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Ernüchterung nach dem iPad: Auch Steve Jobs kann nicht zaubern

| 29 Lesermeinungen

Apples neues Wundergerät iPad enttäuscht. Zwischen Notebook und Smartphone angesiedelt bietet es wenige Vorteile für die Sofa-Surfer. Auch die Verlage sollten nicht zu große Hoffnungen in das iPad legen.

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Die Erwartungen an das neue Apple-Gerät waren so groß, dass sie kaum zu erfüllen waren. Das, was dann herausgekommen ist, enttäuscht – zumindest die Tech-Gemeinde: Das neue iPad ist ein Computer für das Sofa, zum Surfen, Spielen, Videos schauen, E-Mail schreiben, zum Lesen von Zeitungen und Büchern. Bedient wird das iPad mit den Fingern wie das iPhone; die Tastatur ist auch virtuell. Allerdings gibt es als Zubehör eine Docking-Station mit Tastatur. Per W-Lan und (später) UMTS kann es mit dem Internet verbunden werden. Die Preise schwanken zwischen 499 und 699 Dollar. Damit ist das iPad zwar billiger als erwartet, erfüllt die hochgesteckten technischen Erwartungen aber nicht. Sicher, eine Kamera braucht man im Wohnzimmer nicht (außer für Videotelefonie) und auch Multitasking ist nicht wirklich nötig, wenn man ein Video anschaut oder Zeitung am Bildschirm liest. Aber ob die Menschen für das bequeme Sofa-Surfen bereit sind, so viel Geld auszugeben, ist mehr als fraglich. Dafür ist der Vorteil gegenüber dem Notebook oder Smartphone zu klein.

Ist das iPad ein Zeitungsretter? Apple hat parallel zum Gerät den Online-Buch- und Zeitungsladen iBook entwickelt, ähnlich wie iTunes für Musik. Verlage können ihre Bücher und Zeitungen für iBook optimieren. Das iPad ist zwar deutlich eleganter als Amazons Kindle und es kann auch viel mehr, aber gerade darin liegt die Tücke: Mit dem Gerät können die Nutzer schnell und bequem ins Internet. Warum also für Zeitungsinhalte bezahlen, wenn der freie Content nur einen Klick entfernt liegt? Auch Steve Jobs kann nicht zaubern. Das sehen auch die Börsianer: Die Apple-Aktie reagierte kaum auf die Ankündigung, während der Schlag für Amazon weniger hart ausfiel als gedacht. Die Amazon-Aktie gewinnt knapp 3 Prozent. Der nächste Kindle hat nun ein erreichbares Vorbild.

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29 Lesermeinungen

  1. Johannes K. sagt:

    Lieber Herr Schmidt,

    Sie...
    Lieber Herr Schmidt,
    Sie vergessen 140.000 Applikationen in Ihrer Beurteilung. Diese müssen teilweise angepasst werden, aber sie sind da – sofort. Das iPad ist also weit mehr als Surfen, Spielen, Video, eMails und Zeitungen/Zeitschriften lesen. Schon das iPhone hat aufgrund der durchgängigen und vor allem durchdachten Navigations- / Usability-Strategie gezeigt, wieviel weniger mehr sein kann.
    Lassen Sie uns einen Blick auf Google Chrome oder Chrome OS werfen. Wenn zwei Firmen mit solcher Innovationskraft gerade auf Einfachheit setzen und Apple ein entsprechendes Produkt schon in 3 Monaten marktreif produzieren kann, dann halte ich das iPad wahrlich für eine zwar leise, aber dennoch große Revolution, die die Medienlandschaft nachhaltig verändern wird.
    Herzliche Grüße
    Johannes K.

  2. @ Johannes K: Sehe ich genau...
    @ Johannes K: Sehe ich genau so!
    @ Schmidt: An welche neuen OS Features haben sie denn gedacht bzw. haben sie sich gewünscht? Welches Feature hätte Steve Jobs ihrer Meinung zum Zauberer werden lassen?
    Es liegt ganz allein an den Verlagen, überzeugende Apps zu entwickeln, die den User zum abonnieren anregen.
    Langsam wundert es mich nicht mehr, wenn Leser sich neue Wissensquellen suchen. Für diesen Kommentar hätte ich kein Geld bezahlt, denn: Wo liegt der Mehrwert??

