Der Online-Werbemarkt wird in Deutschland in diesem Jahr um 19 Prozent auf mehr als 5 Milliarden Euro zulegen, gab der Branchenverband BVDW in Köln bekannt. Damit ist die Werbung im Internet in diesem Jahr erheblich schneller gewachsen als zu Jahresbeginn erwartet, als der Verband noch von 14 Prozent aufging. „Das Internet hat sich als Medienmedium etabliert und befindet sich auf Augenhöhe mit den Zeitungen”, sagte Paul Mudter, der Vorsitzendes des Online-Vermarktterkreises. Während die Zeitungen einen Anteil am Bruttowerbemarkt von rund 19,5 Prozent erreichen in diesem Jahr, wird der Online-Anteil auf 18,8 Prozent geschätzt, gut 2 Prozentpunkte mehr als im vergangenen Jahr. „Wir sind gestärkt aus der Krise hervorgegangen”, sagte Arndt Groth, der Präsident des Verbandes.
Der Gesamtmarkt teilt sich auf in 2,86 Milliarden Euro aus dem klassischen Geschäft mit graphischer Online-Werbung (Display), die in diesem Jahr um 23 Prozent zulegen wird. Das Suchmaschinengeschäft, das wesentlich auf Google entfällt, wächst in diesem Jahr um 15 Prozent auf 1,87 Milliarden Euro und die Vermarktung der Partnerseiten (Affiliate) legt um 10 Prozent auf 339 Millionen Euro zu. Allerdings relativieren sich die Zahlen, wenn statt der Brutto-Listenpreise die tatsächlich gezahlten Nettowerte gerechnet werden. „Netto schätzen wir das Marktvolumen der klassischen Display-Werbung auf 700 bis 800 Millionen Euro”, sagte Mudter, also nur rund ein Viertel der ausgewiesenen 2,86 Milliarden Euro. Im Suchmaschinengeschäft gibt es keinen Unterschied zwischen Brutto- und Nettowerten. Google ist mit einem Anteil von etwa 60 Prozent der klare Marktführer auf dem deutschen Werbemarkt.
Die Branche ist stark in Bewegung. Die Werbung in sozialen Medien wie Facebook wächst sehr stark. „In einer Umfrage in der Branche haben 81 Prozent eine sehr positive Einstellung gegenüber Social Media geäußert”, sagte Groth. Schnelles Wachstum zeigen auch die noch kleinen Felder der Videowerbung, die in diesem Jahr rund 60 Millionen Euro Umsatz besteuert, und die Werbung auf Mobiltelefonen, die rund 30 Millionen Euro einbringt.
Allerdings drängen immer mehr Anbieter wie die Marktplätze in den Markt und die Grenzen zwischen den Akteuren verwischen zusehends. „Die meisten Marktteilnehmer auf Agentur- und Vermarkterseite wissen heute nicht, wie sie in fünf Jahren ihr Geld verdienen”, sagte Groth. Der Einfluss der Marktplätze und der sozialen Medien sowie das Aufkommen der sogenannten Demand-Side-Plattformen werden den Markt in den kommenden Jahren noch einmal durcheinander wirbeln.
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Xing führt digitalen Handschlag ein
Der digitale Handschlag könnte schon bald den obligatorischen Tausch der Visitenkarten ablösen. Das hofft zumindest das Online-Geschäftsnetzwerk Xing, das auf der Online-Werbemesse dmexco in Köln den digtalen Handschlag vorgestellt hat. Auf ihren internetfähigen Handys (Smartphones) können sich Xing-Mitglieder andere Mitglieder in ihrer Nähe anzeigen lassen. Die Positionsdaten werden wahlweise per Satellitennavigation (GPS) oder Ortung im lokalen Funknetz (W-Lan) oder in der Mobilfunkzelle ermittelt. Mit einem Klick können sich die Mitglieder dann auf Xing miteinander verbinden. Der digitale Handschlag funktioniert bisher nur auf mobilen Browserseiten, die den Standard HTML5 unterstützen. Künftig soll die Funktion auch in die Applikation für das iPhone eingebaut werden. Xing vernetzt rund zehn Millionen Menschen miteinander, darunter 4,2 Millionen in Deutschland. Eine neue Startseite soll auch helfen, mehr Mitglieder in den Branchen zu bekommen, die bisher unterrepräsentiert sind. „In vielen anderen Ländern sind mehr als 10 Prozent der Berufstätigen in Online-Geschäftsnetzwerken aktiv. In Deutschland beträgt dieser Anteil erst 5 Prozent”, sagte der Vorstandsvorsitzende Stefan Groß-Selbeck. Eine Fernseh-Werbekampagne soll nun das Mitgliederwachstum beschleunigen. Hauptumsatzquelle des Unternehmens sind die Beiträge der Mitglieder. Noch kleine, aber schnell wachsende Standbeine sind das Online-Werbegeschäft, das im zweiten Quartal um 70 Prozent zugelegt hat, und der elektronische Stellenmarkt, der um 50 Prozent gewachsen ist.
