Früher gingen die Menschen zum Protestieren auf die Straße, heute gibt es Facebook und Twitter. Welche Macht die Menschen in den sozialen Medien im Internet heute entfalten können, spüren gerade Amazon, Paypal oder Mastercard im Falle Wikileaks. Denn viel schlimmer als die Hackerangriffe sind für die Unternehmen die millionenfachen Proteste der Menschen im Netz, die ihre Paypal-Konten kündigen oder Amazon boykottieren. Auch die Deutsche Bahn, die im Netz günstige Zugtickets verkaufen wollte, bekam auf Facebook statt Dankesschreiben (für immerhin 140.000 verkaufte Billigtickets) die Wut der Menschen über Stuttgart 21, verspätete Züge und überhitzte Waggons zu spüren. Neu daran ist: Solche Protestwellen können sich in kürzester Zeit aufbauen und Millionen vernetzter Menschen erreichen.
Als Informations- und Kommunikationszentrale für solche Ereignisse hat sich Twitter etabliert. Der Kurznachrichtendienst, bei dem sich in diesem Jahr 100 Millionen Menschen angemeldet haben, ist inzwischen mehr ein Nachrichtenverteiler denn ein soziales Netzwerk. Alle Medien, Blogger, Organisationen, Forschungseinrichtungen und immer mehr Unternehmen speisen ihre Informationen auf Twitter ein, die – weitergeleitet von den sich dort tummelnden Nachrichtenjunkies – sich dann sehr schnell in alle Winkel des Netzes verbreiten. Wie das funktioniert, hat gerade die Enthüllungsplattform Wikileaks gezeigt, die ihre Botschaften per Twitter verbreitet hat. Folgten Ende November noch weniger als 200.000 Menschen der Plattform auf Twitter, sind es jetzt mehr als eine halbe Million. Auch die Umweltorganisationen nutzen Twitter längst professionell: Greenpeace hat 125.000 Follower auf Twitter, der WWF erreicht mit seinen Kurznachrichten fast 180.000 Menschen. In Deutschland wurde die Internetseite von Twitter wurde im Oktober erstmals von mehr als drei Millionen Menschen besucht, hat das Marktforschungsunternehmen Comscore gemessen. Angetrieben wird die Nachrichten-Drehscheibe in Deutschland geschätzten 300000 aktiven Twitterern.
Doch ein Engagement in den sozialen Medien ist weit mehr als Gefahrenabwehr. Es bietet die Chance einer schnellen Kommunikation mit Menschen, die zuvor gar nicht als “Stakeholder” vom Unternehmen identifiziert wurde. Viele Unternehmen merken erst im Lauf ihres Social-Media-Engagement, dass sich doch viel mehr Menschen für sie interessieren, als sie über klassische Kanäle bisher erreicht haben. Bestes Beispiel dafür ist immer noch Dell, wie Dells Social-Media-Chef Manish Mehta erklärt.
Die Dax-Konzerne bewegen sich immerhin in die richtige Richtung. Waren die 30 Dax-Konzerne in Deutschland vor einem Jahr nur mit 24 Accounts auf Twitter für die Unternehmenskommunikation aktiv, sind es in diesem Jahr immerhin schon 55 Accounts, hat das Beratungsunternehmen Net Federation gezählt. (-> Dax-30-Unternehmen auf Twitter). Allerdings sind nur 19 der 30 Unternehmen des wichtigsten Börsensegments wirklich aktiv. Die meisten Konzerne nutzen Twitter, um Unternehmensnachrichten zu verbreiten, offene Stellen anzubieten oder auf das soziale Engagement hinzuweisen. Zum Beispiel berichtet MAN über den Kraftstoff der Zukunft, und die Allianz klärt per Twitter über die Folgen des Klimawandels auf. Besonders aktiv sind die Lufthansa, SAP, Daimler und die Deutsche Telekom, die auch die meisten Menschen auf Twitter erreichen, während die Kasseler K + S über das Registrieren ihres Accounts und genau sechs Follower bisher nicht hinausgekommen ist.
Links:
- – Unternehmen auf Twitter
- – Journalisten auf Twitter
- – Umweltverbände auf Twitter
- – PR auf Twitter
- – HR auf Twitter
- – Finanzbranche meidet Facebook, Twitter & Co.
- – Dell: Social Media wird in allen Unternehmen selbstverständlich sein
- – Unternehmen und Organisationen fehlen Strukturen für Social Media
- – Mehr Aktionismus als Strategie: Social Media in Unternehmen
- – 80 Prozent der Führungskräfte nutzen soziale Medien
- – Collaboration: Social Media ist der nächste große Schritt
- – “Viele Führungskräfte sind zu alt für Social Media”
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