Gemeinsam billiger kaufen: Mit der Idee, die Kaufkraft der Menschen im Internet zu bündeln, war einst das niederländische Internetunternehmen Letsbuyit spektakulär gescheitert. Das Modell feiert nun eine fulminante Wiederauferstehung. Groupon heißt der amerikanische Pionier der zweiten Generation, der sich für die Eroberung des Weltmarktes ausgerechnet deutsche Hilfe geholt hat. Für einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag (gezahlt allerdings in Anteilen) hat Groupon den deutschen Klon Citydeal übernommen. Was Groupon besonders beeindruckt hat: In nur sechs Monaten hat das Citydeal-Team, hinter dem als treibende Kräfte die Brüder Marc und Oliver Samwer stehen, das Modell in 15 weiteren Ländern gestartet. “Die Samwers sind die beeindruckendsten Gründer, die ich je getroffen habe”, sagte Andrew Mason (Foto), der Groupon-Gründer, der FAZ.
Weil Groupon selbst noch keine Auslandsniederlassung aufgebaut hat, sollen nun die Samwers den Job machen. Der Vertrag zwischen Groupon und Citydeal sieht vor, Groupon-Seiten in zehn weiteren Ländern an den Start zu bringen, bevor die Konkurrenz zum Zug kommt. “Wir starten demnächst in Lateinamerika, zuerst in Brasilien”, sagte Mason. Mexiko steht danach auf der Liste. Damit das Citydeal-Team die Expansion mit Elan vorantreibt, enthält der Vertrag eine “Earn-out”-Klausel. Ein Teil des Kaufpreises wird erfolgsabhängig erst zu einem späteren Zeitpunkt fließen. Auf zwei Jahre ist diese Phase angelegt.
Das Geschäft hat den Samwers und den weiteren Investoren (Holtzbrinck-Ventures, Otto-Gruppe/eVenture Capital Partners und dem skandinavischen Investor AV Kinnevik) Anteile am zurzeit wohl heißesten Internet-Start-up eingebracht. Der Einstieg der Investoren DST und Battery im April, die 135 Millionen Dollar investierten, hat Groupon mit einer Milliarde Dollar bewertet – gerade einmal 20 Monate nach der Gründung. Die Gefahr, das Letsbuyit-Schicksal zu erleiden, besteht wohl nicht mehr: “Seit Juni 2009 ist Groupon profitabel”, sagte Mason. Daher gebe es auch keine Notwendigkeit, neues Kapital aufzunehmen. “Es gibt auch keine Pläne für einen Börsengang”, sagte Mason. Bei der Wahl des geeigneten Partners für die Auslandsexpansion war die Wahl für Citydeal wohl schnell getroffen. “Wir haben uns Citydeal ebenso wie alle anderen Copycats von Groupon angeschaut. Ausschlaggebend war die Qualität des Teams, das allen anderen weit voraus war. Sie sind nicht nur die Besten in Deutschland, sondern auch schon in 15 anderen europäischen Ländern vertreten. Das war für Groupon der beste Schritt, eine Präsenz in Europa aufzubauen”, sagte Mason.
Ein 4-Gänge-Menü für 55 statt 120 Euro oder drei Stunden Kartfahren für 39 statt 78 Euro: Wenn nur genügend Käufer zusammenkommen, lässt sich auf Groupon gemeinsam gut die Hälfte sparen. Für die Anbieter der Gutscheine scheint Groupon mehr als nur eine einmalige Werbeaktion zu sein. “Als ich anfing, hatte ich auch die Befürchtung, die Händler könnten nicht wiederkommen. Doch das Gegenteil ist der Fall. 97 Prozent der Händler, die vor zwei Monaten dabei waren, sind auch heute noch aktiv”, sagte Mason. “Unser Problem ist ein anderes, vor allem in größeren Städten: Wir haben eine lange Warteliste. Zum Beispiel warten in Chicago mehrere hundert Händler auf einen Platz auf der Groupon-Seite”, sagte Mason.
Während in Deutschland oft Restaurants versuchen, ihre Lokale auf diese Weise zu füllen, ist die Bandbreite in Amerika größer. “Groupon funktioniert für die ,verhinderten Champions’ ebenso wie für große Unternehmen. Zum Beispiel hatten wir Mitgliedschaften für ein Museum in Chicago auf der Seite, 50 Prozent billiger als normal. In seiner 100-jährigen Geschichte hat das Museum 80000 Mitglieder gewonnen. Ein einziger Tag auf Groupon hat 6000 weitere Mitglieder gebracht”, sagte Mason. Die stärkste Nutzergruppe sind 21 bis 35 Jahre alte Frauen, die in Städten leben. Groupon hat 7,5 Millionen Besucher im Monat auf seinen Seiten, davon 6 Millionen in den Vereinigten Staaten und 1,5 Millionen in Europa. In Amerika gewinnt das Unternehmen nach Angaben von Mason eine Million neue Mitglieder in einem Monat. Da die Markteintrittshürden allerdings gering und Netzwerkeffekte nicht relevant sind, besteht noch genügend Platz für Konkurrenten wie Dailydeal. Das Unternehmen ist zwar kleiner, wächst aber ebenfalls schnell. Händler haben somit die Wahl.
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