„Paid Content”, bezahlte Inhalte im Internet, werden 2010 das große Thema in den Online-Strategien der Verlage. Viele Medienhäuser experimentieren mit Bezahlmodellen, oft auf mobilen Geräten wie dem iPhone, künftig auch häufiger im stationären Internet. Allerdings ist das Wissen, welche Bezahlmodelle die Nutzer akzeptieren, noch sehr begrenzt. „Online-Abo-Modelle bergen das große Risiko, dass die Nutzer für immer wegbleiben. Nur über Einzelabrufe richtig guter Inhalte lässt sich der Weg zum Abonnement Schritt für Schritt ebnen”, sagt Charles Fränkl, der Vorstandsvorsitzende des Online-Zahlungsdienstleisters Click and Buy. Das Unternehmen wickelt in diesem Jahr Transaktionen digitaler Güter im Wert von rund 1,4 Milliarden Euro ab.
Zu hohe Hürden könnten die ohnehin niedrige Zahlungsbereitschaft im Netz zusätzlich mindern. Nach einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GFK-Verein) sind nur 9 Prozent der Deutschen bereit, für digitale Informationen im Netz zu zahlen. 11 Prozent sind es im europäischen Durchschnitt. Für Nachrichten wollen 10 Prozent der Nutzer in Deutschland zahlen. Besonders niedrig ist die Zahlungsbereitschaft der Deutschen für Filme, Sport und Finanzangebote. Einzig für Spiele ist die Zahlungsbereitschaft hierzulande höher als im europäischen Durchschnitt.
Quelle: GfK Verein/WSJE, Studie „Internet”, Herbst 2009
Selbst die wenigen Zahlungswilligen im Netz wollen aber nicht allzu tief in die Tasche greifen: Nach einer Umfrage von Harris Interactive und PaidContentUK in Großbritannien zeigten sich nur 4 Prozent der Befragten bereit, mehr als umgerechnet 24 Cent für einen einzelnen Beitrag zu zahlen. Für ein Online-Abonnement einer Nachrichtenseite lag die Obergrenze der großen Mehrheit bei 11 Euro im Monat. Mehr als die Hälfte dieser Zahlungswilligen zeigte eine Präferenz für Online-Jahresabonnements, weil ihnen der Einzelkauf zu umständlich war.
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Springer-Chef Mathias Döpfner versucht eher mit markigen Worten als mit konsequenten Taten seine Verlegerkollegen von Paid Content zu überzeugen. Forderungen aus dem Web nach Gratisinhalten seien “abstruse Fantasien von spätideologisch verirrten Web-Kommunisten”, sagte er dem Manager-Magazin.
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In vielen Medien, die von solch hohen positiven Netzwerkeffekten geprägt sind, lassen sich deshalb Preise unterhalb der Grenzkosten oder gleich null beobachten, zumal wenn die Preiselastizität der Nachfrage hoch ist, da die Konkurrenz groß ist und die Wechselkosten niedrig sind, wie der Ökonom Ralf Dewenter in der Zeitschrift „Wirtschaftsdienst“ schreibt. Ein Preis von null sei also nicht unbedingt Ausdruck einer mangelnden Zahlungsbereitschaft oder eines wettbewerbswidrigen Verhaltens, sondern Ausdruck der Optimierung beider Märkte. „Denkbar wäre zwar die Einführung eines Preiskartells. Dass ein solches Vorhaben erfolgreich sein wird, ist jedoch äußerst unwahrscheinlich. Ein Abweichen von einer solchen Absprache würde unmittelbar dazu führen, dass kostenlose Angebote einen Großteil der Aufmerksamkeit auf sich ziehen und damit deutlich höhere Gewinne am Werbemarkt realisieren könnten. Gewinnmaximierend wäre ein solches Kartell mit Sicherheit nur dann, wenn die Preise auf dem Leser- und dem Werbemarkt abgesprochen werden“, schreibt Dewenter.
Aufgrund der Eigenschaft der Medienprodukte, dass sie – einmal erstellt – ohne weitere Kosten unendlich häufig konsumiert werden können, sei es rational, die Inhalte so weit wie möglich zu verbreiten, was dem Modell der Hyper-Distribution von Jeff Jarvis entspricht. Die Kosten werden nicht beeinflusst, aber die Werbeeinnahmen können von der gestiegenen Aufmerksamkeit profitieren, argumentiert Dewenter. Sein Fazit: Die Existenz kostenloser Inhalte lässt sich einfach mit den ökonomischen Eigenschaften des Medienmarktes erklären: Mehrseitigkeit, Kostenstruktur, hohe Preiselastizität der Nachfrage und hohe Wettbewerbsintensität. „Von einem möglichen Ende der sogenannten Gratiskultur kann also aus mehreren Gründen nicht die Rede sein“, schreibt Dewenter. _________________________________________________________________________
„Früher hatte eine Zeitung in ihrer Region eine Monopolstellung. Heute konkurrieren aber viele Medien miteinander. Wenn der Artikel im Wall Street Journal über den Iran dem Artikel in der New York Times oder der Washington Post sehr ähnlich ist, sinkt der Preis für die Nachricht wegen des Wettbewerbs auf seine Grenzkosten. Und diese Kosten für die Bereitstellung einer weiteren Einheit dieser Standard-Nachricht betragen im Internet eben null. FAZ.NET
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„Nach einigen Jahren mit Online-Experimenten, bei denen immer wieder versucht wurde, die Nutzer für Inhalte zahlen zu lassen, wurde es fast jedem klar, dass der Kampf gegen die digitalen Gesetzmäßigkeiten einen aussichtsloses Unterfangen war. Free hat gewonnen”. Lediglich spezialisierte Informationen, die den Lesern einen hohen Nutzwert bringen und konkurrenzlos sind, seien verkäuflich” FAZ.NET
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Links:
- Die Medien lieben Twitter – wie Medien ihre Inhalte mit Hilfe der sozialen Medien verteilen
- Wie soziale Netzwerke den Traffic im Internet verteilen
- Fluss statt See – wie die Nachrichten durch das Internet strömen
- Zeitung 2.0 in der New York Times
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