Netzwirtschaft

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Die Schöne und der Nerd: Wie Sheryl Sandberg und Mark Zuckerberg Facebook vorantreiben

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Sheryl Sandberg hat bei Google schon Karriere gemacht, bevor sie zum sozialen Netzwerk Facebook wechselte. Der Gründer Mark Zuckerberg bringt die Nutzer, Sandberg verdient das Geld. Deutschland soll der nächste große Markt für das Netzwerk werden.

Bild zu: Die Schöne und der Nerd: Wie Sheryl Sandberg und Mark Zuckerberg Facebook vorantreibenMark Zuckerberg sorgt für das Wachstum des sozialen Netzwerkes Facebook. Für das Geldverdienen aber ist Sheryl Sandberg zuständig. Die Harvard-Absolventin und Clinton-Beraterin war maßgeblich am Aufbau des Werbesystems von Google beteiligt, bevor sie 2008 die Leitung des Tagesgeschäfts des sozialen Netzwerkes übernahm. Nicht wenige Beobachter fragten sich damals, ob der junge, äußerst selbstbewusste „Nerd” Zuckerberg mit der erfahrenen, ebenso durchsetzungsstarken Geschäftsfrau Sandberg klarkommt. Nun, sie kommen offenbar gut miteinander klar. Zumindest spricht der Erfolg eindeutig für das ungleiche Führungsduo: In nur einem Jahr hat Facebook die Zahl seiner Nutzer von 150 Millionen auf 400 Millionen erhöht. Während Zuckerberg im Jahr 2008 noch sagte, Wachstum sei ihm wichtiger als Umsatz, denkt Sandberg pflichtgemäß auch ans Geld. „Wir fahren Wachstum und Umsatz gleichzeitig hoch. Wir haben 2009 erstmals einen positiven Mittelzufluss erreicht und unser Umsatz ist schneller als mit den geplanten 70 Prozent gewachsen. Wir können mit eigenen Mitteln alle unsere Investitionen decken”, sagt Sandberg im FAZ-Interview. Nach Schätzungen hat Facebook im vergangenen Jahr 500 Millionen Dollar umgesetzt, vorwiegend mit Online-Werbung. Keine Notwendigkeit für einen Börsengang, über den trotzdem immer wieder spekuliert wird. „Wir haben aktuell keine Pläne für einen Börsengang. Wir können unser Geschäft aus eigenen Mitteln finanzieren”, sagt Sandberg, die noch große Pläne hat: „400 Millionen Nutzer sind nett. Aber wir wollen die ganze Welt vernetzen”.

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Mark Zuckerberg und Sheryl Sandberg bei einem ihrer seltenen gemeinsamen Auftritte

Sie ist für die Eröffnung der deutschen Niederlassung nach Hamburg gekommen. Deutschland galt lange Zeit als das „gallische Dorf”, in dem das lokale Netzwerk StudiVZ, einst als Facebook-Kopie an den Start gegangen, dem Original erfolgreich die Stirn geboten hat. Facebook wollte StudiVZ zuerst übernehmen und dann verklagen, doch nun scheinen die Internetnutzer die Sache zu entscheiden. „Wir hatten einen lokalen Wettbewerber in Deutschland, der unserer Seite sehr ähnlich war. Aber wir wachsen viel viel schneller und sind jetzt größer als jedes andere einzelne Netzwerk und bald auch größer als aggregierte Netzwerke”, sagte Sandberg. Facebook hat die Zahl seiner aktiven Nutzer in den vergangenen zwölf Monaten von 2 auf aktuell 7,5 Millionen erhöht. Die VZ-Netzwerke haben zwar zusammen noch etwas mehr Nutzer, doch das Wachstumstempo spricht zurzeit eindeutig für Facebook.

Bild zu: Die Schöne und der Nerd: Wie Sheryl Sandberg und Mark Zuckerberg Facebook vorantreibenOffenbar ist der deutsche Markt nun groß genug, um ein eigenes Verkaufsteam an den Start zu bringen. Scott Woods, wie so viele Facebook-Mitarbeiter auch eine ehemaliger Googler, leitet die deutsche Niederlassung und soll den Werbekunden die besondere Art der Online-Werbung näherbringen. „Banner-Werbung funktioniert nicht sehr gut auf unserer Seite. Wir glauben sogar, dass Banner-Werbung überall nur sehr begrenzt wirkt. Banner können nur zu den Menschen sprechen. Sie können nicht zuhören und nicht kommunizieren. Unsere Werbung, die wir Engagement-Ads nennen, kann interagieren. Nutzer können zum Beispiel „Ja” zu einem Ereignis sagen oder direkt ein Ticket für einen Film kaufen”, sagt Sandberg. Nutzer können auf Facebook „Fans” einer Marke werden und sie ihren Freunden empfehlen. Persönliche Empfehlungen, so die Idee, wirken viel besser als sterile Werbung. Zudem können die werbetreibenden Unternehmen direkt in Kontakt mit potentiellen Käufern ihrer Produkte kommen. In Amerika sind nahezu alle großen Markenartikler auf Facebook vertreten. Deutsche Unternehmen trauen sich inzwischen auch auf das neue Feld. „Zuerst waren es internationale Marken, die in anderen Ländern schon Erfahrung gesammelt haben. Doch jetzt kommen auch mehr und mehr rein deutsche Unternehmen zu uns”, sagt Woods. Zum Beispiel hat der Sportartikelhersteller Adidas rund 3,5 Millionen Markenfans auf Facebook, der Autobauer BMW immerhin mehr als 600.000.

