Netzwirtschaft

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Die Digitalisierung erfasst immer mehr Lebensbereiche. Wie sie sich auf Menschen und Märkte auswirkt, beleuchtet das Netzwirtschaft-Blog auf FAZ.NET.

Burda baut "Google-News-Killer" und teilt mit Urhebern

| 27 Lesermeinungen

Burda baut Nachrichtenportale, die vollautomatisch Quellen aus dem Internet aggregieren und dabei ohne eigene Redakteure auskommen. Im Gegensatz zu Google News will Burda die Urheber an den Werbeerlösen beteiligen: 20 Prozent gibt es, wenn nur der Teaser gezeigt wird, 50 Prozent beim ganzen Artikel.

Bild zu: Burda baut "Google-News-Killer" und teilt mit UrhebernGoogle News bekommt Konkurrenz: Die zum Medienhaus Burda gehörende Tomorrow Focus AG hat das Finanzportal Finanzen 100 gestartet, das seine Inhalte nicht selbst erstellt, sondern 12.000 Quellen aus dem Internet aggregiert. In der kommenden Woche wird Nachrichten.de folgen, eine ebenfalls vollautomatisch erstellte Nachrichtenseite, die 600 journalistische Quellen zusammenfasst.

Anders als Google wird Tomorrow Focus die Inhaltelieferanten an den Werbeerlösen auf der Seite beteiligen. „Wenn wir nur den Teaser des Textes zeigen, erhält der Urheber 20 Prozent des Werbeerlöses”, sagte Jochen Wegner, Chefredakteur von Focus Online, der FAZ. Der Teaser enthält immer einen Link auf die Originalquelle. „Wenn mehrere Teaser auf einer Seite gezeigt werden, müssen sich die Urheber die 20 Prozent teilen”, sagte Wegner. Das Teilen wird zunächst auf Nachrichten.de getestet und soll nach dem Test auf Finanzen100 und weitere folgende Aggregationsportale übertragen werden.

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Ausschnitt aus Burdas News-Aggregator Nachrichten.de

In einem zweiten Schritt können die Urheber zustimmen, dass auch der gesamte Text auf den Tomorrow-Focus-Seiten gezeigt wird. „In diesem Fall erhält der Urheber die Hälfte des Werbeerlöses”, sagte Wegner. Das sei dann interessant, wenn die Burda-Seiten eine höhere Reichweite haben als die Originalseiten und damit höhere Werbepreise erzielen können. Die neuen Portale werden von Tomorrow Focus vermarktet und können auch Google-Werbung enthalten. Um den Anteil an den Werbeerlösen zu erhalten, müssen die Urheber zuvor einen Vertrag unterschreiben. Das Geld wird allerdings erst ausgezahlt, wenn mindestens 500 Euro erreicht sind. Als nächsten Schritt wollen die Entwickler eine Programmierschnittstelle (API) anbieten, mit deren Hilfe andere Internetseiten die Inhalte der neuen Portale auf ihren eigenen Seiten einbinden können.

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Aus einer Tomorrow-Focus-Präsentation

Große Umsatzerwartungen hat man bei Burda allerdings nicht. „Man wird im ersten und zweiten Jahr nur moderate Beträge einnehmen. Uns ging es mehr darum, ein Signal zu setzen”, sagte Wegner. Sein Chef Hubert Burda hatte sich zuletzt vehement über die Suchmaschine Google beklagt, die mit den Inhalten der Verleger Geld verdiene, diese aber nicht an den Werbeerlösen beteilige. Burda hatte sogar davon gesprochen, Google enteigne die Verlage schleichend. (Lesetipp dazu: “Verleger müssen wie Google denken”) Doch natürlich weiß auch Hubert Burda, dass die Verlage auf die kostenlos zugeführten Leser von Google angewiesen sind. Die Kritik greift also ins Leere, denn den Mut, Google auszusperren, hat auch Hubert Burda nicht. Denn sein Flaggschiff Focus Online profitiert besonders von den Lesern, die von Google kommen, wie eine aktuelle Analyse von Meedia zeigt:

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(Der “Google-News-Value-Index” (SGNVR) setzt die Anzahl der bei Google News indexierten Artikel mit der Dauer und der Art der Platzierung (ob als Schlagzeile auf der Startseite oder nur als ein Link in einer der Kategorien) ins Verhältnis. Der Index wurde von Searchmetrix entwickelt.)

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27 Lesermeinungen

  1. Thilo sagt:

    Es ist ganz einfach, Google...
    Es ist ganz einfach, Google Werbeeinnahmen vorzuenthalten, die sie angeblich durch die Anzeige von fremdem Content als Suchergebnissen erzielen.
    Per “robots.txt” verbietet man dem Google-Crawler einfach das Indizieren der jeweiligen Seiten, und schon taucht man nicht mehr bei den Suchergebnissen auf: https://www.google.com/support/webmasters/bin/answer.py?hl=en&answer=156449
    Interessanterweise scheinen aber insbesondere diejenigen unter den Content-Anbietern, welche am lautesten über Google jammern, kein Interesse zu haben, bei Google nicht mehr unter den Suchergebnissen zu sein.
    Der Artikel enthält also reine Polemik mit einem Schuss Reklame.

