„LTE wird 2010 das große Ereignis in der Kommunikationswelt, denn die neue Mobilfunkgeneration bietet die Chance, dem mobilen Internet zum Durchbruch zu verhelfen”, sagt Erich Zielinski, der für den Netzwerkausrüster Alcatel-Lucent an der vierten Mobilfunkgeneration arbeitet: LTE, die Abkürzung für Long Term Evolution, wird vom kommenden Jahr an die dritte Generation UMTS ablösen. Dann soll die Datenübertragung im Handynetz so schnell und unkompliziert wie im Festnetz werden. 60 Megabit je Sekunde für das Herunterladen der Daten und knapp 20 Megabit auf dem Weg ins Netz können fünf- bis zehnmal mehr Tempo als in den aktuell schnellsten Mobilfunknetzen bedeuten.
„Mit der nächsten Technologiegeneration werden ganz neue Anwendungen auf mobilen Geräten möglich werden. Dazu gehören hochauflösende Videoübertragungen, Multiplayer-Online-Spiele oder sekundenschnelle Downloads großer Dateien”, sagt Günther Ottendorfer, Technology Director Europe Mobile der Telekom. Auch das Telekom-Fernsehangebot Entertain soll dann mobil werden. „Die größten Fortschritte wird LTE aber gar nicht auf den Handys der Otto Normalverbraucher auslösen, sondern zum Beispiel im Gesundheitswesen, wo dann die Übertragung der meist sehr umfangreichen Dateien wie Patientenakten problemlos mobil möglich wird”, sagt Heike Scholz, Herausgeberin des Blogs Mobile Zeitgeist.
Werbevideo zur schönen neuen Mobilfunkwelt
Fernsehen im Auto wird mit LTE genauso möglich wie die Kommunikation zwischen Maschinen, zum Beispiel die Übertragung einer neuen Software ins Auto, die Werkstattbesuche überflüssig macht, erklärt Zielinski. Auch die Fahrzeug-Navigation wird noch einmal neu erfunden werden, wenn Echtzeitinformationen über Staus zwischen den Fahrzeugen ausgetauscht werden können. Oder Handynutzer können in Geschäften schnell den Barcode eines gewünschten Produktes einlesen und erhalten sofort den günstigen Preis eines Online-Händlers oder anderer Geschäfte angezeigt. Auch dem Thema „erweiterte Realität” (Augmented Reality) könnte im LTE-Zeitalter der Durchbruch gelingen. Wenn ein Handynutzer zum Beispiel seine Kamera auf ein historisches Gebäude richtet, blendet eine Software ein, wer das Gebäude erbaut hat und welche Bedeutung damit verbunden ist. Das funktioniert zwar schon heute, aber der begrenzte Datentransfer limitiert die übertragenen Informationen. Diese Schranken fallen unter LTE weg, auch wenn sich dann weiterhin mehrere Nutzer die vorhandenen Kapazitäten teilen müssen.
Für die Nutzer bedeutet die vierte Generation, dass das Internet endlich mobil wird. Alle gewohnten Anwendungen aus dem stationären Web sind dann in ähnlicher Qualität mobil verfügbar. „Zunächst wird LTE wohl in Form von USB-Surfsticks für Notebooks auftauchen. Die Handys kommen erst danach”, vermutet Zielinski. „Die Hersteller LG, Samsung, Research in Motion (Blackberry) und Nokia haben angekündigt, 2010 LTE-Geräte auf den Markt zu bringen. Die Gerüchte um ein iPhone 4G halten sich ebenfalls hartnäckig”, sagt Scholz, warnt aber vor zu schnellen Erwartungen. „In den Vereinigten Staaten hat AT&T seinen LTE-Start erst für 2011 angekündigt und dies mit den fehlenden Endgeräten begründet. Offensichtlich glauben einige Netzbetreiber nicht an die Verfügbarkeit ausreichender LTE-Geräte im kommenden Jahr. Die Geräte werden auch sehr wahrscheinlich nicht am Anfang, sondern eher am Ende des Jahres auf den Markt kommen”, sagt Scholz.
Neben den Handyherstellern sind auch die Netzbetreiber gefordert, die neue Technik bereitzustellen. „Weltweit rechnen wir mit dem ersten Einsatz von LTE-Diensten Ende 2009. Erste Rollouts kommerzieller Netze wird es wohl Anfang 2010 geben. Testnetze sind bereits in Betrieb”, sagt Marc Rounanne, Leiter der Radio-Business-Einheit des finnisch-deutschen Ausrüster Nokia Siemens Networks (NSN). Das größte europäische Testnetz hat die Deutsche Telekom in Innsbruck zusammen mit dem aufstrebenden chinesischen Netzwerkausrüster Huawei errichtet. Den Regelbetrieb werden aber wohl zuerst NTT Docomo in Japan, Verizon in den Vereinigten Staaten und Telia Senora in Schweden aufnehmen.
