Netzwirtschaft

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Microsoft und Murdoch verhandeln über Suchmaschinen-Geschäft

| 12 Lesermeinungen

Der Medienkonzern News Corp. von Rupert Murdoch und Microsoft verhandeln offenbar über einen Pakt im Suchmaschinengeschäft. Danach könnte Microsoft Murdoch dafür bezahlen, seine Inhalte nur Bing zur Verfügung zu stellen und Google auszusperren.

Der Medienkonzern News Corp. und der Suchmaschinenbetreiber Microsoft verhandeln nach einem Bericht der Financial Times über eine Zusammenarbeit im Suchmarkt. Microsoft könnte Rupert Murdochs News Corp. dafür bezahlen, die Inhalte seiner Zeitungen wie Wall Street Journal oder The Sun aus der Suchmaschine Google auszusperren und exklusiv nur noch Microsofts Suchmaschine Bing zur Verfügung zu stellen. Die Gespräche, deren Initiative von Murdoch ausgegangen sein soll, seien aber noch in einem sehr frühen Stadium, schreibt die FT. „Die FT hat gelernt, dass Microsoft auch andere große Online-Publisher überzeugen wollte, ihre Seite aus dem Google-Suchmaschine zu entfernen”, heißt es in dem Artikel, der nahtlos an einen Techcrunch-Beitrag anschließt, wonach es ein Geheimtreffen zwischen großen Verlagen (einschließlich FT) und Microsoft gegeben haben soll. Auch die Nachrichtenagentur Associated Press soll mit Microsoft über das Thema sprechen. In all diesen Treffen geht es offenbar darum, dass die Verleger Google keinen Zugriff mehr auf ihre Inhalte geben. Microsoft bezahlt dann die Verleger, dass Bing die Inhalte exklusiv durchsuchen kann. (-> Planen Verleger ein Bündnis gegen Google – und für Microsoft).  Die Microsoft-Suchmaschine möchte mit den Inhalten ihre Attraktivität erhöhen. In den Vereinigten Staaten hat Bing einen Marktanteil von 10 Prozent gegenüber 65 Prozent für Google. In Deutschland liegen etwa 90 Prozent des Marktes bei Google; Yahoo und Microsft teilen sich den Rest.

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Der Beginn einer wahren Männerfreundschaft: Rupert Murdoch (links) und Microsoft-Chef Steve Ballmer

Rupert Murdoch hat schon immer getan, was er für richtig hielt. Als ihm Kritiker “digitalen Selbstmord” vorwarfen, als er zuerst ankündigte, im Alleingang eine Zahlschranke vor seine Internetseiten zu setzen, und kurz danach erklärte, die Inhalte seiner Zeitungen aus der Suchmaschine Google auszusperren – davon ließ sich der 78 Jahre alte Medientycoon nicht beeindrucken. Denn erstens will der gewiefte Stratege gar keinen Alleingang wagen, sondern die Verlegerzunft zum Umdenken animieren – sonst hätte er seine Pläne nicht neun Monate vorher verraten. Und zweitens hat er zum Zeitpunkt seiner Google-Attacke längst einen Plan B in der Tasche: Microsoft, der ebenso mächtige Softwarekonzern, soll sein Verbündeter werden.   

Der Plan klingt für beide Seiten vordergründig logisch: Die Inhalte der Murdoch-Zeitungen wie “Wall Street Journal” oder “Times” lassen sich nur noch in Microsofts Internetsuchmaschine Bing finden. Die ist zwar ein kleines Licht gegenüber Google, aber Microsoft könnte bereit sein, Geld für das Durchsuchen der Inhalte zu bezahlen. Microsofts Suchmaschine bekäme mehr Aufmerksamkeit bei den Nutzern, Murdoch mehr Geld für seine Inhalte im Netz. Diese Logik ist aber nur vordergründig. Denn Murdochs Internetseiten würden einen großen Teil ihrer Leser und damit an Macht und Einfluss verlieren. Genau das kann dem machtbewussten Murdoch aber nicht gefallen. Nicht von ungefähr können alle Nutzer die Artikel seines journalistischen Flaggschiffs “Wall Street Journal” kostenlos lesen – indem sie einfach den Titel des Artikels in die Suchmaschine Google eintippen und dann an der Zahlschranke vorbei auf den Volltext gelangen. Wahrscheinlich haben die durchgesickerten Berichte über die diversen “Geheimtreffen” der Verlage mit Microsoft deshalb auch nur den einen Zweck, Google unter Druck zu setzen, ebenfalls dafür zu bezahlen, die Inhalte der Verlage weiterhin in seiner Suchmaschine zeigen zu können. Anders lassen sich Aussagen wie “Google klaut unsere Geschichten” kaum interpretieren.

