognostiziert

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Der Löwenanteil des Interesses entfällt weiterhin auf die Hauptnachrichtenseiten wie MSNBC, Yahoo News und CNN.

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Die Verleger haben auf das Internet reagiert. In den meisten Redaktionen sind Print und Online inzwischen voll integiert. Die Journalisten arbeiten also für alle beiden Medien parallel.

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Für Deutschland hat Allensbach schon im vergangenen Jahr ähnliche Ergebnisse gefunden. Allensbach hat vor allem das Informationsverhalten der Menschen im Zeitablauf untersucht. Wenig überraschend, aber dennoch sehr brisant, ist die Deutlichkeit, mit der das Internet den Printmedien den Rang als Informationsmedium abläuft. Vor allem bei jungen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ist die Entwicklung der vergangenen neun Jahre sehr deutlich abzulesen.

 

In der Gesamtbevölkerung ab 14 Jahre ist die Entwicklung hin zum Internet und weg von den klassischen Medien als Informationsmedium zwar weniger stark ausgeprägt, aber tendenziell gleich.

Das Internet gewinnt als täglich genutzte Informationsquelle sprunghaft an Bedeutung. Vor allem der Anteil junger Menschen, für die das Internet unverzichtbar für die tägliche Information geworden ist, ist 2008 spürbar gestiegen. In der Gruppe der 14- bis 19-Jährigen ist dieser Anteil von 36 auf 43 Prozent geklettert, hat eine Sonderauswertung der Acta ergeben. Auch in der Gruppe der 20 – 29-Jährigen beträgt der Anstieg fast 5 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. In der Gruppe der “Silver Surfer” zwischen 50 und 64 Jahren hat sich der Anteil um 4 Prozentpunkte ebenfalls spürbar erhöht.

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Downloads:

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Die wachsende Bedeutung des Internet schlägt natürlich auf die anderen Medien durch. Der Anteil der Deutschen, die für ihre tägliche Information keine Zeitung mehr benötigen, wächst in allen Altersgruppen, besonders stark aber bei den jungen Menschen.

Bild zu: Der Medienwandel beschleunigt sich

 

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Die Ansicht, für die tägliche Information keine Zeitung mehr zu benötigen, nimmt auch in allen Bildungsschichten zu. Lediglich die Akademiker scheinen – auf den ersten Blick- der Zeitung die Treue zu halten.

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Ein genauer Blick zeigt aber, dass auch diese Treue zur Zeitung eine Generationenfrage ist. Der Anteil der Akademiker zwischen 20 und 39 Jahren, die für ihre tägliche Information keine Zeitung mehr benötigen, ist inzwischen auf 25 Prozent gestiegen. In dieser Gruppe gab mehr als die Hälfte der Befragten an, das Internet als wichtigste Informationsquelle für das aktuelle Geschehen zu nutzen. Die Zeitung, die immerhin noch 46 Prozent als wichtigste Quellen sehen, wurde in diesem Jahr überholt.

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Für mehr als 60 Prozent dieser jungen Akademiker ist das Internet für die tägliche Information unverzichtbar geworden.

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Links:

Zum Thema: Online vs Print

Zum Thema:Wie Entscheidungen im Internet getroffen werden

 


17 Lesermeinungen

  1. Marc Pfeil sagt:

    Ich suche die...
    Ich suche die benutzerfreundliche Druckfunktion? Kann mir jmd. helfen? Finde diese einfach nicht…

  2. FAZ-ht sagt:

    @ Marc Pfeil: Die...
    @ Marc Pfeil: Die Druckfunktion verbirgt sich hinter dem Button “Artikel Services” direkt neben der Headline.

  3. neomr sagt:

    Sehr gelungener Beitrag zum...
    Sehr gelungener Beitrag zum Medienkonsumverhalten. Chapeau!

  4. Ein sehr gut geschriebener...
    Ein sehr gut geschriebener Artikel.
    Bezeichnend ist vor allem ein Satz, welcher die Problematik sehr gut beschreibt: “Schneller als die Mediennutzung ändert sich aber die Verteilung der Werbebudgets. “.
    Meiner Meinung nach laufen zahlreiche Werbetreibende in eine Online.Falle. Diese ergibt sich zum Einen aus einer nicht ausreichenden Analyse der Potentiale von Online-Werbung und zum Anderen aus einem Hinterherjagen von Trends.
    Mit freundlichen Grüßen

  5. Sehr guter Artikel!
    In ein...

    Sehr guter Artikel!
    In ein paar Jahren wird das Internet eine noch bedeutendere Quelle für News sein. Ganz verschwinden wird der Print-Bereich aber erstmal nicht. Ausführliche Artikel lese ich zumindest lieber auf Papier.

  6. Die "Druckindustrie" im...
    Die “Druckindustrie” im allgemeinen ist gewissen (konjunkurellen) Zyklen unterworfen. Sie lebt größtenteils von Werbeausgaben (siehe auch Finanzierung von Zeitungen/Zeitschriften).
    Aktuell kommt zu diesem konjunkturellem Tal noch eine strukturelle Veränderung hinzu, nämlich die Umverteilung von Werbebudgets. Die Umverteilung von Werbebudgets (z.B. zu “Online”) ist aber keine so starke, dass die Printmedien, zumindest kurz- mittelfristig gesehen, dadurch Schaden nähmen.
    Somit wird es nach einer zeitweisen konunkturellen Delle in absehbarer Zeit (vermutlich in den kommenden zwei bis drei Jahren) wieder einer spürbare Belebung im “Print-Bereich” geben.
    Viele Grüße

  7. FAZ-ht sagt:

    @ future of printmedien: Das...
    @ future of printmedien: Das wäre schön. Aber wie sagte Renate Köcher erst vor wenigen Tagen: “Ich bin nicht sicher, dass das alte Gesetz noch gilt, dass neue Medien alte nicht verdrängen.”

  8. @Holger Schmidt

    Meiner...
    @Holger Schmidt
    Meiner Meinung nach wird sich in naher Zukunft eine Korrektur der Bewertung von Online-Medien bzw. digitalen Inhalten vollziehen. Vieles in diesem Bereich is trendgetrieben.
    Es gibt ohne Zweifel Verschiebungen in der Mediennutzung.
    Allerdings fehlt nach wie vor ein wirklich erfolgreiches Geschäftsmodell im digitalen Bereich, mit dem sich Geld verdienen lässt. Hier meine ich nicht nur ein Modell, dass für ein Unternehmen funktioniert sondern ein Modell, dass für mehrere digitale Angebote funktioniert –> es gibt ja auch mehrere Zeitungen (die “Geld” Verdienen).
    Die digitalen Angebote sind auch oftmals im Besitzt klassischer Verlage (spiegel.de) und dort merkt man auch, dass den Ressourcen zum Betreiben der Onlineangebote zumeist nur ein geringer oder gar kein Gewinn entgegen steht.
    Dies ist gerade bei den renditeverwöhnten Verlagen ein Problem
    siehe auch: https://faz-community.faz.net/blogs/netzwirtschaft-blog/archive/2009/03/27/interneteinnahmen-amerikanischer-zeitungen-brechen-ein.aspx
    Viele Grüße

  9. Diemo Ruhnow sagt:

    Interessanter Artikel - ich...
    Interessanter Artikel – ich bin gespannt, wie die Entwicklung vorangeht, insbesondere was bezahlpflichte Inhalte angeht, wie sie bereits einige “Zeitungen” gestartet haben.

  10. Hasselmann sagt:

    Ein sehr gut geschriebener...
    Ein sehr gut geschriebener Artikel.

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