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“Die Bedingungen des Auktionsverfahrens für die LTE-Frequenzen werden erst nächstes Jahr bekannt gegeben. Bis dahin bleibt es noch unklar, wie sich die deutschen Mobilfunkunternehmen aufstellen werden. E-Plus fordert heute bereits eine bevorzugte Behandlung, um die aus eigener Sicht ungerechte Verteilung der GSM-Frequenzen auszugleichen. Im für E-Plus ungünstigsten Fall, dass sie sich mit O2 um die verbleibenden 10MHz (von den zu vergebenden 30MHz könnten 20MHz an T-Mobile und Vodafone gehen) streiten müssen, wäre dann sicherlich auch eine Netzkooperation von E-Plus und O2 denkbar.”
Heike Scholz, Mobile Zeitgeist
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Aber auch die deutschen Netzbetreiber sitzen in den Startlöchern. Denn Eile ist angesagt: Ihre Netze, vor allem in den Ballungszentren, sind voll. Der zunehmende Datenverkehr, den neue Geräte wie das iPhone, die Daten-Pauschaltarife und neue Web-2.0-Anwendungen wie Facebook oder Studi VZ ausgelöst haben, führt zu immer mehr Staus auf der mobilen Datenautobahn.
Doch noch können die deutschen Netzbetreiber mit LTE nicht loslegen. Der Beginn der mobilen Zukunft hängt hierzulande von der Versteigerung der benötigten Mobilfunkfrequenzen im kommenden Jahr ab. Besonders begehrt sind die Frequenzen im 800-Megahertz-Band, die von den Rundfunkanstalten wegen der Digitalisierung nicht mehr benötigt werden. Mit diesen Frequenzen können ländliche Gebiete mit vergleichsweise wenigen Antennen erschlossen werden.
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“Zur Einführung von LTE im deutschen Markt müssen die Rahmenbedingungen feststehen. Das gilt insbesondere für die Spektrumsverteilung, für die Verfügbarkeit der Technologie und der Endgeräte. Innerhalb der Telefonica Gruppe bereiten wir uns in mehreren Testprojekten unter anderem in Deutschland auf den Start vor”
René Schuster, CEO Telefónica O2 Germany
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Um diese lukrativen Frequenzen werden sich die deutschen Netzbetreiber (Telekom, Vodafone, E-Plus und O2) einen harten Bieterwettbewerb liefern, der sogar dazu führen kann, dass einer auf der Strecke bleibt. Auch wenn der erwartete Auktionserlös höchstens ein Zehntel der 50 Milliarden Euro der UMTS-Auktion im Jahr 2000 beträgt, feilschen die Netzbetreiber schon im Vorfeld nicht weniger engagiert um die knappen Lizenzen. Denn: „Es geht um die Marktchancen für die kommenden 20 Jahre”, sagt der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth.
Die Bundesregierung hat an die Vergabe allerdings die Bedingung geknüpft, zuerst die ländlichen Gebiete mit schnellem Internet zu versorgen, die bisher keinen Anschluss an die Breitbandnetze haben. Bis Ende 2010 soll nach dem Willen der Bundesregierung jeder Haushalt in Deutschland mit einer mindestens 1 Megabit je Sekunde schnellen Verbindung versorgt werden. Bis zum Jahr 2014 sollen drei Viertel der Haushalte mindestens 50 Megabit bekommen. Ohne LTE sind diese Ziele kaum zu schaffen.
Handy-Nutzung in Deutschland I:
Neben der höheren Geschwindigkeit hat die vierte Generation aber weitere große Vorzüge gegenüber der bisherigen Mobilfunktechnik. LTE setzt erstmals komplett auf das Internetprotokoll (IP). „Auch Sprache wird dann als ,Voice over IP‘ übertragen, was die Kapazität der Netze deutlich erhöht”, erklärt Rounanne. Die Reaktionszeiten werden stark auf etwa 10 bis 20 Millisekunden verkürzt, was vor allem für Online-Spiele wichtig ist. Auch die Netzbetreiber können sich auf LTE freuen: „Die Kosten für jedes übertragene Bit gehen steil nach unten”, sagt Zielinski. Weil alles auf Basis des Internet-Protokolls übertragen wird, ist weniger Technik für die Datenumwandlung notwendig und die Bits gelangen schneller von den Mobilfunknetzen in die kabelgebundenen Transportnetze und zurück. Die Netzbetreiber können auch die vorhandene Infrastruktur weitgehend weiter nutzen, müssen allerdings die Verbindungen zwischen den Basisstationen und ihren Transportnetzen schneller machen.