  3. Lieber Holger,

    Ich bin...
    Lieber Holger,
    Ich bin anderer Meinung. Das iPad kann und braucht nicht im Überschank zu begeistern. “Begeistert” uns eine stink normale Tageszeitung? Nein, aber wir lesen und nutzen sie jeden Tag. “Begeistert” ein Stück Butter? Nein, aber sie erfüllt ihren Zweck, sie schmeckt.
    Gerade für diejenigen für die die “Barriere” Internet noch zu hoch war, die den Zugang zu Internet-Inhalten wie Blogs oder Tageszeitungen bisher nicht fanden, ist der iPad das richtige Gerät. Kein Schnick-Schnack, einfach zu bedienen, keine Computerkentnisse notwendig; kein ewiges hochfahren, kein großen Monitor, eine Tastatur, einen Platz im Arbeitszimmer, nur um die Tagesschau zu sehen, dei Süddeutsche zu lesen o.ä. Man setzt sich ins Wohnzimmer und kann diese Dinge simpel und ohne Barrieren nutzen. Das macht Inhalte noch zugänglicher, Online-Medien noch massentauglicher. Das iPhone ist für FAZ & Co nun wirklich zu klein (wenn man nicht unterwegs ist), PC/iMAC und Laptops zu groß.

  4. Richtig: Das iPad ist,...
    Richtig: Das iPad ist, entgegen der in letzter Zeit oft kolportierten Hoffnungen aus der Verlagsbranche, kein Zeitungsretter. Der integrierte Webbrowser wirkt dem entgegen. Da Flash nicht unterstützt wird, gehen iPad-Benutzer bei der Reichweite für Rich-Media-Ads verloren — auch nicht gut. Doch schlimm werden sich solche Tabletts mittel- bis langfristig auf die Druckindustrie auswirken, wo gar mancher Verlag immer noch eng involviert ist. Die Unterhaltsungselektronik-Branche, mit nun Apples Markt- und Marketing-Macht an der Spitze, will vereint mit der Mobilfunkbranche das Geschäft mit der Inhaltsverteilung übernehmen. Man denke etwa an Schulbücher, wo solche Tabletts eine hervorrangende Alternative sind. Velage werden immer noch im Geschäft mit Inhalten mit tun können, doch werden sie die Kontrolle über die Distributionskanäle und damit über die Anzeigen, die darauf geschaltet werden, weitgehend verlieren. Freuen dürfen sich unabhängige Content Creators, die hier — 140’000 Apps belegen dies — in den nächsten Jahren eine phantastische Spielwiese vorfinden werden, und das nicht nur im geschützten Ökosystem von Apple, sondern etwa auch im offenen Chrome/Android-Umfeld von Google.

  5. Torsten sagt:

    Ihr Kollege Marco Dettweiler...
    Ihr Kollege Marco Dettweiler ist so gar nicht ernüchtert: “Steve Jobs hat das Rad nicht neu erfunden. Doch er hat es verdammt rund gemacht.”

  6. Tarantoga sagt:

    @Joihannes K. Für weniger...
    @Joihannes K. Für weniger technikaffine Leute mag das Ding interessant sein. Oder für im-Bett-Surfer. Aber sonst? Unterwegs surfe ich gerne auf dem iPhone, aber zu Hause, wo der große Monitor steht, würde ich es nie zum Surfen oder Lesen verwenden.
    Wirklich praktisch wäre so ein Tablett, wenn es perfekt in die sonstige Infrastruktur einzubinden wäre. Wenn man z.B. geöffnete Webseiten vom großen Monitor einfach aufs Tablett verschieben und mitnehmen könnte, oder das Tablett als Eingabegerät oder weiterer Monitor (per WLan) anzuschließen wäre, dann wäre der Si-Fi Traum wohl erfüllt. Aber Safari kann ja nicht mal Bookmarks syncen, von einer Anbindung an Windows-Systeme gar nicht zu reden.
    Wahrscheinlich gibt es Kunden dafür, aber ich kann darin keinen Nutzen entdecken.

