Der Mikroblogging-Dienst Twitter hat den Trend zum Echtzeit-Internet ausgelöst; nun ziehen andere Web-2.0-Dienste nach. Vor allem das soziale Netzwerk Facebook, das als Reaktion auf Twitter schon die Statusmeldungen seiner Nutzer in Echtzeit aktualisiert. Facebook-Chef Mark Zuckerberg geht aber weiter: Bald können die mehr als 225 Millionen Nutzer ihre Statusmeldungen auch außerhalb der Facebook-Seite veröffentlichen – ein einfacher Klick auf den „Everyone Button” soll genügen, um die Reichweite außerhalb Facebooks zu erhöhen. Damit verabschiedet sich Facebook allerdings von seinem Ursprung, ein soziales Netzwerk für seine Mitglieder zu sein, sondern wird zu einer Art Publikationsdienst, die den Nutzern eine größtmögliche Reichweite für ihre Mitteilungen ermöglicht. Facebook wäre dann eine direkte Konkurrenz zu Twitter.
Wie ernst Facebook Twitter als Konkurrenten sieht, zeigen auch schon die geplante Live-Suche in den Statusaktualisierungen und auch der Dienst „Live Stream Box”, den Facebook gerade ins Leben gerufen hat. Wer die Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten Barack Obama auf der Internetseite des Fernsehsenders CNN verfolgt hat, kennt das Prinzip schon: Während auf dem linken Teil des Bildschirms das Livebild zu sehen war, haben sich die Facebook-Nutzer im rechten Teil live mit ihren Freunden über das Ereignis ausgetauscht. Mehr als eine Million Statusmeldungen sind in den zwei Stunden der Amtseinführung geschrieben worden. Bei Tests während eines Konzerts der Jonas Brothers wurden 23000 Statusupdates je Minute geschrieben; knapp eine Million Facebook-Nutzer haben die Liveübertragung des Konzerts verfolgt.
Mit diesem Dienst, der in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Ustream entwickelt wurde, will Facebook die Dominanz von Twitter bei Liveveranstaltungen treffen. Ob Konferenzen oder der „Tatort” am Sonntag – immer häufiger wird das Gesehene heute auf Twitter kommentiert und diskutiert. Facebook geht mit seinem neuen Dienst sogar einen Schritt weiter und bietet den Betreibern anderer Internetseiten an, die Facebook-Box auf ihren eigenen Seiten einzubauen. Auch in diesem Fall verlassen die Statusmeldungen die Facebook-Seite und können überall im Netz zu sehen sein.
Ob Facebook mit dieser Strategie Erfolg hat, hängt allerdings von der Akzeptanz der Nutzer ab. Eine breite Diskussion, ob die Nutzer den Abschied vom Charakter des sozialen Netzwerks überhaupt wollen, ist bisher noch nicht in Gang gekommen.
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