Ein solches Kalkül würde jedenfalls zum Strategen Murdoch perfekt passen. “Der alte Mann hat ein dickes Fell und schert sich nicht darum, was die Öffentlichkeit über ihn denkt – solange er nur ungestört Macht und Kontrolle ausüben kann”, schreibt der Journalist Michael Wolff in seiner Biographie über Murdoch. Dem es dann wahrscheinlich auch egal ist, dass die Millionen von Google eine der wichtigsten Einnahmequellen seines sozialen Netzwerkes MySpace sind. Denn Geld genug hat er, Macht aber wohl nie genug. Wie viele Verleger sieht er im Internet-Zeitalter seine Macht schwinden. 

Die meisten Verlage bekommen etwa 25 bis 50 Prozent ihrer Leser im Internet von Google zugeführt, indem die Suchmaschine die gefundenen Artikel in ihren Suchergebnissen zeigt. Da die Verlage aber mit diesen Lesern keine entsprechend hohen Werbeerlöse erzielen können, fordern sie nun von Google einen „fairen Anteil” an dessen Werbeeinnahmen. Diese Forderung hat Google bisher stets abgelehnt – wohl wissend, dass die Verleger nur ungern auf die Werbeeinnahmen verzichten wollen. Die große Frage lautet, ob Microsoft den Verlagen soviel Geld zahlen kann, um den Einbruch ihrer Leserschaft und damit ihrer Werbeeinnahmen zu kompensieren, den das Aussperren von Google zur Folge hätte. Da Bing viel kleiner als Google ist, dürfte die neue Suchmaschine von Microsoft den Verlagsseiten im Internet höchsten ein Zehntel der Google-Leser zuführen können.

„Microsoft ist kein Monopolist mehr. Sie können nicht die Bank der Verleger sein”, zitiert Bloggerin Kara Swisher eine mit den Verhandlungen vertraute Person. „Auch wenn es großes gegenseitiges Interesse gibt, ist es zweifelhaft, dass Microsoft eine „Miete” für Inhalte zahlt, die das Unternehmen nicht besitzt”, sagte die Person weiter. 

Über die Frage, wie wichtig der Verlegerinhalt für Google ist, gibt es ebenfalls unterschiedliche Meinungen. “Braucht Google die Nachrichteninhalte, um zu überleben? Nein. Ökonomisch gesehen hat das keinen großen Anteil an unserem Umsatz. Aber der Wert des Internet liegt für die Verbraucher darin, großartige Inhalte zu finden”, sagte Matt Brittin, Google Direktor in Großbritannien. Aber Chris Anderson, Wired-Chefredakteur, glaubt nicht, dass Google auf die Verlagsinhalte verzichtet kann. “Google ist auf andere Unternehmen und ihre Daten und Informationen angewiesen, um diese zu indizieren, zu strukturieren und sonst wie zu verpacken, um selbst daran zu verdienen. Wenn das digitale ,Free’ Branchen das Geld entzieht, bevor es neuen Geschäftsmodellen gelingt, es wieder ins Spiel zu bringen, gibt es nur noch Verlierer . . . Deshalb würde es Google sehr begrüßen, wenn die Zeitungen im Geschäft blieben”, schreibt Anderson in seinem Buch “Free”.

Wie die Medienseiten von Google profitieren (Nutzer, die von Google.de und Google News im Monat August auf die Medienseiten geleitet wurden)

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12 Lesermeinungen

  1. Luttmer sagt:

    @hesoyam: really?

    Die tun...
    @hesoyam: really?
    Die tun sich beide nichts. Selbst Windows 7 steht wieder im Verdacht… Microsoft hat wie Apple und Google erkannt, welchen Marktwert die Informationen über die Anwender darstellen. Schon die EULA gelesen?

  2. colorcraze sagt:

    Ach, die nächste Totgeburt....
    Ach, die nächste Totgeburt. Nichts dabei, was nach brauchbarem, langfristigem Geschäftsmodell aussieht. Nur nochn Stück weitere Zerklüftung des ausgedünnten Zeitungsmarkts.

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