Facebook ist aber längst mehr als eine Internetseite, auf der sich Leute treffen. „Marks Vision ist definitiv eine Plattform”, sagt Sandberg. Facebooks Logo soll auf möglichst vielen Seiten im Netz auftauchen. Daher gibt es den Dienst „Facebook Connect”. Auf Seiten, die auf diese Weise mit Facebook verbunden sind, können sich die Nutzer mit dem Facebook-Passwort anmelden und sind auch dort automatisch mit ihren Facebook-Freunden verbunden. Gerüchte, Facebook wollen auf dieser Idee aufbauend auch eine globale Werbenetzwerk wie Googles Adsense aufbauen, erteilt Sandberg aber eine Absage. „Wir arbeiten nicht an einer Werbeplattform. Mit Werbung auf unserer Seite können wir mehr Geld verdienen, als wir zur Deckung unserer Investitionen brauchen”, sagte Sandberg. Ein anderes Gerücht feuerte sie dagegen an: Facebook arbeite an einem vollausgestatteten E-Mail-System, das eine scharfe Konkurrenz für etablierte Anbieter werden könnte. „Wir haben bereits ein Nachrichtensystem, unsere Inbox, und wir werden das Produkt weiterentwickeln”, sagte Sandberg. Auch lokale Dienste wie Foursquare, die den Aufenthaltsort der Nutzer per Satellitennavigation bestimmen, dürften bald Konkurrenz bekommen. Allerdings nicht von Facebook selber. „Wir arbeiten nicht als solchen lokalen Diensten. Wir werden niemals automatisch den Aufenthaltsort unserer Nutzer erfassen. Aber wir sind eine Plattform. Ich weiß, dass externe Entwickler an solchen ortsbezogenen Diensten arbeiten”, sagt Sandberg.

Bild zu: Die Schöne und der Nerd: Wie Sheryl Sandberg und Mark Zuckerberg Facebook vorantreibenDie Kritik an einer allzu amerikanisch-lockeren Einstellung gegenüber dem Datenschutz lässt Sandberg nicht gelten. „Es gibt keinen amerikanischen oder europäischen Datenschutz-Ansatz. Unser Ansatz ist individuell. Es gibt Menschen, die wollen alles mit allen Menschen teilen und es gibt Menschen, die wollen die Fotos nur ihren Kindern und Enkeln zeigen. All dies ist auf Facebook möglich. Jeder kann Facebook nutzen, wie er möchte. Ich kann bei jedem Statusupdate entscheiden, ob ich das allen Menschen auf Facebook zeige oder nur meiner Mutter”, sagt Sandberg.

Bei der jüngsten Änderung der Privatsphären-Einstellung hatte Facebook als Voreinstellung „Alle” gewählt. Die Statusmeldungen der  Nutzer, die lediglich die Voreinstellung bestätigt haben, wurden daraufhin an alle Nutzer geschickt, was Facebook viel Kritik eingebracht hat. „Einstellungen zur Privatsphäre gibt es auf Facebook seit dem Tag 1 des Unternehmens. Ich kann aber nicht versprechen, dass alle Menschen das Produkt komplett verstanden haben. Ich weiß nicht, ob dieses Ziel jemals erreichbar ist”, sagt Sandberg.

Fotos: Jesco Denzel (3)

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2 Lesermeinungen

  1. Michael sagt:

    Ich verstehe den ganzen Hype...
    Ich verstehe den ganzen Hype um Facebook überhaupt nicht. Ich bin zwar seit kurzem auch angemeldet, finde die Platform aber extrem unübersichtlich und ohne Mehrwert.
    Grüße aus Rosenheim

  2. Jörn sagt:

    "Auch lokale Dienste wie...
    “Auch lokale Dienste wie Foursquare, die den Aufenthaltsort der Nutzer per Satellitennavigation bestimmen, dürften bald Konkurrenz bekommen. Allerdings nicht von Facebook selber. „Wir arbeiten nicht als solchen lokalen Diensten. Wir werden niemals automatisch den Aufenthaltsort unserer Nutzer erfassen. ” sagt Sandberg.
    Die NY Times schreibt hingegen nun, dass FB sehr wohl an eigenen “location based services” arbeitet:
    Facebook plans to take the wraps off a new location-based feature in late April at f8, the company’s yearly developer conference, according to several people briefed on the project, who spoke on condition of anonymity because they were not authorized to discuss unannounced services.
    In preparation for the introduction, Facebook updated its privacy policy last November. The new policy states: “When you share your location with others or add a location to something you post, we treat that like any other content you post
    https://bits.blogs.nytimes.com/2010/03/09/facebook-will-allow-users-to-share-location/

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