Netzwirtschaft

"Viele Führungskräfte sind zu alt für Social Media"

Bild zu: "Viele Führungskräfte sind zu alt für Social Media"Viele Unternehmen entdecken jetzt erst den Einsatz sozialer Medien wie Facebook oder Twitter für ihre Zwecke. Sandra Sieber, Professorin für Informationssysteme an der IESE Business School in Barcelona, hat im Auftrag von Cisco Unternehmen nach ihren tatsächlichen Erfahrungen befragt und zeigt, welche Hindernisse überwunden werden müssen.
________________________________________________________________________

Frau Sieber, wie wird Social Media in den Unternehmen tatsächlich genutzt? 

Die Hauptanwendung liegt im Marketing und in der PR, was natürlich nicht überrascht. Soziale Medien werden aber nicht wegen, sondern trotz des Managements eingesetzt. Die Entscheidungsträger, mit denen wir gesprochen haben, reagierten meist nur auf Initiativen engagierter Mitarbeiter, die hinter ihrem Rücken damit begonnen haben. Hätten sich die Mitarbeiter an die Hierarchie gehalten, wären die Projekte vielleicht gar nicht zustande gekommen. Social Media wird eigentlich nie von der traditionellen Firmenstruktur initiiert.

Warum ist das so?

Weil die Führungskräfte zu alt sind, weil sie die Vorteile nicht sehen, weil sie sich nicht vorstellen können, wie soziale Medien funktionieren.

Was ist die Lehre daraus?

Die Unternehmen müssen sich fragen, ob es gut ist, wenn solche Initiativen „bottom-up” geschehen, und ab wann es notwendig ist, die sozialen Medien in die Firmenstruktur einzubinden. Wenn man diesen Schritt zu früh macht, killt man die Initiativen.

Worin sehen die Unternehmen die Vorteile?

Die meisten Befragten nannten als Hauptvorteil, dass sie viel weiter raus in die Community kommen, als sie je gedacht haben. Viele dachten, auf diesem Weg auch nur die Menschen zu erreichen, die sowieso Interesse an der Firma haben. Funktionen wie das Retweeten auf Twitter haben die Informationen aber viel weiter getragen. Dieses Eigenleben haben vor allem die älteren Manager total unterschätzt – auch wenn sie natürlich nicht mögen, wenn sie ein Stück weit die Kontrolle über ihre Kommunikation verlieren. Dieser Konflikt, ob Unternehmen bereit sind, die Kontrolle über ihre Kommunikation ein Stück weit aufzugeben, tobt in vielen Unternehmen. Wenn es dann schiefgeht, müssen auch Krisenprotokolle erarbeitet werden, damit das Unternehmen weiß, wie es reagieren muss. 

Wie lautet das erste Fazit der Unternehmen?

Sehr positiv. Die Unternehmen, die mit Social Media einmal angefangen haben, wollen alle weitermachen. 

Wie wichtig ist Twitter?

Twitter wird immer wichtiger. Vor allem für die Marketing-Leute. Viele Unternehmen testen auch gerade, wie Twitter intern als intelligenter E-Mail-Ersatz eingesetzt werden kann. 

Was bringt der Einsatz sozialer Medien in Innovationsprozessen?

Wenn man versucht, die Community in Innovationsprozesse einzubinden, vervielfacht sich die Kreativität eines Unternehmens. Vor allem um neue Ideen zu finden, funktioniert das Prinzip. 

Wie wird Social Media im Personalwesen eingesetzt?

Im Recruiting, vor allem als Ersatz für Headhunter. Damit lässt sich die Suche schnell erweitern. Die Kostensenkung ist sofort sichtbar. 

Wo liegen noch Hürden für Social Media?

Den meisten Unternehmen fehlt noch ein Politikrahmen, wie zum Beispiel Social Media in die IT eingebunden wird. Solange dieser Rahmen noch nicht existiert, wird es keinen Schub geben. 

Wie weit sind die Unternehmen bereit, ihre Strukturen anzupassen, zum Beispiel in der Kommunikation?

Zuerst muss der interne Strukturwandel stattfinden. Die Unternehmen brauchen neue Kommunikationsprotokolle – sonst funktioniert Social Media nicht.

________________________________________________________________________________________

_________________________________________________________________________________________

Tägliche Infos zur Netzökonomie:

 Twitter.com/HolgerSchmidt (Web / Media / Social Media) 
 Twitter.com/netzoekonom (Mobile / Telco) 

 Holger Schmidt (Page) 
 Netzökonom (Page)
 

 Holger Schmidt (Profil)

 HolgerSchmidt (Präsentationen)

Die mobile Version verlassen