LTE kommt zur richtigen Zeit, denn der Datenhunger wächst. „Ich kann mir ein Leben ohne Handy nicht mehr vorstellen” – dieser Aussage stimmen inzwischen die Hälfte aller Deutschen und sogar 70 Prozent der jungen Menschen unter 30 Jahren zu. Beide Werte steigen schnell an; noch rascher wächst aber das Bekenntnis zur Aussage „Für meine tägliche Information sind Computer und Internet unverzichtbar”: In den vergangenen sieben Jahren hat sich die Zustimmungsquote auf 40 Prozent in der Gesamtbevölkerung und 51 Prozent unter den jungen Menschen verdoppelt, hat die Allensbacher Computer- und Technikanalyse (Acta) 2009 ergeben. Werden nun beide Trends miteinander verbunden, ergibt sich ein klares Bild: Die Wünsche, was ein mobiles Gerät können und leisten soll, steigen rasant an. Mehr als 40 Prozent der Bevölkerung wünscht sich in einem idealen mobilen Gerät eine hochwertige Digitalkamera für Fotos und Videos, ein Navigationssystem, einen digitalen Musikspieler, und ein Radio soll es auch noch haben, haben die Allensbacher Forscher herausgefunden. Unter jungen Menschen hat die Wunschliste eine andere Reihenfolge: Der MP3-Spieler steht dort ganz oben, gefolgt von der Kamera, der Möglichkeit für Spiele, einem Radio und einem Internetzugang.
Handy-Nutzung in Deutschland II:
Das Interesse an mobilen Informationen wächst stetig. Zwei von fünf Menschen in Deutschland wünschen, dass ihnen das Navigationssystem jederzeit interessante Informationen zu ihrem Aufenthaltsort mitteilt, zum Beispiel in der Nähe liegende Restaurants. Ein ebenso großer Anteil möchte mit dem mobilen Computer überall per Funk ins Internet gehen können, gut 50 Prozent mehr als noch vor vier Jahren. Mobiles Fernsehen wünschen sich immerhin 27 Prozent der Bevölkerung.
Für eine „technische Avantgarde”, die heute mit iPhone, Blackberry, Palm Pre oder Geräten mit dem Google-Betriebssystem Android ausgerüstet ist, sind viele dieser Funktionen bereits Realität. „Die technische Avantgarde ist der Bevölkerung weit voraus” bilanziert Allensbach, denn einen mobilen MP3-Spieler, eine Funktion zur Verwaltung der Termine und Kontakte, das mobile Surfen im Internet oder Handyspiele haben die modernen Handys längst an Bord. iPhone-Besitzer legen beim Kauf daher auch ganz andere Kriterien an als der Durchschnitt der Bevölkerung. Wer ein iPhone kauft, will vor allem die neueste Technik, mobil im Internet surfen sowie unterwegs E-Mails lesen und beantworten. Die Hälfte der iPhone-Besitzer gab auch als Kaufgrund an, zu Hause mit Hilfe eines Funknetzes (W-Lan) ins Internet gehen zu können. Für den Durchschnitt der Handy-Besitzer sind dagegen eine hochwertige Verarbeitung, ein gutes Design und ein großer Bildschirm die wichtigsten Kaufkriterien. Kriterien also, die viele Hersteller bieten können, und mithin ein Grund für den harten Wettbewerb in dieser Sparte.
Die Möglichkeiten, überall im Internet zu surfen und die E-Mails zu beantworten, sind für die Mehrheit der Handynutzer hingegen kein wichtiges Kaufkriterium. Wie sehr allerdings eine überlegene Technik dennoch ein Kaufkriterium sein kann, zeigen die Antworten auf die Frage, ob die Besitzer eines Handys diese Marke noch einmal kaufen würden. Mit „Ja” antworteten 60 Prozent der iPhone-Nutzer, aber nur 42 Prozent der Besitzer eines Gerätes von Sony-Ericsson, 36 Prozent der Nokia-Kunden, 26 Prozent der Samsung-Nutzer und 19 Prozent der Kunden des amerikanischen Herstellers Motorola.
Links: Eric Schmidt: The next big wave in advertising is the mobile internet
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Bezeichnend ist ja, dass wohl...
Bezeichnend ist ja, dass wohl praktisch niemand mehr sein Handy zum telefonieren nutzt…
Schon wieder ein neuer...
Schon wieder ein neuer Standard? Ich wäre ja schon froh, wenn UMTS flächendeckend verfügbar wäre… :)
Was mich so verwirrt ......
Was mich so verwirrt … scheinbar macht sich keiner gedanken was da hinterher ein Zugang kostet … ich meine wir reden von den Handy-Typen …
also 24 Mon. Vertrag zu 99€ im Monat …. und dafür bekommen man dann LTE1000 ?!
ich pers. denke das LTE selbst wenn es ende 2010 überall verfügbar wäre, für die meisten doch zu teuer sein wird…
es ist festzustellen, das so...
es ist festzustellen, das so mancher HTC-Fan jetzt zum stinknormalen Nokia greift und nur noch telefoniert