  2. FAZ-ht sagt:

    @ Manfred: Um...
    @ Manfred: Um Missverständnissen vorzubeugen: Verlegern sollten (und sind es auch) froh über jeden Link auf ihre Artikel bei Google sein, weil er ihnen kostenlos Leser zuführt. Aber Google hat natürlich ein hohes Interesse daran, die Inhalte der Verlage in der Suchmaschine zu haben, um für die Nutzer attraktiv zu sein.

  3. David Bowman sagt:

    Wer schon so alles als...
    Wer schon so alles als vermeintlicher “Google-Killer” angetreten ist …
    Erinnert mich stark an den “Wilden Westen” und seine Revolverhelden
    (woher kommt nur die Wortähnlichkeit mit “Revolverblatt”?), die mussten
    auch immer gegen alle möglichen “Herausforderer” antreten.
    BURDA “lass stecken” …

  4. @Ulrike Langer @Holger...
    @Ulrike Langer @Holger Schmidt
    Die Auszahlungsgrenze ist für das Handling für mich verständlich und ok. Es zählt dann eben die Langfristigkeit in der Kooperation.
    Von der vorgegangenen Leistungsschutzrechtdebatte hielt ich rein gar nichts.
    Das Modell finde ich als weiteren Monetarisierungsansatz und insbesondere die gemeinsame Formierung von Medien untereinander sehr interessant. Auch wenn ein Reichtum daraus für die Lieferanten bestimmt nicht im Vordergrund stehen wird, bietet das Modell Signalimpulse für andere Produzenten, das Aggregieren auch selbst handeln zu können.

  5. oliverries sagt:

    Ich kann allen hier nur...
    Ich kann allen hier nur zustimmen :)
    Ich habe kürzlich das Buch “Was würde Google tun”. Das sollten einige Herren in Vorständen und Chefetagen der Medienkonzerne mal lesen.
    So oder so. Ein Burda-Verlag hat einfach nicht die Plattform. Google richtet sich nach den Wünschen der Menschen, nach deren Bedarf, nicht nach Profit (zumindest ist das nicht der Antrieb – das man Einnahmen haben muss ist klar). Der große wirtschaftliche Erfolg resultiert eben genau aber daraus.

  6. rpedrotti sagt:

    Es wird schnell vergessen,...
    Es wird schnell vergessen, dass Google Doubleclick gekauft hat und somit fast ein “Monopol” im Onlinemarketing darstellt (@Ulli – Doubleclick hat Ihnen die lästigen Flash Layer vorhin ausgelifert). Doubleclick nutzen die meisten Verlage als Ad-Server und müssen dafür Geld bezahlen. Und wer verdient dann wieder mit jeder “lästigen ausgelieferten Onlinewerbung”?? – der Trafficlieferant GOOGLE. GOOGLE kommt es also durchaus auch zugute, wenn Sie Traffic weiterleiten.
    Don´t be evil – fällt mir da nur ein.

  7. Ralf1969 sagt:

    Ein verweis hierauf...
    Ein verweis hierauf (https://simsblog.typepad.com/simsblog/2009/09/top-10-lies-newspaper-execs-are-telling-themselves.html) war heute morgen in Niggemeiers Bildblog. Dies ist in ebendiesem Zusammenhang hierzu zu überdenken.

  8. StylePolice sagt:

    Viel Erfolg, neben den (um mal...
    Viel Erfolg, neben den (um mal im Bild zu bleiben) unabhängigen Taxiunternehmen, die Besucher auf eigene Rechnung in den Zoo fahren – hat der Zoo jetzt auch ein eigenes Transportunternehmen gegründet, welches ihm vom Fahrpreis etwas abgibt.
    Wenn das Burda-Portal das gleiche macht wie Google-News – dann wäre der einzige Unterschied, dass Burda dafür (deutlich) weniger Geld zur Verfügung hätte.

  9. buchleser sagt:

    Die FAZ "vergisst" darauf...
    Die FAZ “vergisst” darauf hinzuweisen, dass sie ihr Online-Angebot von Tomorrowfocus/Burda vermarkten lässt, bei diesem Thema also befangen ist.
    Eine wirkliche Analyse des Sachverhalts unterbleibt leider.
    Der Satz “uns ging es mehr darum, ein Signal zu setzen” erschüttert mich: sollten Redakteure nicht spannende Geschichten schreiben, recherchieren, ihre Leser begeistern ? Stattdessen werden “Signale gesetzt”, also politisch argumentiert, ja inzwischen kann man sagen: agitiert.
    Zu wessen Nutzen ?
    Von den mit großem Aufwand “geteilten” Einnahmen wird keine einzige Journalistenstelle finanziert werden können, nur ein aus früheren Jahren mitgeschleppter Verwaltungsapparat am Leben gehalten.
    Aus Online-Pionieren sind Angstbeisser geworden.

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