  7. Patrick B. sagt:

    Ebenfalls vergessen Sie den...
    Ebenfalls vergessen Sie den schon jetzt deutlich erkennbaren “Must Have” Effekt den das Gerät durch die Medienresonanz hervorruft. Ich erinner mich das die iPods auch nie vollkommen waren und Musik immernoch günstiger zu haben war als Apple beide
    Tatsachen mit dem iPod und dem gekoppelten iTunes völlig in den Schatten stellte. Mag sein dass die Nutzung von Content mit dem Gerät über Internet kostenloser ist als die ein ePaper für das Gerät zu kaufen. Aber wer wusste schon vor iTunes dass er Audiodateien kaufen will. Ich glaube Sie unterschätzen hier die Energie hinter der enormen Netzeffekte- Welle die Apple mittlerweile mit seinen Massenprodukten losgetreten hat. Ich freue mich jedenfalls jetzt schon auf meine erste Paid FAZ Zeitung auf meinem iPad,die ich viel lieber lesen werde als die schnôde Website selbiger Zeitung. Es kommt immer drauf an wie man die Sache verpackt und verkauft und das beherrscht Apple besser als jedes andere Unternehmen!

  8. Lieber Herr Schmidt,

    ganz so...
    Lieber Herr Schmidt,
    ganz so negativ für ich das nicht sehen. Klar ist das iPad nicht das Super-Mega-Hyper-Device, das man sich vielleicht aus den weltweit heissgelaufenen Gerüchten der letzten Wochen hätte zusammenbauen können, dies konnte man aber auch nicht ernsthaft erwarten.
    Ich gebe dem iPad gute Chancen, weil es geschickt Goodies aus der iPhone-Welt und der Welt des iPod Touch kombiniert. Ebenso ist es bei Apple schon immer das Gesamtwerk aus Hard- und Software, das am Ende die Kunden in Scharen zu Apple treibt und dieses scheint hier wieder zu stimmen und kann mit weiteren Updates sicherlich wie auch beim iPhone weiter optimiert werden. Wie auch Johannes K. schon schrieb, 140.000 Apps – mit dem neuen SDK haben die Entwickler nun 2 Monate Zeit die Apps für das iPad so richtig schick zu machen. Wenn nicht – auch kein Problem, die Apps laufen trotzdem. Wer schon Apps von iPhone oder iPod Touch hat, bekommt diese automatisch und kostenfrei auf das iPad geladen – dies wird ebenso bei etlichen Interessenten ziehen. Alles in allem sollte Apple ordentliche Zahlen für das iPad erreichen können.
    Das iPad wird sicherlich aber nicht alle anderen tragbaren Computer aus dem Markt fegen – dies sollte aber auch keiner ernsthaft wünschen, denn Wettbewerb im Bereich mobile Computing und vor allem mobile Entertainment tut nur gut.
    Einen schönen Abend
    Martin Müller

  9. jon503 sagt:

    Ich wäre da etwas...
    Ich wäre da etwas skeptischer. Ein ‘normaler’ Computer bietet noch wesentlich mehr Applikationen und ist flexibler. Ich persönlich sehe jetzt nicht was mir dieses Gerät bringen soll. Für den Preis bekomme ich schon einen anständigen Laptop. Ich nutze meinen 15,4″ Laptop auch gerne auf der Couch und habe mich einwandfrei damit zurecht gefunden. Multitasking ist für mich unverzichtbar. Und wenn ich eben schnell etwas nachschlagen will, dann genügt dafür mein iPod touch. Die Marktlücke zwischen den Beiden sehe ich (für mich) nicht.
    Andere mögen die Nützlichkeit des iPads anders bewerten, aber ich bin nicht überzeugt.

  10. enkape sagt:

    daß steve jobs das rad nicht...
    daß steve jobs das rad nicht neu erfunden hat – no na.
    aber es ist schon sehr rund geworden. respekt

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