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Vorbericht zur Branchenmesse dmexco:
In schlechten Zeiten wird bevorzugt für den Abverkauf der Produkte in Suchmaschinen geworben, in guten Zeiten profitiert auch die grafische Online-Werbung. Parallel zum Konjunkturaufschwung läuft also das Geschäft mit Display-Werbung in diesem Jahr wieder rund. „Seit dem vierten Quartal 2009 hat sich das Wachstum ständig beschleunigt. Der Markt wird in diesem Jahr etwa um 15 Prozent netto zulegen”, schätzt Matthias Ehrlich von United Internet Media.
Auch Christoph Schuh von Tomorrow Focus ist inzwischen zufrieden. „Nach einem eher verhaltenen Start in das Jahr 2010 mit einstelligem Wachstum erleben wir gerade ein echtes Display-Revival: Tomorrow Focus wächst derzeit im Netto-Vertriebsumsatz monatlich über 25 Prozent, unser Marktplatz AdJug sogar mehr als 100 Prozent. Wir führen das überproportionale Wachstum auf die Tendenz der Mediaagenturen zurück, bevorzugt bei den großen und relevanten Vermarktern einzukaufen”, sagte Schuh.
Zur Branchenmesse Dmexco, die am Mittwoch in Köln beginnt, hätte die Welt für Schuh also in Ordnung sein können. Wenn nicht ausgerechnet Burda-Vorstand Philipp Welte in einem Interview gesagt hätte, die klassische Werbung im Netz sei im Gegensatz zur Werbung in Zeitschriften weder sonderlich verkaufsfördernd, noch wirke sie wirklich markenbildend. Schuh musste zurückrudern: Die Aussage hätte sich nur auf reine Marketingseiten der Verlage mit sehr geringer Reichweite bezogen, sagte Schuh.
Auch der Rest der Branche hat angesichts der aktuellen Wachstumsraten wenig Verständnis für Weltes Äußerung. „Wenn Herr Welte unbedingt eigene Fehleinschätzungen und Fehlinvestitionen aus der Vergangenheit öffentlich machen will, ist das eine Sache. Ich habe aber kein Verständnis, wenn in dem Zusammenhang gleich die gesamte Branche diskreditiert wird. Es gibt genügend Erfahrungswerte und inzwischen auch fundierte Studien, die das Gegenteil seiner Thesen belegen”, sagte Andreas Schoo von der Bauer Media Group dem Fachmagazin „Horizont”. Trotzdem ist in der Branche nicht alles eitel Sonnenschein. „Der Preisverfall ist nicht gestoppt, da das Inventar vermarktbarer Werbeflächen immer größer wird”, sagt Ehrlich mit Blick auf soziale Netzwerke wie Facebook.
Wachstumstreiber sind weiterhin Bewegtbilder und das mobile Geschäft. „Die Auslieferung von Bewegtbildkampagnen liegt auf Rekordniveau. Das Wachstum von Smartclip entwickelt sich wie auch der Gesamtmarkt im dreistelligen Prozentbereich. Gegenüber dem Vorjahr verdoppelt sich das Marktvolumen”, sagte Jean-Pierre Fumagalli, Vorstandschef des Bewegtbild-Vermarkters Smartclip. Fumagalli kann sich über stabil hohe Preise für Werbung in Videos freuen, da das Angebot weiterhin begrenzt und die Nachfrage konstant hoch ist. Das kaum wachsende Angebot an hochwertigen Videos bremst zurzeit aber das Marktwachstum.
Die Werbung auf Mobiltelefonen ist zwar noch klein, wächst mit der Verbreitung der Smartphones aber schnell. „Für das laufende Jahr erwarten wir für das Yoc-Vermarktungsgeschäft ein Wachstum von rund 50 Prozent”, sagte Dirk Kraus, Vorstandschef des Handy-Werbespezialisten Yoc. Er bekommt Rückendeckung von höchster Stelle. „Display-Werbung wird das nächste große Ding im mobilen Internet sein. Es lässt sich sehr gut an den Interessen der Menschen ausrichten”, sagte Eric Schmidt, der Vorstandsvorsitzende von Google, dieser Zeitung.
Google kommt aber auch in seinem Stammgeschäft nicht zu kurz. „Die ersten sechs Monate des laufenden Jahres zeigten auch bei uns eine starke Entwicklung. Allein im vergangenen Quartal konnten wir unsere Umsätze im Jahresvergleich um 24 Prozent steigern”, sagte Stefan Tweraser, Deutschland-Chef von Google. Das Unternehmen vereint rund 60 Prozent des Online-Werbemarktes in Deutschland auf sich. In diesem Jahr haben die Bereiche Online-Video, Display-Werbung und mobiles Marketing stark an Relevanz gewonnen, sagte Tweraser.
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